ibe Miraflores bei Burgos besuchte und, beim Anblick von deren Wiirde, Pracht und Schénheit in der Arcchitektur und den Mo- numenten, schmerzlich ausrief: ,Wir haben nichts gethan mit unserm Escorial !“— Von weit befriedigender Bauart ist der grosse Platz, Plaza mayor, zu Valladolid, welchen Philipp II nach dem Brande von 1561 in Granit hat erbauen lassen. Er gehért zu den im- posantesten in Spanien und wurde dem Juan de Mora ein Vorbild, als er 1619 den grossen Platz in Madrid zu bauen hatte, auf dem ehemals die Stiergefechte und Autos da Fé stattfanden. Der grésste und schénste Platz Spaniens ist jedoch Plaza mayor zu Salamanca, welcher nach dem Plan des Andres Garcia de Quifiones in den Jahren 1700 bis 1733 erbaut worden ist. Die Hauser, von drei Stockwerken, haben unten eine gewdlbte Halle von Granit, die zwischen den Bogen mit Bildnissen der berihmtesten Manner Spaniens, in Me- daillons von weissem Marmor, geschmiickt ist. Zur ewigen Schande der Franzosen haben diese einen grossen Theil die- ser Sculpturen, welche den Ruhm Spaniens verherrlichten, bds- arliger Weise abgemeisselt! — Welchen Werth man in Spa- nien auf die wiirdige Ausstaltung der Hauptplatze legt, davon giebt gegenwartig die Stadt Avila ein schénes, nachahmungs- wirdiges Beispiel, indem sie jetzt ringsum die Hauser ihrer Plaza mayor mit grossem Kostenaufwand neu erbauen und mit Hallen von Granit versehen lasst. Nur wenige Bauwerke Spaniens aus dem 17. und 18. Jahr- hundert erregen ein lebhaftes Kunstinteresse. Im Allgemeinen stimmen sie mit denen Italiens aus jenen Zeiten tiberein, nur sind sie schwerfalliger in den Verhaltnissen, roher in der Aus- fiihrung. In der Extravaganz des Zopf- oder Rococostyls iber- treffen sie jedoch die aller anderen Nationen. Wie schon an- gegeben, fand er hauptsdchlich Verbreitung durch den Archi- tekten José Churriguera, dessen héchste Blithe in das erste Viertel des 18. Jahrhunderts fallt, weshalb er auch .,arquitectura churriguerca“ genannt wird, obgleich schon frither Pedro de Ribera ihn bei 6ffentlichen Gebauden angewendet hatte. Eine der ausschweifendsien Ausschmickungen dieser Art ist die in der Carmeliterkirche zu Granada, ihr ganzes grosses Schiff umfassend, wo die Fiille phantastischer Formen wahrhaft sinnverwirrend ist. Durch die Italiener ist diese ausschweifende Architektur in Spanien aufgekommen, durch dieselben ist hierauf auch wie- der eine bessere eingefihrt worden. Dieses geschah vornehm- lich durch Giovan Battista Sachetti aus Turin, der unter Philipp V im Jahre 1787 den neuen Palast zu Madrid zu bauen angefangen, an dessen Erweiterung aber jetzt noch gearbeitet wird. Er hat schéne, grossartige Verhiltnisse und imponirt durch seine hehe Lage, besonders wenn man ihn von dem Flusse Manzanares aus erblickt, der in der Tiefe daran vorbei- fliesst. Seine Architektur, mit Saulenpilastern, hat Aehnlich- keit mit der des Palastes Caserta bei Neapel, den der spanische Carl WT durch Lodovico Vanvitelli hat erbauen lassen. Derselbe First liess auch 1769 von Sabatini das schine ehemalige Mauthgebaude in Madrid errichten, welches eine Haupizierde der Alcala—Strasse hildet. Dagegen ist das kénigliche Mu- seum am Prado, nach dem Plan von Juan de Villanueva erbaut, einer jener schwerfalligen, mit zwecklosem Aufwand an Sdulen aufgefiihrten Prachtbaue, dem man durch schlechte Sla- tuen eine erhéhte Zierde geben zu kénnen glaubte, der in der That aber nur eine in Stein verewigte akademische Verschrobenheit ist. Von ecinem besseren, grossarligen Baustyl ist das neue Haus der Cortes. Es hat einen grossen, corinthischen Por- ticus, zu dem breite Stufen, von zwei Postamenten mit colos- salen Léwen begrenzt, hinaufftihren. Das Innere hat einen ge- In der Kirchenbaukunst Spaniens fand in jener eit oiter die eigenthiimliche Anordnung statt, dass im Allgemeinen der Grundplan und die Massen der gothischen Bauweise beibehalten wurden, aber dass statt der Saéulenbiindel und anderer Glieder germanischen Styls, ebenso corinthische Sdulen mit ihrem Ge- balke an deren Stelle traten. In diesem sogenannt corinthischen Style sind die Kathedralen zu Granada, im Jahre 1529, und die zu Malaga 1538, nach den Plinen des Diego de Silde aus Burgos angefangen worden; letztere erlitt jedoch im Wei- terbau manche Veranderungen und wurde erst 1719 vollendet. Der Kathedrale zu Malaga sehr 4hnlich ist die zu Jaen, wozu Pedro de Valdelvira 1525 den Plan gemacht hatte. Die Fa- cade hat wie jene zwei Thirme zu den Seilen. Das Innere ist von rémisch-corinthischer Ordnung. Organischer und im Styl tbereinstimmender sind die der antik-rémischen Architektur entiehnten Bauten des schon er- wahnten Juan de Herrera, allein das Massive darin ist so vorherrschend, die schweren Tonnengewdlbe ruhen so driickend auf den mit Pilasterséulen versehenen Pfeilern, dass, bei aller Grésse, solche Gebaiude nichts Erhebendes haben, sondern nur die Wirkung kalten Pompes zu erzeugen vermégen. Zu den aus- gezeichnetsten Werken dieses Meisters wiirde die Kathedrale zu Valladolid gehért haben, wozu er, im Auftrag Philipp Il, im Jahre 1585 den Plan und ein Modell gemacht, welche noch im Archiv daselbst aufbewahrt werden und das nach Herrera’s eignem Ausspruch „ил todo sin igual“ ein Ganzes ohne Glei- chen geworden sein wirde. Allein nach dem Tode des Kénigs blieb der Bau liegen und wurde erst spiter 1729 durch den Architekten Alberto Churriguera in jenem ausschweifenden Zopfstyl ausgebaut, den sein Vorfahr, José Churriguera, in Spanien hauptsachlich ausgebreitet und ihm selbst seinen Na~ men ,,argiectura churriguerca“ gegeben hat. Zu Juan de Herrera’s Ehre wollen wir glauben, dass die armselige Architektur des colossalen Gebaudes vom Esco- rial nicht von seiner eigenen Erfindung ist, und auch nicht von der seines Meisters Juan Battista de Toledo, der 1563 den ersten Stein dazu gelegt hat; vielmehr dass die Bedingun~ gen, welche den Plan feststellen, einzig dem beschrankten Geiste des sich mit Architektur viel beschiftigenden Kénigs Philipp II zugeschrieben werden miissen. Es ist wohl das ein-~ zige Beispiel, dass ein so umfangreiches Gebiude, mit solchem Aufwand an Granitblécken, so ganz ohne allen architektonischen Schmuck, ohne Gesimse und in vier Stockwerken, mit ganz kleinen Fenstern, errichtet worden ist, um als Residenz und Grabstitte eines Fiirsten zu dienen, in dessen Reich die Sonne nicht unterging und als klésterlicher Aufenthalt fir Manner, die der Nation in Wissenschaft und Kunst voranleuchten solltcn! Freiere Hand. wurde dem Herrera gelassen, um die S. Lau- rentius—Kirche des Escorial aufs wiirdigste und prachtvollste auszustaitten. Aber die 1586 vollendete Facade, unten von do- rischer, dariiber von jonischer Ordnung, mit colossalen Statuen von chrisUichen Kénigen, ist gedriickt und schwerfallig als Ar- chitekltur und unler dem Miltelmassigen in den Bildhauerwer- ken. Das Innere, im Grundriss ein griechisches Kreuz mit Kuppel, ist zwar imposant durch seine grossen Massen der ré- misch -dorischen Ordnung, aber arm und kalt in der Wirkung, die weder durch das prachtvolle Retablo des Hochaltars in bun- tem Marmor, noch durch die knieenden Bronzestatuen Karls V und Philipps If, mit ihren Gemahlinnen und Kindern, noch durch die kleinen Altarblattler des Juan Fernandez Navarete, noch durch die Frescos an den Gewélben von Luca Giordano irgendwie Fille und Warme erhalt. Dieses scheint selbst der fir sein Escorial so eingenommene Philipp Ht empfunden zu ha- ben, als er einst das Kloster und die kénigliche Grabkapelle