schmackvoll decorirten Sitzungssaal; das Ganze ist eine Nach-
ahmung der Depulirtenkammer in Paris, mit grosser Sorgfalt
ausgefiihrt, Ein Paar neue grosse Hauser in Madrid sind auch
von schéner Bauart, in Nachahmung des italienischen Styls aus
dem Anfange des 16. Jahrhunderts, und lassen fir die Folge

manchen sch6nen Bau ftir Spanien erwarten.
	Da mein Bericht sich bis jetzt auf die christliche Archi-
tektur in Spanien beschrankte, so konnte von den Bauten der
Mauren noch nicht die Rede sein, héchstens der Einfluss, den
sie auf erstere ausgetibt, beriihrt werden. Zudem besitzen wir
liber sie so vortreffliche Kupferwerke und Beschreibungen, dass
es unniilz erscheint, Bekanntes zu wiederholen. Indessen glaube
ich schliesslich einige kurze Bemerkungen tiber die Architektur
der Mauren in Spanien mittheilen zu miissen. Bei der Betrach-
tung derselben fiel mir auf, dass, wenn zwar die Mauren auch
eine eigenthimliche Bauweise mit nach Spanien brachten, sie
doch auch vieles von der Architektur der Rémer angenommen
haben, was sie nur auf ihre Weise umwandelten ). Ihre Be-
festigungswerke unterscheiden sich von den rémischen hohen
Mauern mit Zinnen und vortretenden viereckigen Thiirmen nur da-
durch, dass sie in der Regel von Back- oder Bruchsteinen statt in
Quader erbaut und die Thirme éfter nach oben verjingt sind. Mit
solchen Mauern sind auch ihre fiirstlichen Residenzen, die Al-
cazare, umgeben, einzig eine architektonische Zierde an dem
Eingangsthor in Hufeisenform darbietend. Dieses ist derselbe
Fall bei ihren grossen Moscheen, das heisst die aussere Archi-
tektur besteht nur aus einer hohen Umfangsmauer mit zinnenar-
tiger Verzierung und einigen Eingangsthoren. So die grosse
Moschee zu Cordova, welche nach dem Vorbilde der zu Mekka
im Jahre 786 angefangen worden ist. Der Wald von Sdulen
der 29 neben einander liegenden Gange ist antiken Gebduden
entnommen, die auf diese Weise von den Mauren haupltsaehlich
zerstért wurden. Diese antiken Saéulen sind nun von der ver-
schiedensten Art und haufig gehéren die Карие gar nicht zu
den Schaften, welchen sie jetzt aufgesetzt sind. Die kleinen
Kuppeln und die reichen Mosaik-Ornamente an der , Ceca“,
dem Allerheiligsten, sind antiken Vorbildern nachgeahmt. Ori-
ginell nur bleibt die Art, wie sie den grossen Raum bedeckten.
Um ihm namlich eine angemessene Héhe zu geben, welche die
Saulen nicht erreichten, wdélbten sie schwere Gurten zweifach
liber die zierlichen Saulen, was, rationellen Regeln der Statik
entgegen, einen mehr sonderbaren, als schénen Anblick ge-
wahrt, wenn auch das Ganze von sehr reicher Wirkung ist.

Von derselben Anlage, wie die grosse Moschee zu Cor-
dova, war auch die zu Sevilla, welche im Jahre 1171 ange-
fangen worden ist; ob aber hier schon die maurische Bauart
eine weitere Entwickelung erhalten haite, ist uns nicht bekannt.
Kin Werk, auf das die Mauren den héchsten Werth gelegt und
das noch seinen Ruhm bewahrt hat, ist der viereckige Thurm
der Moschee, die ,,Giralda* genannt. Dieser war urspriinglich
bis zur Plattform 174 Fuss hoch und wurde ums Jahr 1196 er-
baut. Die gréssern maurischen Hauser haben alle nach antiker
Weise einen viereckigen Hof, mit umlanfendem Sdulengang und
Loggien, und ein springendes Wasser in der Mitte. Erst die
spiteren Bauten, namentlich die Alhambra, deren jetzt noch
stehender Theil der Wohnungen den ersten Jahrzehenden des
14. Jahrhunderts angehért, zeigen einen Baustyl, der in allen
seinen Theilen von demselben Geisle durchdrungen ist und sich
durchaus zu einer originellen Architektur erhoben hat. Wollte
man diese Bauart der Alhambra charakterisiren, indem man sie
	1) Auch in ihrer Wissenschaft waren die Araber hauptsachlich Ueber-
setzer oder Nachahmer antiker Autoren.
	mil einem allbekannten arabischen Gedicht vergleicht, so konnte
man sagen, dass derselbe Geist, der eine ,Tausend und eine
Nacht* hervorgebracht, auch bei jenem Bau geweht und ahn-
liche Gebilde in der Architektur hervorgerufen, wie sie uns in
dem Gedichte durch die Erzahlungen zauberhaft anziehen und
berauschen. Die Phantasie kennt hier spielend keine Schran-
ken der durch Vernunftgriinde gebotenen Regeln der Baukunst.
Auf schlanken Saulchen erheben sich phantastisch gebildete
Bogen, die mehr darauf zu schweben als zu Jasten scheinen;
wie ein luftiges, buntes Rankenwerk breiten sich die darauf
ruhenden Wande aus, welche den Vordertheil des bunten Dach-
werks tragen. Alle Flichen sind mit teppichartigen Ornamenten
iiberkleidet, die, obgleich stets nach denselben Prinzipien ge-
bildet, doch von so reich verschlungenen und abwechselnden
Mustern sind, dass man stets, wie in der Tausend und einen
Nacht, zu neuer Erwartung gespannt wird, wenn man auch nur
immer Aehnliches wiederkehren sieht. Garten mit duftenden
Blumen, Lorbeerhaine, hochstrebende Palmen und Wasserwerke
der verschiedensten Arten erhéhten noch den Reiz und liessen
kaum zur Besinnung kommen; selbst der Ernst goldner Spriiche
an den Wanden gab der Phantasie neue Spannung. Dieses ist
der Charakter maurischer Baukunst in ihrer héchsten Blithe.
Nirgends finden wir in ihr das Bestreben, rationell in ihrer
Construction zu erscheinen, sondern iberall dasjenige, auf die
Phantasie zu wirken, die hier nur durch eine mannigfaltige
Wiederkehr in Schranken gehalten wird. Es ist daher nicht zu
verwundern, wenn ein geistreicher Architekt, von rationeller
Richtung, sie ,eine Architektur holden Wahnsinns“ nannte.
Allein nicht nur entfaltet sie anzuerkennende Schénheiten, son-
dern sie ist auch historisch sehr wichtig, da sie uns ganz in
die eigenthtimlichen Zeiten und Zuslande eines edeln Aufschwungs
des menschlichen Geistes versetzt und hiertiber merkwirdige
Aufschliisse giebt.

Dass ihr Einfluss jedoch nur unwesentlich auf die Ent-
wickelung der christlichen Kirchenbaukunst, selbst in Spanien,
gewesen, ist eben so sehr durch die grosse Abneigung der
katholischen Geistlichkeit gegen alles Maurische, als auch durch
die erst so spat zur Blithe gekommene Ausbildung der mauri-
schen Architektur leicht erklarlich. Weit eingreifender war ihr
Einfluss auf die Civilbaukunst. Der auf die Ornamentik der
sothischen Kirchen fand hauptsachlich erst im 15, Jahrhundert
stat, nachdem die Mauren aus dem grissten Theil Spaniens
vertrieben waren und die gothische Baukunst ihrem Verfall ent-
gegenging, wie ich dieses schon oben darzustellen gesucht habe.
Es ist deshalb sehr irrig, die maurische Architektur in eine
lief eingreifende Beziehung zur christlichen, sei es romanischen
oder gothischen zu bringen; vielmehr erweist es sich, dass
beide aus der anliken hervorgegangen und nach dem Geist der
Nationen, jede auf eine eigenthimliche Weise, sich entwickelt
haben. (Fortsetzung folgt.)
	EdAunstliteratur.
	Die Meister der althilnischen Malerschule. Ur-
kundliche Mittheilungen von J. Jac. M erlo. Kéln 1852.
Ст. $. Commissionsverlag von J. M. Heberle (H. Lemperts).
	VI und 246 SS. Pro 12 Thr.
	Dieses Buch schliesst sich unter dem zweiten Titel ,Nach-
richten von dem Leben und den Werken kélnischer
Kiinstler. Erste Fortsetzung.® an das 1850 herausgekom-
mene Lexikon der dortigen Kiinstler an, welches bereits in un-
serm Kunstblatt und zwar in dem ersten oder Direr-Jabrgang
No. 18. 19. 23 und 27 besprochen worden ist.