Bei der Schweigsamkeit der alten Kiinstler uber sich selbst
und den sparlichen Ueberlieferungen ihrer Zeitgenossen in Be-
zug auf Kunst und deren Ausiibung, die damals bei den Schrift-
stellern am wenigsten Beachtung fand, bleiben dem Forscher
fiir die drtliche Kiinstlergeschichte meist nur die rathhauslichen
Archive, oder die geistlichen der Kléster, Kirchen und Stif-
tungen, sammt den pfarramilichen Registern tibrig, um in ihnen
fiir seinen Zweck Nachsuchungen anzustellen. Mit welchem Erfolg
dies, besonders in mehreren der ehemaligen deutschen Reichs-
stidte geschehen ist, zeigen die Arbeiten eines vy. Murr, Bei-
schlag, Jager, Weyermann und Anderer. In dem alten, in seinen
Mauern fast chinesisch abgeschlossen und vor Kriegesstirmen,
bis auf den franzésischen Revolutionssturm, am meisten bewahrt
gebliebenen Kéln, wo man den gréssten Reichthum an derglei-
chen Urkunden und Hilfsmitteln hatte erwarten kénnen, sieht
es dagegen, in Folge der barbarischen Sakularisations-, Zer-
stérungs- und Aufréumungswuth gegen Ende des vorigen Jahr-
hunderts, in dieser Beziehung und im Verhialtniss zu anderen
Stadten tibel aus. Selbst die Register der Kirche, welche fir
Rubens bestrittene Geburt in Kéln den besten Beweis liefern
konnten, sind nicht mehr vorhanden (Merlo I. S. 385); die Zunft-
biicher der Maler sind nicht alter als von 1696 und 1622; aus
den Rathsprotokollen, die bis 1396 hinaufgehen, haben sich nur
die von der Malerzuft gewahlten Rathsherren ermitteln lassen;
Stifts- und Klosterrechnungen sollen noch da sein, sind aber
unberticksichtigt und unbenutzt geblieben ), Dagegen bestand
in K6ln ein vielleicht noch in der altrémischen Munizipalver-
fassung wurzelndes, eigenthiimliches und in sich abgeschlosse-
nes Institut in den sogenannten Schreins oder Hypothekenkam-
mern, wo Alles, was Verainderungen des Grund- und Hauser-
besitzes, dessen Belastung mit Renten und den Uebergang die-
ser Gegensténde aus einer Hand in die andere durch Erbschaft,
Kauf und Verkauf und andere Arten der Abtretnng betraf, amt~
lich regulirt und einregistrirt wurde. Die Schreinsregister sind
zwar von der unter der franzésischen Herrschaft cingerissenen
Dilapidation gleichfalls nicht verschont geblieben, doch ist der
grosste Theil derselben, der eine Reihe von etwa 350 mich-
tigen Folianten ausmacht, in das jetzige Gerichtsarchiv gerettet
und in Sicherheit gebracht worden. Der Verfasser hat die her-
kulische Arbeit tibernommen, diese Masse von Banden, in Be-
zug auf die altere Kunstgeschichte von Kéln selbst durchzuge-
hen und sorgfaltig zu extrahiren. Die Frucht dieser dankbar
anzuerkennenden Bemihung ist der vorliegende, die allkdl-
nische Malerschule betreffende Band, welchem noch ein zwei-
ter tiber die Meister der altkélnischen Bauhiitte, vornehmlich
die Dom- und Stadtbaumeister, so wie tiber die plastischen
Kunstler, mit Nachtrégen und einem Register iiber das Ganze
folgen soll. Der Verfasser hatte zwar schon in der Zugabe II.
zu seinem friheren Lexikon der kélnischen Kinstler einen Ex-
trakt der in den Schreinsbiichern und andern stadtischen Ur-
kunden vorkommenden Kiinstlernamen abdrucken lassen, auch
bei einigen in das Lexikon selbst aufgenommenen Namen eine
und die andere sie betreffende Schreinsinscription urschriftlich
milgetheilt; aber jener Extrakt war nicht von ihm selbst, son-
dern von einem Andern und blos beilaufig gemacht und erwies
sich als mangelhaft und hdéchst unvollstandig. Er sah sich
daher, da er die Wichtigkeit dieser Quelle erkannt halte, um
so mehr bewogen, sie von Neuem zu erforschen und griind-
licher auszuschipfen. In der That werden sich wenig Stadte
	1) In einer Note 5. VI wird gesagt, dass sich die viel versprechenden
Chroniken und Rechnungsbiicher der ehemals in Koln bestandenen Stifter
und Kléster noch zahlreich erhalten haben sollen. Warum hat sich der
Verfasser nicht naher danach umgesehen ?
	ruhmen kdnnen, dergleichen Register zu besitzen, die rick-
warts bis ins XII. Jahrhundert hinaufgehn und die Andeutungen,
welche der Verfasser tiber die Ausbeute giebt, die daraus fir
die Topographie und Geschichte von Kdln, sciner Strassen und
Hauser, seiner Familien und Birger, seines Kunst~ und Ge-
werbefleisses, seiner eigenthiimlichen Einrichtungen und seiner
Mundart zu gewinnen ist, lassen nur bedauern, dass er nicht
eine ausfiihrliche historische Abhandlung tiber das alte kdlni-
sche Schreinswesen und seine Stellung in der stadtischen Rechts-
und Gerichtsverfassung, so wie tiber Form, Beschaffenheit und
Sprache der Urkunden desselben, welche die Grundlage des
ganzen Buches bilden, diesem vorangesetzt hal. Bringen wir
die daraus hervorgehenden Resultate auf die Waagschaale,
det Kunst- oder selbst nur der 6rtlichen Kinstlergeschichte,
so kénnen wir den Gewinn den das Buch bringt, im Verhalt-
niss zu seinem Volumen, freilich nicht sonderlich hoch an-
schlagen. Dies liegt aber weniger an dem Verfasser, als an
der Natur der Quelle, die er beinahe ausschliesslich benutzt
hat und die von den in Kéln ansissig gewesenen Kiinstlern,
ausser ihrem Namen und Gewerbe, nur tber ihre Herkunft,
Familien und Vermégens- Verhiltnisse, so weit letztere in den
Bereich des Schreinswesens fallen, einige mit sicherem Datum
versehene Nachricht giebt, uns jedoch tiber die Hauptsache,
namlich tiber ihre sonstigen Lebensumstinde, ihren Werth als
Kinstler und ihre Werke, ganzlich in Unwissenheit lisst. Selbst
die Identitat der wenigen, auch sonst bekannten dlteren Ktinst-
Jer mit den in den Schreinsurkunden genannten, ist wegen der
oft gleichlautenden Vor- und nach damaligem Gebrauch nicht
immer angegebenen Geschlechts- oder Zunamen, fast nur durch
ungefahre Gleichzeitigkeit wahrscheinlich zu machen, aber nicht
zu vélliger Gewissheit zu bringen, und noch gewagter erschei-
nen die Schlussfolgen, dass ein nach den Urkunden vermégen-
der oder zum Rathsherrn gewahlter Maler auch ein vorziiglicher
Kinstler gewesen sein miisse. Wir haben fiir vier Jahrhunderte
vor 1574 zwar nicht weniger als einige 80 Namen kélnischer Maler
gewonnen, aber diese Menge von Namen ohne Bilder steht der
Menge von Bildern ohne Namen, die von KéIn ausgegangen oder
dort noch vorhanden sind, nur noch schroffer gegeniiber als vor-
her und wir vermissen die verbindende Briicke zwischen beiden
nur um So schmerzlicher. Weit ergiebiger an Notizen, welche
der Kunst- und Kiinstlergeschichte naher liegen, sind die Rech-
nungen tiber die Ausgaben der Fiirsten, Stadte, Kloster u. A,,
weil sie, mit ebenso sicherer Zeitbestimmung, nicht blos die
Namen der Meister, sondern auch die Arbeiten, welche bei ih-
nen bestellt oder gemacht und wie sie ihnen bezahlt worden
sind, kennen lehren und sich daraus tber ihre Stellung, ihren
Werth und ihre Thatigkeit, so wie tiber das Kunstleben ihrer
Zeit weit interessantere Folgerungen ziehen lassen. Einen Be-
weis davon liefern in neuester Zeit namentlich Laborde’s Preuves
zu seinen Ducs de Bourgogne und Schuchardt’s urkundliche
Beitrage aus den weimarschen Archiven, in seinem Buch dber
Lucas Cranach. Doch sei dies nicht gesagt, um hiegegen die
Arbeit unsers Verfassers herabzusetzen; begntigen wir uns mit
dem, was ihm zu Gebot gestanden, und wir werden sehen,
dass, wenn er auch mit ortlicher Vorliebe des Guten zu viel
gegeben und der grésste Theil seines Buches nur als Ballast zu
betrachten ist, doch sein mithseliges Unternehmen kein ganz
undankbares genannt werden kann, vielmehr auch solchen Kunst-
freunden, welche seinen Ortspatriolismus nicht theilen, einige
seiner Entdeckungen sehr willkommen sind.

Wir erhalten hier zuvérderst die altkéInischen, in den
Schreinsregistern von ungefahr 1175 bis gegen Ende des XVI.
Jahrhunderts vorkommenden Maler in chronologischer Folge,
	  bei jedem mit dem, was sich aus den Inscriplionen tiber ihn