machtvoller Entfaltung, zu dramatisch concentrirlem Ausdruck genommen. Leider jedoch ist es nur beim Anlauf geblieben, und die Conception, treffend und klar wie sie war, ist in der Durcharbeitung nicht zu entsprechender Geltung gekommen. Der Kopf, an sich edel und gross gedacht, zeigt wohl die mo- mentane Verdisterung, aber nicht die verderbenblitzende Energie eines Michael; die Richtung der Augen schiesst sogar weit tiber das Ziel ihres Grimmes in’s Leere hinaus; die beiden Hinde legen sich, namentlich die rechte, nur lose an den Schaft, wah- rend doch gerade diese als stossfihrende, der anderen stoss- lenkenden gegeniiber, denselben fest umfassen miisste; selbst in der Biegung des rechten Handgelenkes liegt etwas forcirt Gemachtes, zu kinstlich Reflektirtes. Alle diese Merkmale in ihrer Vereinigung werden in unsern Augen zum Zeichen, dass der Meister, mochte vielleicht der Gegenstand ihn weniger an- ziehen, beim Durchdenken und Durcharbeiten dieser Aufgabe hinter dem, was seine erste Conception vermége ihrer anspre- chenden Einfachheit und Klarheit verhiess, zuriickgeblieben ist. Nur diesem Umstande wird es zuzuschreiben sein, dass eine Composition, die im Einzelnen manche grosse Schénheit verrath, nicht mit Macht das Gemiith des Beschauers zu er- отейеп im Stande ist. Dahin rechnen wir die trefflich model- lirten Arme und Beine, deren straffe Muskulatur durch die Ringe des enganliegenden Panzerhemdes cher gehoben als ver- hilt scheint; dahin die mit feinem Gefiihl behandelte Draperie des kurzen tiber den Panzer geworfenen Waffenrockes; ferner die Art, wie der zuriickgeschlagene Mantel, von einer Agraffe auf der Brust gehalten, die ganze Gestalt in klarster Silhouet- tirung sich lésen Jasst. Wie nothwendig aber gerade hier eine strenge Durchfihrung des einmal aufgenommenen Motivs der Bewegung war, wird man um so mehr wiirdigen, wenn man bedenkt, dass Nichts dem Kistler ferner lag, als die Absicht einen Erzengel darzustellen, der vermége der Einwirkung hé- herer, ideeller Gewalten seinen Gegner bezwingt. Ein Erz- engel Michael, dessen vollkraftig mannlicher Kérper von einer Riistung geschiitzt wird; von dessen Hiifte ein breites Schwert lang niederhangt; dessen Fersen sogar die Sporen des Ritters nicht fehlen, ein solcher Engel will menschlich real behan- delt sein. Fir die Darstellung des Drachen hatten wir gewiinscht, dass dieser etwas grésser, bedeutsamer hervorgetreten ware, da ein nicht wegzuleugnendes Missverhdltniss in dieser Bezie- hung zwischen beiden Figuren besteht. Allerdings mag es seine Schwierigkeit gehabt haben, und wir wollen nicht verkennen, dass es eine missliche Aufgabe war, eine derartige Gruppe auf so eng begranztem Postament sich aufbauen zu lassen. Bei der Gestaltung des Drachen stand dem Kiinsiler ausser den va- gen Altributen friherer Darstellungen nur die Eingebung der eignen Phantasie zu Gebote, und wenn wir auf der einen Seite dankbar anerkennen, dass ein besonnenes Mass bei der Aus- wahl der tiblichen Fledermausfliigel, Krallen, Schlangenschweif, Schuppenhaut u. dgl. gewaltet hat, so méchten wir auf der an- dern doch auch dem Drachen vorwerfen, dass er sich nicht lebendig genug am Vorgange betheilige. Zwar schnaubt er mit weitgeéffnetem Rachen grimmig auf und ringelt sich vor Wuth und Schmerz; allein in eigenthiimlichem Contrast damit stehen die friedlichglatt anliegenden langen Haare seines Kammes, die sich doch vor Bosheit strauben sollten. Wir wiirden solches an sich kleinlich Scheinende nicht erwihnen, wenn es uns nicht im Zusammenhang mit dem bereits Angedeuteten als Bestati- gung unsrer Ansicht erschiene. Hatten wir mit der Komposition und kinstlerischen Ge- staltung des Werkes mancherlei zu rechten, so dirfen wir da- gegen um so unverhaltener unsre Anerkennung dem verdienten dieser Bezichung zu geniigen, so kann man die Sache als im Voraus gelungen bezeichnen, wiirde da fehlgegriffen, so niitzten dann die besten Abhandlungen und schénsten Instruktionen den alten Bauten sehr wenig. Vederemo. Eine gliickliche Wahl hat man darin gemacht, dass man die so wichtige Leitung des Biireaus dem Ministerialbeamten Dr. Heider tibergab, der sich durch mehrere archdologische Schriften vortheilhaft bekannt machte und in allen Kreisen gleich geachtet und gleich gern gesehen ist. — Die Zusammenberufung dieser Kommission (ihre Protokolle wird im Auszuge die k. k. Wiener Zeitung veréf- fentlichen) dtirfte dem seit langerer Zeit im Entstehen begrif- fenen ,,archdologischen* Privat-Verein einen neuen Impuls ge- ben. Sollte derselbe zu Stande kommen, so hatte man dies vorzugsweise der Thatigkeit der Hrn. Dr. E. Melly, des Ar- chitekten L. Ernst und des Hrn. Wolffarth zu verdanken. Es giebi bei solchen Sachen Vieles, was besser und schneller durch Privat~ Vereine, als durch Regierungs-Kommissionen zu Stande kommt, so dass es im Interesse der officicllen Kommis- sion und der Sache selbst gleichmassig liegt, das baldige Ins- lebentreten des archaéologischen Vereins zu wiinschen. Was nun endlich den Ausbau der fehlenden Giebel der Stephanskirche betrifft, so dirfte in Balde an Ausfiihrung eines derselben geschritten werden. Fir die Herbeischaffung eines Fonds fiir die anderen Giebel wird von Seite des Ge- meinderathes eine Subscription erdffnet werden. Der jiingere ésterreichische Kunstverein, den der Kénig von Preussen zwei Kartons Kaulbachs (den Thurmbau und die Sage) behufs der Ausstellung tiberlassen hat, hat den von allen Seiten gleich- massig anerkannten Beschluss gefasst, diese Kartons in einem eigenen Lokale zum Besten des Ausbaues der Giebel auszu- stellen, Die Ausstellung hat sich einigermassen verzogert, da sich keine geeigneten Raumlichkeiten fiir dieselbe fanden. Mehr als irgend eine andere Stadt ist Wien, arm an Salen be- sonders in der jetzigen Zeit. Das Standbild des Erzengels Michael von Kiss. Es ist dies ein neueres Werk des durch seine , Amazone“ rihmlich bekannten Meisters, welches auf kéniglichen Befehl neuerdings in Bronce gegossen wurde, um als Geschenk an den Prinzen von Preussen nach Babelsberg zu gehen. Man wird sich erinnern, dass der erste in Zink ausgefihrte Abguss nach Karlsruhe als Denkmal fiir die im hadischen Feldzuge ge- fallenen preussischen Krieger bestimmt wurde. Beildufig mag bemerkt werden, dass dies nicht das einzige auf jene Waffen- that beziigliche Monument ist, welches man errichtete; auch das neue vor Sanssouci liegende Thor zum Weinberghauschen — ein in verhalinissmassig betrichtlichen Dimensionen ausge- fihrter Prachtbau — zeigt eine verwandte Beziehung. Was nun das in Rede stehende Kunstwerk betrifft, so ist die Idee desselben eine einfache. Der Erzengel Michael als Dracheniberwinder sollie dargestellt werden. Demgemass ar- rangirt sich die Gruppe so, dass auf das am Boden sich kriim- mende, in letztem Verzweiflungsgrimm heraufschnaubende Un- geheuer der Engel gewappneten Fusses tritt, zugleich den hoch in beiden Handen gefiihrten Kreuzesschaft dem Lindwurm in den zahnefletschenden Rachen bohrend. Weit hinauf breiten sich die starkbeschwingten Fittige des Engels aus, die ihren Besitzer eben herabgetragen zu haben scheinen. Dadurch, dass die Rechte den Schaft zuoberst anfasst, dass der rechte Fuss etwas vortretend auf dem Unthier ruht, dass ferner der Ober- kérper, die Wucht des Stosses 2u verstarken, sich nach vorn neigt, hat die Haltung der Figur einen glicklichen Anlauf zu