Meister Friebel, dem Giesser des Rauch’schen Friedrichs- denkmales, zollen, der den Guss der Gruppe in vortrefflicher Weise ausgefiihrt und das Werk bis in die Einzelheiten, die Ringe des Panzers, die reichen Verzierungen der Kleidung und der Waffen, mit musterhafter Sorgfalt und stets sich gleich blei- bender Tichtigkeit ciselirt hat. Die Scharfe und Feinheit der Arbeit lisst Nichts zu wiinschen iibrig. W. Liibke. Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien. Von J, D. Passavant. (Fortsetzung.) sche Renaissance nennen die Spanier sehr treffend_,, arquitectura platresca“, die Silberschmiede-Architektur. In diesem gothi- schen Styl sind alle Bauwerke unter der glorreichen Regierung des Kénigs Don Fernando und seiner trefflichen Gemahlin Isa bella von Castilien in den Jahren 1474 bis 1516 errichtet. Unter ihnen wurde Spanien von den Mauren befreit, genoss es nach so langen und heissen Kampfen den Segen des Friedens ; unter ihnen entdeckte Columbus die neue Welt, die dem spa- nischen Volke cine der grossartigsten Aussichten eréffnete und ihre Geister auf’s lebhafteste erregte; unter ihnen entstanden viele der herrlichsten Werke in Spanien, die wir ihrem hohen Sinn, unterstiitzt durch das neu erworbene Gold, hauptsachlich zu verdanken haben. Aber gross war auch der Wetteifer des Volkes und der Geistlichkeit in den bedeutenden Stadten Spa- niens fiir die Erbauung und Ausschmiickung ihrer Kathedralen, da eine jede die andere darin zu tiberbieten trachtete. Die grésste und reichste Kathedrale jener Epoche und aiber- haupt in Spanien ist die von Sevilla. Das Capitel bei seiner ersten Sitzung, den Bau der neuen Kirche betreffend, beschloss ganz nach spanischer Grandezza und spanischem Humor: , dass die Kathedrale an Grésse und Giite nicht ihres Gleichen haben solle, und dass, wenn vollendet, die Nachkommenschaft bewun- dernd ausrufen mége, dass diejenigen, welche solch cin Werk zu unternehmen gewagt, Tollképfe gewesen sein miissten*, Sie wurde in einem noch unyermischten gothischen Styl von unbe- kanntem Meister in den Jahren 1480 bis 1519 auf der Stelle erbaut, wo ehedem die grosse Moschee gestanden. Diesem Umstande ist es wohl auch zuzuschreiben, dass sie abweichend von dem gewOhnlichen Plan grosser Kirchen, statt im Grund- riss ein Jateinisches Kreuz, ein 431 Fuss langes und 315 Fuss breites Viereck mit fiinf beinahe gleich hohen Schiffen von aus- serordentlicher Breite bildet. Eine Anordnung von tiberwalti- gender Wirkung, die noch sehr erhéht wird durch die vielen sich ringsum anschliessenden Kapellen, Sakristeien, dem pracht- vollen Chor in der Mitte, mit dem bis an das 145 Fuss hohe Gewilbe reichenden Retablo von ganz tibergoldetem Schnitz- werk und den gegeniiber befindlichen, reichverzierien Chor- stiihlen, so wie durch den verschwenderischen Reichthum an Gold, den 93 bemalten Glasfenstern und den herrlichsten Kunst- werken aus der Sevillaner Schule. So steht diese Kirche in Bezug auf das Innere uniiberlroffen hehr und prachtvoll unter den vielen herrlichen Kathedralen Spaniens, lasst aber unbe- friedigt in ihrer aussern Erscheinung, da sie ringsum so sehr mit spétern Anbauten umstellt worden ist, dass ihr Aeusseres jetzt nirgends ein grossarliges oder schénes Ganze mehr dar- bietet. Hinige Theile, wie der nach dem Hof der Orangen zu- gekehrte, blieben selbst unvollendet und der Thurm, der die Mitte des Gebdudes krénen sollte, musste wegen zu schwacher Fundamente wiedcr abgetragen und durch eine niedere Kuppel ersetzt werden. Zu den Kathedralen, die in jener Epoche erbaut wurden, gehdrt noch die von Toledo nach dem Plan von Pedro Perez, im Jahr 1492 vollendet. Der eine allein ausgebaute Thurm, von schonen Verhiltnissen, wurde im 14, Jahrhundert unter dem Erzbischof Tenorio begonnen, aber erst 1535 unter Tavera vollendet. Von viereckter Basis im gothischen Styl geht er in’s Achteck tiber, wobei aber schon der Renaissancestyl in An- wendung kam; sein dreifach umstrahlier Helm gleicht einer pipstlichen Krone, wozu vielleicht die Sage Anlass gegeben, dass die h. Jungfrau zu ihren Lebzeiten selbst diese Kirche gegriindet habe. Das Aeussere der Kathedrale, urspriinglich im reichen gothischen Styl erbaul, ist durch Erweiterungen aus dem 18. Jahrhundert so verslellt, dass nur an wenigen Theilen noch zu sehen ist, dass die schwerfalligen einzeiInen Ornamente 5% Die bis jetzt besprochenen Gebaude gehéren Gegenden an, welche die Mauren entweder nur voriibergehend besetzt oder nie beherrscht hatten; auch scheinen sie hier auf die Kirchen- baukunst nicht den geringsten Einfluss ausgeiibt zu haben, viel- mehr miissen wir jenen aus Frankreich und Deutschland bis in das 14. Jahrhundert aberall wahrnehmen. Wie es bis zu jenen Zeiten im siidJichen und mitileren Spanien unter der Herrschaft der Mauren in dieser Bezichung ausgesehen, ist jetzt kaum zu ermitteln, da sich, wie es scheint, keine christlichen Kirchen aus jenen Epochen daselbst erhalten haben. Nach Vertreibung der Mauren durch die Christen weihten diese meist die Mo- scheen zu Kirchen ein und sind zum Theil jetzt noch im Ge- brauch, wie die grosse Moschee zu Cordova und die zu Toledo jetzt Sania Maria a Blanca genannt und daselbst noch die ganz kleine in der Calle de Cristo de la Liz. Zuweilen, wenn an die Stelle der Moschee eine neue Kirche gebaut wurde, liess man einzelne Theile stehen, wie bei der Kathedrale zu Se- villa mit einem maurischen Eingangsthor, der Umfassungs- mauer des Orangenhofes und dem Thurm der beriihmten Gi- ralda. Dass aber die maurische Architektur constructiv auf den frihern Kirchenbauslyl eingewirkt habe, fand ich nirgends, und konmnte das durch die Eigenthtimlichkeiten beider Bausysteme auch gar nicht stattfinden, indem die Kirchen grosse tiberwilbte Raume erheischen, die bei den Mauren, wo bis auf Badzimmer und kleine Kuppeln von eigener Construction Alles auf Holzbe~ deckung berechnet ist, gar nicht vorkommen. Wohl aber ahm- ten die Andalusier haufig fiir ihre Glockenthtirme die Giralda in kleinen Dimensionen nach, oder schmtickten die Wande der im gothischen Styl erbauten Kapellen mit ganz fremdarligen Gypszierrathen aus, wie sie in der Alhambra oder sonst in maurischen Gebauden vorkommen. Auch die Holzdecken klei- ner Kirchen und Capitelséle sind éfters den maurischen ent- lehnt. Ferner ist zuzugeben, dass die gothische Ornamentik des 15. Jahrhunderts ihre Verirrungen einestheils der Kenntniss derjenigen der Mauren zuzuschreiben hat, indem die fantasti- schen Gebilde, von diesen in Sparrenwerk und Gyps ausgefiihrt, namentlich die an den Bogen herabhangenden Ornamente, auf ahnliche Art von den Christen in massivem Stein ausgehauen wurden. Auch scheint durch den Reichthum der Ornamente, womit die Mauren die Wande ihrer Prachtbauten fantastisch iiberkleideten, die Phantasie der spanischen Kiinstler so verirrt zu sein, dass sie sich nun in der Ornamentik Willkirlich- keiten wtiberliessen (wobei die consiructive Gliederung ganz ausser Acht gelassen und unkenntlich wurde) ja ganze archi- tektonische Flachen mit Rankenwerk wie ithersponnen haben. Bei der Neigung der Spanier zu Pomp und Pracht, ohne feinen Sinn fiir Schénheit, Ebenmaass und Grazie, verfielen sie dabei in das Massenhafte, Uebergrosse des Blatterwerks, wahrend die Rippen oder Stiele dinn und mager, kraus durcheinander Jaufen und alle architektonischen Glieder sehr geschwungen sind. Diese Manier der verfallenen Gothik, so wie auch die fantasli-