И
	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	4eitung
	iy bildende Kunst und Baukunst,
	Unter Mitwirkung yon
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — FPGrster in Minchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
		herausgegeben von Dr. F. Eggers in Berlin.
	Sonnabend, den 12. Februar.
	halt: Ueber das Verhiltniss der Kiinstler zu ihren Stoffen.
J.D. Passavant. (Fortsetzung.) — Zeitung. Berlin. D
	Kunstvereine. Ausstellung des Thiringer Kunstvereins im Jahre 1853.
	Оеег даз УеА]Нис$ der Kiinstler zu ihren Stoffen.
	Kine Erwiederung an den flerrn Redacteur.
(Schlass.)
	N enden wir uns nun zu der zweiten Frage, zu der tber
das Verhaliniss der Kunstler zu ihren Stoffen, so ist sie zum
Theil schon durch die Beantwortung der ersten erledigt. Wenn
die Stoffe verschiedenartig sind, bald mehr objectiver, bald mehr
subjectiver Art, kénnen sich die Kiinstler nicht wohl ganz gleich
zu ihnen verhalten. Der subjectivere Stoff erfordert, wie er
den Hérer oder Beschauer inniger ergreift, auch ein subjectiveres
Verhalten von Seiten des hervorbringenden Ktinstlers. Machen
wir die Probe dieses Satzes an der Baukunst und Musik, so
finden wir ihn bestatigt. Der Baumeister steht sowohl zu den
geistigen Begriffen, die er darstellen kann, als zu den Dar-
stellungsmitteln in einem allgemeinen, unpersénlichen, der Kom-
ponist in einem hdéchst persdénlichen Verhdltnisse. Bei jenem
dussert sich das Individuelle nur in der Ausfiihrung, bei diesem
liegt es schon im Stoffe. Jener bedarf dusserer Bestimmungen,
nach denen er sich richtet, dieser findet alles was er braucht
in sich und seiner Kunst. Jener muss eine Bestellung wenig-
stens voraussetzen, dieser schafft frei aus seinem Innern her-
aus. Einigermassen ahnlich wie Baumeister und Musiker ver-
haiten sich nun Dichter und Maler zu einander. Dieser malt
keine Dithyramben, man spricht nicht von scinem ,holden Wahn-
sinn*. Er bleibt, obgleich von seinem Gegenstande ergriffen,
ruhig und unbefangen. Der Dichter dagegen durchlebt den Her-
gang, verwechselt in der Arbeit sich mit seinen Gestalten, fihlt
ihre Empfindungen als seine eignen. Ich weiss wohl, dass er
dennoch tiber seinem Stoffe stehen muss, dass dadurch der
hdhere Werth des Gedichts bedingt ist; aber auch so geht er
doch mehr darin auf, als der bildende Kinstler.

Fiir meinen Zweck genigen indessen diese allgemeinen
Salze nicht; um das Verhaltniss des Dichters und des Malers
zu den einzelnen Stoffen zu wiirdigen, miissen wir naher auf
das Praktische, auf das Verhaltniss der verschiedenen Kinstler
zur wirklichen Natur eingehen. Der Baumeister und der Mu-
	siker, dic in abstracten, in der Natur verborgen liegenden Ge-
IV. Jabrgaug,
	istler zu ihren Stoffen. ©. ЭсВпаазе. (Schluss.) — Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien, von
— Zeitung. Berlin. Diisseldorf. Aachen. Dresden. Miinchen. Nirnberg. Wien. Briissel. Paris. Florenz. Athen. —
	setzen schaffen, erlangen diese durch wissenschaftliche Vor-
bereitung und gewinnen durch die unmittelbare Naturbeobach-
tung nur allgemeine Anschauungen, Uebung des Formensinnes,
Gefihl fir Verhdltnisse und fir den geistigen Ausdruck der
Erscheinung. Bildner und Maler entnehmen aus ihr praktisches,
zum Gebrauche geeignetes Material. Allein auch sie stehen
nicht alle gleich; dem Portraitmaler giebt die Natur schon den
ganzen Stoff seiner mehr oder weniger kiinstlerischen Darstel-
lung, und in ahnlicher Weise kénnen Bildhauer, Landschafter,
Genremaler wenigstens unter Umstinden eine bestimmte Natur-
erscheinung unmittelbar zum Kunstwerke erheben. Fir héhere
kiinstlerische Zwecke giebt zwar auch ihnen die Naturerschei-
nung meistens nur das , Motiv“ zu einer freien dem Kinstler
eignen Anschauung. Allein auch so bleibt das Verhiliniss im
Ganzen dasselbe; die dussere Erscheinung ist der Ausgangs—
punkt des Kinstlers. Anders verhalt es sich bei der monu-
mentalen, historischen Kunst. Hier soll der Kiinstler einen
Gegenstand darstellen, dessen sinnliche Existenz entweder gar
nicht behauptet wird oder doch weit zurick liegt, und ihm
selbst nie zur dusscrlichen Anschauung gebracht ist. Gleichviel
ob der Gegenstand ein fiir die Kunst neuer oder ein bereits
kiinstlerisch behandelter ist, immer liegt seinem Werke eine
Ueberlieferung, ein wortlicher Bericht, ein der Phantasie
gegebenes Bild zum Grunde, das er erst nach seinen Zwecken
weiter ausfiihren, ordnen und gestalten muss. Der Inhalt dieses
Berichts ist nun sein Stoff, und gerade von Stoffen dieser Art
haben wir gesprochen, wie Sie besonders durch die Aeusse-
rung zeigen, dass der bildende Kiinstler ,in den Gebieten, wo
die Stoffe geholt werden, im Allgemeinen nicht so bewandert
zu sein pflege, wie der Dichter*. Denn offenbar deuten Sie
damit auf Stoffe hin, welche nicht durch die unmiltelbare An-
schauung der Natur, sondern durch die Wissenschaft, etwa die
Geschichle, zugefiihrt werden. In Bezichung auf diese Gebiete
steht in der That der Kinstler dem Dichter naher als jenen
bildenden Kiinstlern der andern Galtungen, Diese Aehnlichkeit
wird fiir die historische Malerei um so grésser, da sie, wie
die Poesie, auch auf moralische Conflicte eingehen kann; hier
kann daher die Meinung, dass ein vollig gleiches Verhialtniss
	zwischen dem Dichter und Kiinstler bestehe, cher als bei an-
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