Zu dieser Gruppe der ausgezeichnelten Holzschnilzer im nérdlichen Spanien gehért noch Estéban Jordan, Bildhauer und Maler, der in der zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts lebte. Man glaubt ihn einen Schiller des Alonso Berruguete, in des- sen Weise, nur etwas michelangelesker, er einige Retablos in Valladolid ausgefiihrt hat. Im siidlichen Spanien, za Sevilla, erwarb sich Juan Mar- tinez Montafies als Architekt, besonders aber als Bildschnilzer den wohlverdienten Ruf ersten Ranges. Er blithte seit Anfang des 17. Jahrhunderts bis zum Jahre 1649, in welchem er starb. Ein wahrhaft entzickendes Werk von ihm ist die fast lebens- grosse, in Holz geschnitzte, bemalte und in estofado vollendete Figur der Conception in der kleinen Kapelle des h. Augustinus an dem Respaldo (Chorverschluss) der Kathedrale zu Sevilla. Der engelgleiche Kopf, weit feiner und schéner als Murillo ihn zu bilden gewusst, hat den Ausdruck der gréssten Ergebung. Der Faltenwurf ist sehr breit und massig gchalten, ohne schwer- fallig zu sein. Der dunkelblaue Mantel ist reich und zierlich mit Gold ornirt. Verunstaltet wird indessen dieses herrliche Werk durch die fremden Zuthaten von Diadem, Hals— und Arm- binder, alle aufs reichste mit Diamanten besetzt, so wie durch eine Riickwand von Silberblech, wobei, wie so oft in Spanien, mehr eitele Prachtliebe als feiner Sinn fiir Kunst geleitet ha- ben. In der ehemaligen Jesuiten-, jetzt Universilaétskirche zu Sevilla ist ein lebensgrosser Christus am Kreuz von sehr sché- ner Zeichnung und tief gefiihlt im Ausdruck. Die Haltung des Ganzen erinnert an Gemialde desselben Gegenstandes von Anton van Dyck. — Das Provinzial- Museum derselben Stadt bewahrt gleichfalls vier Werke unseres Meisters, naémlich unter No. 3. La Virgin de las Cuevas, eine Maria, welche das Christkind in den Armen halt, No. 5. Einen Johannes der Taufer, No, 12, den h. Bruno und No. 10. den h. Dominicus de Guzman, der sich geisselt, eine in jeder Beziehung ausgezeichnete und gross— artige Gestalt. Diese in estofado bemalten Holzfiguren sind alle etwas unter Lebensgrisse. Der ausgezeichnetste Schiller des Montahes war der vor- treffliche Architekt, Maler und Bildschnitzer Alonso Cano aus Granada, der 1601 geboren, 1667 gestorben ist. Seine Sculpturen ibertreffen an Feinheit der Zeichnung und Schén- heit der Formen, verbunden mit der sorgfaltigsten Ausfihrung in estofado, Alles, was in Spanien in dieser Art geleistet wor- den ist. Der Ausdruck seiner Madonnenkopfe ist zugleich von einer Lieblichkeit, wie er bei seinen Landsleuten nur selten vorkommt. In der Sakristei der Kathedrale zu Granada befinden sich einige Statuclten von ihm, unter denen die Conception, ein wahrhaft bezauberndes Werk in kleinem Maassstabe , kaum einen Fuss hoch, zuerst genannt zu werden verdient. Das anmuthige Képfchen der Maria ist von hinreissender Lieblichkeit, die schd- nen Hinde, demuthsvoll gefaltet, sind von der gréssten Fein- heit in der Ausfiihrung und die Farbung im Allgemeinen hat etwas iberirdisch Verklartes. — Die Maria einer zweiten Con- ception ist ernster gehalten; voll Wiirde und Hinfalt; auch das Gewand ist grossarliger, als an der ersten Figur. In den Wol- ken zu ihren Fiissen schweben vier Engelsknaben und drei En- gelsképfchen, in der Art wie sie Murillo in seinen Bildern an- zubringen pflegte; auch sind die Gewander, wie bei ihm, weiss und blau. — Weniger fein in der Behandlung ist eine kleine sitzende heil. Jungfrau, mit dem Christkind auf dem Schooss, wenn auch sonst sehr hibsch; das Gewand aber ist zu bau- schig. — Von guler Arbeit finden wir hier noch zwei heilige Franciskaner-Statuetten, Petro de Candara, mit einer Taube, und §. Anton von Padua, das Christkind im Arme haltend, — Sehr merkwirdig sind zwei colossale Basten, welche Alonso Cano in Kork geschnitten (nach Andern in Thon modellirt) und in eslofado bemalt hat. Beide Kopfe sind sehr schén und gross- artig in Zeichnung und den Charakteren. Nach den Traditionen stellen sie Adam und Eva vor; da sie jedoch, vielleicht durch die Geistlichkeit erst spater, mit theilweis vergoldeten Gewan- dern bekleidet worden sind, so gleichen sie viel mehr einem jungen Heldenpaar. Alonso Cano wollte sich bei seinen Leb- zeiten nie von diesen Werken trennen und erst nach seinem Tode schenkten sie seine Erben dem Domkapitel, welches ihnen einen sehr hohen Platz, oben an den Pfeilern beim Eingang zum Chor, in zwei runden Nischen, einen ziemlich ungiinstigen Platz angewiesen. Welchen hohen Werth unser Meister auf diese seine Arbeit legte, scheint auch aus einem Bildniss her- vorzugehen, welches sein Freund und Mitschiiler Velasquez von ihm gemalt und wo er jenen colossalen Kopf des Adam vor sich hat. Dieses meisterliche Portrait ist jetzt eine Zierde des kéniglichen Museums zu Madrid. Ein anderer tiichtiger Schiiler des Montafies war Pedro Roldan, im Jahre 1624 zu Sevilla geboren, wo er auch im Jahre 1700 gestorben ist. Er war der letzte der guten Bild schnilzer jener Schule, noch grossartig in seinen Anordnungen, lebendig in den Motiven, aber Ofter tibertrieben in den Bewe- gungen und zur Manier neigend. Eines seiner Hauptwerke be- findet sich in der Kirche der Caridad zu Sevilla. Die Gruppe hinter dem Altar, mit tiberlebensgrossen Figuren, stellt die Grablegung vor. In den stark bewegten Gestalten spricht sich der den Spaniern eigenthiimliche Naturalismus auf das entschie- denste aus. Noch weiter als der Bildschnitzer ging hierin aber der Maler Juan de Valdes Leal, welcher die Bemalung und das Estofado der Figuren ausfihrie, wenn cr den Leichnam Christi wie in einem halb verwesten Zustande colorirt hat. Nach diesen grossen Meistern kam die Bildhauerkunst in Spanien in den tiefsten Verfall. thren Gang weiter zu verfolgen wiirde nur zu sehr unerquicklichen Resultaten fiihren, daher es hier gentigen mag, an die scheusslichen Statuen in Stein zu erinnern, welche in der Anlage vor dem kéniglichen Palast zu Madrid, oder in den Offentlichen Garlen aufgestellt sind. Einen befriedigenderen Anblick gewahren indessen die in weissem Marmor ausgefihrten Springbrunnen im Prado, die wenigstens durch ihre allgemeine Anordnung als eine Zierde dieses be- rihmten Spazierganges zu betrachten sind. Juan Pascal de Mena fertigte den Neptun, Francisco Gutierrez die Cy- bele; Alfonso Vergaz den Apollo und Manuel Alvarez. die vier Jahreszeiten dazu. Von akademisch richtiger Zeichnung sind die Slaluen an dem Monument, welches am Prado zu Ehren der am 2. Mai 1813 unter Murat erschossenen Martyrer fir die Freiheit Spa niens errichtet worden ist. Der ausgezeichnetste spanische Bild- hauer neuerer Zeit war der frih verstorbene José Alvarez, der in Rom der Richtung eines Canova, doch mit mehr Ener- gie, gefolgt. Wie wenig man indessen jetzt in Spanien das Bediirfniss hat, ausgezeichnete Bildhauer zu beschaftigen, dirfte die Thatsache beweisen, dass gegenwarlig selbst in Madrid kein nennenswerther Bildhauer aufzufinden ist. (Forts. folgt.) BéAunstiiteratur. Verzeichniss von Kupferstichen, verschiedenen Kunstolat- tern, zur Kunstgeschichte gehérigen Biichern und anderen Kunstgegenstinden, gesammelt von Dr. W. A. Ackermann Prof, — Dresden. Den Kunstfreunden ist vielleicht noch erinnerlich, wie der Besitzer der obigen Stiche schon im Jahre 1844 yon Libeck 8+