monisch im lichtbréiunlichen Ton. Nach der Anordnung der
grossen Allarblilter oder Wande, in Spanien Retablos genannt,
sind immer mehrere Bilder vereint und von einem schrag vor-
stehenden, reichverzierlen Rahmen nach oben und zu den Sei-
tun umgeben und oben gewohnlich mit einer Kreuzigung Christi
versehen, die denn hier auch nicht fehlt. Zu jeder Seite be-
finden sich drei kleine Bilder, yon denen die zur Linken sich
auf den h. Martin beziehen. Das erste zeigt iln zu Pferde,
	seinen Mantel mit einem Armen theilend. Das Costum des ju-
gendlichen Reiters ist das aus der ersten Halfte des 15. Jahr-
	hunderts und dem zweier Figuren auf bronzenen Grabplatten
ahnlich, welche sich in demselben Kreuzgang befinden und von
denen die eine die Jahreszahl MCCCCXXX..(?) erkennen lasst.
Das zweite kleine Bild stellt dar wie dem Heiligen in der Nacht
Christus, von Engeln umgeben, erscheint; und das drilte, wie
ihm auf dem bisch6flichen Silze gehuldigt wird. Die kleinen
Bilder zur Rechten zeigen erstlich, wie ein junger Mann, in
der Strasse gehend, ein Kind ausgeselzt findet; sodann wie er
auf bischéflichem Sessel von Bischéfen umgeben ist, und drit-
tens, wie er predigt. Diese Angaben verhelfen vielleicht, den
Namen des Bischofs zur Rechten zu ermitteln. Ueber den Mei-
ster dieses ausgezeichneten Werkes konnte ich selbst von dem
Geistlichen, der die Kapelle zu versehen hat, nichts erfahren.
Blosse Vermuthungen fihren aber oft zu irrigen Schlissen. In-
dessen sei es hier erlaubt, zu erwahnen, dass in Barcelona
ums Jahr 1382 ein Maler Juan Cesilles und zu Zaragoza
um 1437 Bonant de Ortega sich Ruhm erworben haben;
leider aber sind deren friher bekannten Werke jetzt nicht mehr
vorhanden, so dass eine vergleichende Untersuchung mit den-

selben nicht mehr thunlich ist.

In der Kapelle mit einem Taufstein in demselben Kreuz-
gang zu Barcelona befindet sich eine grosse Tafel mit der
Verklarung Christi, aus der zweiten Halfte des 15. Jahr-
hunderts, Sie ist in der italienischen Art jener Zeit behandelt,
aber weit roher als vorhergehendes Werk. Christus, mit er-
hobenen Hianden, steht zwischen Moses und Elias, und sonder-
barer Weise stehen auch die drei Apostel im Vordergrund da-
bei, wie im Gespriich mit ihm. Christus ist mit Tunica und
Mantel von weissem, gebliimlem Sloffe bekleidet. Der Gold-
grund hat erhéhte Ornamente, was in jener Zeit in Spanien,
wie bei uns in Deutschland, haufig vorkommt. Trotz der ro-.
hen Behandlungsweise lasst sich darin doch ein Streben nach
Grossarligkeit erkennen. Das Bild umgiebt ein Rand mit klei-
nen Figuren aus dem Wappen des Stifters.

Der italienischen Behandlungsweise des 15. Jahrhunderts
bei weitem naher stehend, vielleicht selbst von italienischen
Meistern in Barcelona gefertigt, sind einige andere Retablos
in verschiedenen Kapellen desselben Kreuzganges. So cine an-
dere, gleichfalls sehr cigenthiimlich dargestellie Verklarung
Christi. Er sitzt hier segnend, die Weltkugel in der Linken
haltend, auf einem flammenartigen Gewélke, denjenigen ahn-
lich, welche wir auf Kupferstichen der Propheten antreffen, die
von oder nach Sandro Botticelli aus Florenz gestochen sind.
Neben Christus befinden sich, ihn verchrend, Moses und Elias
auf ahnlichen Wolken, wahrend oben in kleinerer Figur Gott
Vater thront, unten die drei Jiinger steif zur Erde liegen. Das
Bild, wohl aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, ist in Tempera
auf Goldgrund gemalt.

Der toskanischen Schule verwandt ist auch die Altartafel
mit dem h. Bartolomaus und der h. Rosalia in der Mitte.
Der Goldgrund ist nach italienischer Art aus dem Anfang des
15. Jahrhunderts, mit zierlichen eingepressten Mustern уегзе-
hen; auch die Einrahmung, abweichend von den andern Rela-
blos, mehr in der toskanischen Art gehalten,
	schlagen grosser im Kampf begriffener Prinzipien. Yermochten
wir solche in der „Маше Antoinette“ nicht zu enldecken, wirkte
jencs Werk desshalb je langer je unbefriedigender auf uns, so
zieht aus dieser Schépfung, so gewaltig sie auf den ersten Blick
erschiittert, ein immer verséhnenderer Hauch, die achte Seelen-
sprache eines wahren Kunstwerkes, in unsre Brust. Hier spannt
man unser Gemiith nicht durch Ausmalen eines unentrinnbaren
Wehs auf die héchste Folter: hier ist die Katastrophe voriiber;
die beiden Opfer derselben haben ein braves, riihmliches Leben
durch minnlichen Tod beschlossen. Was bleibt da noch pein-
lich Aufregendes, wo cine Schaar so wackrer Manner die grosse
geistige Erbschaft der Heimgegangenen antrill, wo ihr Andenken
in jeder edlen Brust, tyrannischer Gewalt unerreichbar, auf dic
Nachlebenden gebracht wird?

Wir miissen hier schliessen, da es uns fast mitssig erschei-
nen will, nun auch noch von der Technik des Bildes zu reden.
Sie steht hier eben auf ihrem Héhenpunkt, indem sie nicht in
eitler Selbstherrlichkeit glinzen, sondern nur dienend den Ge-
danken verherrlichen will. Wenn wir dies von einer in ihren
Milteln beschraénkten Technik sagten, so wiirde eine solche
Selbsthingabe derselben an den geistigen Inhalt nicht so hoch
zu stellen sein. Hier aber ist sie an sich schon so vollendet,
zeigt ein so meisterhaftes Handhaben aller Mittel der Zeichnung,
Gruppirung, Licht- und Farbenbehandlung, zeigt uns jeden Pin-
selstrich so tiefgesattigt von edelstem realen Marke, dass sie
fir sich allein hoher Bewundrung wiirdig wire. Dafir spricht
denn auch die in den verschiedensten Kunstkreisen dem Bilde
gezollte Anerkennung. Und wenn es wahr ware, was Manche
gefunden haben wollen, wir jedoch mit aller Anstrengung nicht
zu entdecken vermochten, dass diese oder jene Figur sich nicht
entschieden genug vom Hintergrund lése: so ware dies als Tri-
but irdischer Unvollkommenheit anzusehn, den jedes Erzeugniss
menschlichen Geistes entrichten muss, — und der zu guter Letat
doch vielleicht gerade ein geheimnissvoll sympathischer Zug ist,
	welcher die Herzen der Menschen unwiderstehlich an sich rcisst.
W. Libhke.
	Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien.
	Yon J. D. Passavant.
	(Fortsetzung.)
	Kin anderes spanisches Gemildewerk von Bedeutung und
von noch alterthitimlicherem Ansehn befindet sich in einer der
Kapellen des an Kunstwerken so reichen Klosterhofs der Ka-
thedrale zu Barcelona. Das Hauptbild stellt zwei Bischife
in Lebensgrésse dar, die in einem grossen gothischen Sessel
neben einander sitzen. Der zur Linken mit Bischofsstab ist S.
Martinus, der andere hat keinen dergleichen, kénnte daher auch
nur ein Priester sein. Beide sind wie in ernstem, aber sehr
verlraulichem Gesprache begriffen, so dass der rechts sitzende
gar herzlich die eine Hand auf die Schulter des heil. Martin
legt und mit der anderen dessen Linke fasst, wahrend dieser
seine Rechte zum Segen erhoben hat. Wie die Bewegung, ist
auch der Ausdruck der Képfe von der lebendigsten Innigkeit
und edler Wiirde. Die Gewinder, von breitem, schénem Fal-
tenwurf des 14, Jahrhunderts, sind vortrefflich in Anordnung,
purpurn und blau, reich mit Goldmusler durchwirkt und mit Gold
breit besetzt. Das golhische Schnitzwerk des Sessels, mit klei-
nen Figuren, ist von brdunlicher, vom Tiefen ins Helle gehen-
der Farbe, wie dieses den spanischen Malern ganz cigenthiim-
lich ist. Die Darstellungsweise nahert sich mehr der italieni-
schen, als der deutschen aus dem Ende des 14. Jahrhunderts.
Die Ausfihrung in Tempera auf glaltein Goldgrund ist sehr sorg~
fallig, aber frei; die Farbung im Allgemeinen mild und har-