Schon und wtrdig dargestellt sind gleichfalls die h. Lu-
cia und der h, Sebastian auf gemustertem Goldgrund und
auch in den Gewandern mit reichlicher Anwendung des Gol-
des, wie wir es ebenso zuweilen in der alten Malerschule zu
Genua antreffen,

Dass diese Art und Weise in Spanien noch bis in das 16te
Jahrhundert ablich war, erweist sich durch den Relablo des h.
Cosmus und Damian, noch immer in demselben Kreuzgang
befindlich, indem das Ufficiam fiir diesen Altar erst im Jahre
1519 gestiftet worden ist, wie ich durch den hier fungirenden
Gcisilichen erfahren. Neben dem Bilde der Heiligen auf ge-
mustertem Goldgrund befinden sich mehrere auf ihre Legende

beziigliche Darstellungen. Das Ganze ist mit reich verzierten
Tabernakeln auf spanische Weise versehen und in denselben

die thronende Maria, mit drei Engeln zu jeder Seite.

Neben dieser bis in das 16. Jahrhundert reichenden italie-
nischen Richtung machte sich seit der Mitte des 15. Jahrhun-
derts und schon etwas friiher der Einfluss der Eyckischen Schule
in Spanien geltend. Ungewiss ist es, ob Niederlander Maler,
gleich einigen Bildhauern jenes Landes, in Spanien ihre Kunst
und die neue Weise der Oelmalerei ausgeibt und verbreitet
haben, oder ob spanische Maler nach den Niederlanden gekom-
men, um gleich dem Italiener Antonello da Messina das Ge-
heimniss der van Eyck zu erlernen. Sicher ist, dass Johann
van Eyck im Jahre 1428 nach Portugal gekommen, um das
Bildniss der Prinzessin Isabella fiir den Herzog von Burgund,
Philipp den Guten, zu malen, bei welcher Gelegenheit er dann
auch’ noch andere Bilder diirfte mitgebracht oder ausgefihrt
haben; ferner, dass Konig Johann Isim Jahre 1445 den schénen
Reisealtar von Roger van der Weide dem Aelteren dem Klo-
ster Miraflores geschenkt, der aber nicht mehr dort yorhan-
den ist. Jeden Falls hatten daher die Spanier schon in fri-
hen Zeiten Kenntniss von Eyckischen Werken. Aber es scheint
auch, dass Peter Christophsen ums Jahr 1452 in Spanien
verweilt und Schiller daselbst gebildet, wie wir dieses bei Fer-
nando Gallegos zu begriinden suchen werden. Aus diesen bei-
den Richtungen, der italienischen und Eyckischen, ging in Spa-
nien jedoch eine Mischung hervor, die mit einem Zusatz natio-
naler Eigenthiimlichkeit eine drilte Richtung erzeugte, die aber
meist nur eine sehr untergeordnete Stelle einnimmt und von
den Spaniern gewohnlich als deutsch oder Diirerisch bezeichnet
wird; jedoch auch einige Meister zahlt, die zu den ausgezeich~
netsten jener Epoche in diesem Lande zu rechnen sind.

Die frithste mir bekannte und mit einer Jahreszahl verse-
hene Malerei, im Styl der Eyckischen Schule, befindet sich an
der Wand in der schon oben angefthrten Grabnische mit der
Bronzetafel im Kreuzgang zu Barcelona, worauf die Jahres-
zahl MCCCCXXX.. zwar am Ende unlesbar war, sicher aber
уот 1450 ГАШ. Diese Wandmalerei, unzweifelhaft in Barcelona
gefertigt, stellt vier schwebende Engel in weissen Kleidern vor,
die ganz in der Eyckischen Weise behandelt sind.

Eim anderes wichtigeres Werk derselben Zeit und Richtung
ist das grosse Bild der Maria mit dem Christkinde und vor ih-
nen mehrere Personen in Verehrung, in der S. Michaelskirche
derselben Stadt. Noch wird es besonders wichtig durch die
darauf befindliche Inschrift: SVB ANNVY M°CCCC°XLY. РЕВ
LVDOVICVM DALMAV FVT DEPICTVM. — Wer dieser Maler
Ludovico Dalmau gewesen, dartiber sind wir ohne irgend
eine Nachricht; er scheint aber unmiltelbar aus der Schule der
van Eyck hervorgegangen zu sein.

In Barcelona und Valencia treffen wir in den Provinzial-
Museen, die aus den Kunstwerken der aufgehobenen Kléster
gebildet worden sind, noch manches Bild, in denen der Eycki-
sche Einfluss unverkennbar ist, doch haben sie auch spanische

 

 
	 

Eigenthtimlichkeilen, namentlich durch die darin yorkommenden
spanischen Physiognomien und dic massenhafte Anwendung des
Goldes. Ausgezeichnetes habe ich jedoch dabei nichts gefun-
den, vielmehr ist die Behandlung und Zeichnung roh zu nennen.

Auch in Andalusien verbreitete sich der Einfluss der Eycki-
schen Schule. Die friihste Spur hiervon treffen wir in Sevilla
bei Juan Sanchez de Castro, welcher in jener Stadt eine
Schule gesliftet, die diese Richtung weiter verbreilete. Vom
Jahre 1454 war ein Retablo in der Kapelle S. Joseph der Ka-
thedrale zu Sevilla, das Caen Bermudez noch im Jahre 1800 ge-
sehen, das jelzt aber nicht mehr vorhanden ist. Dieser Schrift-
steller berichtet, dass das Mittelbild eine Geburt Christi darge-
stellt habe, zu den Seiten hatten sich Propheten und Heilige
befunden, unter denen besonders eine h. Lucia geriihmt wor-
den sei. Erhalten hat sich dagegen sein colossaler h. Christoph
vom Jalre 1484 in der Kirche 8. Julian zu Sevilla, wenn
man eine im Jahre 1775 ganz iiberarbeitete Malerei so nennen
darf. Mit Ausnahme, dass die allgemeine Eyckische Dar-
stellungsweise noch erkennbar ist, lasst daher dieser Zu-
stand des Bildes kein weiteres Urtheil zu. Wie gewdébnlich
trigt der Heilige das Kind auf seiner Schuller; eigenthiimlich
aber ist, dass hier einige Pilger, die bis zu Zwergen verklei-
nert sind, sich an seinen Girtel gehangt, so die Gelegenheit
benutzend, durch den Fluss zu kommen. Francisco Pacheco
erwihnt auch eine Verkiindigung unseres Meisters in der Kirche
S. Isidoro del Campo zu Santiponce and tadelt dabei, dass bei
Maria an der Wand ein Rosenkranz hinge und der Engel in
ein Priestergewand gekleidet sei; Eigenthiimlichkeiten, die wir
in der Schule der van Eyck, wenigstens in letater Beziehung,
Ofter antreffen. Sein bekanntester Schiller war Juan Nufies,
von dem wir wissen, dass er um 1480 fiir das Oratorium der
grossen Sakristei in der Kathedrale zu Sevilla ein Altarblatt
malte, in dessen Mitte ein Johannes der Taufer und zu den
Seiten die Erzengel Michael und Gabriel, Letaterer mit Fligeln
von Pfauenfedern. Aber schon zu Anfang dieses Jahrhunderts
wurde der Retablo, als ein altes Werk ohne Werth, aus seiner
Stelle entfernt und ist seitdem verscholen. Die Kathedrale be-
wahrt nur noch ein kleines Bild von ihm in der Kapelle S. Anna.
Es stellt den vom Kreuz abgenommenen Leichnam Christi dar,
und wie er yon Maria beweint wird. Links kniet der Donatar
bei dem Erzengel Michael, rechts steht der h. Laurentius. Das
oben im Halbkreis gerundete Bildchen tragt unten die Inschrift:
Juan Nuries lo pinto. Seiner Darstellungsweise nach ist es ganz
Eyckisch, selbst in der Landschaft, aber in der Zeichnung ist
es weder so fein und scharf, noch in der Farbung so tief, klar
und harmonisch als die guten Werke jener Schule. Der Fal-
tenwarf ist zwar eckig gebrochen, doch mit Maass. Das Erd-
reich im Vordergrund ist glalt braun. Unser Meister lebte
noch im Jahre 1507, in welchem er im Kirchspiel S. Lorenzo
za Sevilla cin Haus kaufte.

Unter den Spaniern ist es aber besonders der Castilianer
Fernando Gallegos aus Salamanca, welcher der Art und
Weise der van Eyck am nachsten gekommen ist; ег scheint
selbst ein Schiiler des Peter Christophsen gewesen zu sein, in-
dem seine sitzende Maria in der Kathedrale zu Salamanca im
Wesentlichen genau mit derjenigcn tibereinstimmt, welche sich
yon jenem Schiiler des Hubert van Eyck im Stadel’schen Kunst-
institut zu Frankfurt a. M. befindet. Dass Letzterer in Spanien
sich um 1452 einige Zeit aufgchalten, wird in hohem Grade

wahrscheinlich, da zwei Fligelbilder eines Altarblattes mit dem
Jiingsten Gericht, der Verktindigung und der Geburt Christi,
und nebst Namen 1452 bezeichnet, aus Burgos in ein Frauen-
kloster zu Segovia gekommen sein soll, aus welchem sie Hr.
Frasinelli erkaufte und nach Deutschland brachte; jetzt befinden