Im Ganzen haben wir in Fernando Gallegos einen jener acht-
baren Kiinstler anzuerkennen, welche mit Talent und grosser
Gewissenhaftigkeit sehr schétzbare Werke ausgefihrt haben,
ohne jedoch, mit einem hohen Genius begabt, eine tiefe Cha~
rakteristik und aussergewohnlich Originelles erreichen zu kon-
nen. Nach Bermudez ware er zu Salamanca im Jahre 1550 in
hohem Alter gestorben, doch habe ich, nach seinen Werken
zu schliessen, Ursache zu vermuthen, dass er elwas friher
gelebt hat. . (Fortsetzung folgt.)
	Kunstwerke des Mittelalters in Osnabriick.
Von WY. Ил йе.
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	sie sich im Museum zu Berlin, Auch zu Madrid bewahrt das
kdnigl Museum vier Gemalde von ihm, Scenen aus dem Leben
Jer Maria darstellend, und nach der Meinung eines guten Kunst-
kenners sind von ihm auch jenc drei Eyckischen Bilder der
Kreuzigung, Kreuzabnahme und Auferstehung Christi in der
Grabkapelle der Kénige zu Granada, was ich jedoch nicht mit
Sicherheit bestatigen kann, da die Héhe ihres Standortes und
die sehr sparliche Beleuchtung derselben mir, selbst nach drei-
maligem Besuch, eine befriedigende Untersuchung nicht ge-
staltete.

Jenes oben erwahnte Bild des Gallegos befindet sich in der
$. Clemenskapelle ) der Kathedrale zu Salamanca und bildete
ehedem nur einen Theil eines Retablo, von dem auch einige
andere Fragmente mit ihm in einen gemeinschaftlichen neuern
Rahmen vereint sind. Maria, unter halber Lebensgrésse, sitat
auf gothischem Sessel und halt das stehende, nackte, nur leicht
bekleidete Christkind auf ihrem linken Knie, ihm ganz auf die-
selbe eigenthiimliche Weise, wie im genannten Frankfurter Bild,
eine weisse Rose reichend, nach welcher es sein Handchen
ausstreckt. Unten auf dem Boden befindet sich die Inschrift:
FERNADVS GALECYS. Die Behandlungsweise ist ganz Ey~
ckisch. Die Schatten der Carnation haben einen lichtbraunlichen
Ton; das Roth des Mantels, so wie auch das Blau des Kleides
sind mild. Die fein behandelten Besetzungen mit Gold und
Perlen und der golddurchwirkte purpurne Teppich sind, gegen
den sonst spanischen Gebrauch, ohne irgend eine Anwendung
wirklichen Goldes ausgefiihrt, nur bei den Strahlen um den
Kopf des Kindes ist es der Fall. Weder die h. Jungfrau, noch
das Christkind sind schén zu nennen. Das Seitenbild links
zeigt den Apostel Andreas, ein Buch und sein Kreuz haltend.
Der Kopf hat etwas sehr Wiirdiges in der Art der Eyckischen
Auffassungsweise. Die Flisse sind, wie auch noch bei Peter
Christophsen, ohne rechtes Verstindniss gezeichnet. Die Land-
schaft hat einen sebr braunlichen, den Spaniern eigenthiimlichen
Ton. Im Bilde rechts tragt 8. Christoph das Christkind tiber
den Fluss; dieses, weiss gekleidet, erhebt die Rechte zum Se-
gen und halt mit der Linken die Weltkugel. Der Eremit mit
Lanterne und ein junger Mensch stehen links am Ufer. Das
Nackte ist zwar mager, aber nicht eckig. Die Felsen haben
eine braune Farbe. Die Heiligenscheine sind in beiden Bildern
volle Goldscheiben, vielleicht ein spiterer Zusatz, nach spani-
scher Art. In dem neueren Rahmen sind noch ein Paar Zwickel
des alten Retablo eingelassen, den Konig David und einen an-
deren Propheten darstellend.

In Salamanca befanden sich ehedem noch mehrere Altar-
blitter des Gallegos, wie aus Caen Bermudez zu ersehen ist,
die aber jetzt nicht mehr vorhanden sind. Dagegen soll sich
in der Kapelle des Cardinals Mella in der Kathedrale zu Zamora
eines seiner Hauptwerke, ein Retablo von sechs Tafeln, erhal-
ten haben, das, um 1470 gefertigt, mit seinem Namen bezeich-
net ist.

Ein Paar Bilder von ihm in der Sammlung der Akademie
zu Valladolid werden dort dem Albrecht Direr zugeschrieben.
Es sind zwei Fliigelbilder eines nicht mehr vorhandenen Mit-
telbildes. Sie stellen zwei Bischéfe von halber Lebensgrésse
in gothischen Kirchen stehend dar. Nach den dabei angebrachien
Inschriften sind es die Bischéfe S. Leandres und S. Yndirus.
Darstellungs- und Behandlungsweise stimmen sehr mit der des
Peter Christophsen iberein, so auch der allgemeine briunliche
Ton, nur dass er weniger kraftig, als bei jenem Meister ist.
	1) Murray in seinem Handbuch Spaniens S. 295 irrt, wenn er das Bild
der Enthauptung Johannes des Taufers in derselhen Kapelle dem Gallegos
zuschreibt. Es ist ein Bild aus dem 17. Jahrhundert.
	Wenn ich schliesslich einige Nolizen uber die ausseror~
dentlich reichen Kunstschatze mittheile, welche namentlich die
beiden bis jetzt den Katholiken verbliebenen Kapitelkirchen auf-
bewahrt haben, so glaube ich einerseits durch das denselben
gebiihrende kunstgeschichtliche Interesse, andrerseits durch die
Schwierigkeiten, welche einer Besichtigung derselhen im Wege
stehen und sie den meisten Besuchern unzuginglich machen
diirfien, dazu verpflichtet zu sein. Diese Denkmiler, deren
Entstehung sich von den frithesten Zeiten romanischer Kunst-
libung bis in die letzte Epoche miltelaiterlichen Lebens er-
streckt, werden erst in ihrer Verbindung mit den vorher be-
trachteten Architekturwerken ein Bild von der Kunslthatigkeil
jenes alten Bischofsitzes gewadhren.

In Dom ist zunachst ein kupfernes Taufgefass aus ro-
manischer Zeit zu erwahnen, Dasselbe bildet, nach Analogie
der alteren Taufsteine, einen nicht sehr grossen, nach unten
verjiingten Cylinder, der auf drei Fiissen ruht. Die obere Halfte
des Cylinders ist mit flachreliefirten Darstellungen eigenthim-
licher Art bedeckt. Eingefasst werden dieselben durch zwei
Inschriften, welche bandartig das Gefiiss umziehn. Die obere
lautet ,,.4. 2. +. Quando sacramentum fit aque simplex ele-
mentum + Verbo virtutis operatur dona salutis + Nam redit ad
vitam novus et vetus interit Adam“. Die untere, in halber
Hohe des Gefasses angebrachte Umschrift nennt die Namen des
Gebers und des ausfiihrenden Kunstlers in folgenden Worten:
yt. Wilbernus Petre confert istut tibi donum + Ut per te sum-
mum possit habere bonum. Gerardus me fecit.“ Wir lernen
hier also wieder einen Erzgiesser des XII. Jahrhunderts — denn
dahin spitestens verweist der Charakter der schénen Majuskeln,
sowie der Styl der Reliefs das Werk — Namens Gerhard ken-
nen. Der Raum zwischen beiden Inschriften wird nun durch
finf auf den Scheitel gestellte Halbkreisbégen in ebenso viele
Bildfelder getheilt. Zu dieser eigenthtimlichen Anordnung kam
man vielleicht durch die Analogie der Wiirfelkapitéle, deren
ahnlich gestaltete Flachseiten man mit Bildwerken zu schmiicken
gewohnt war. Die Darsiellungen der fiinf Bogenfelder sind nun
folgende. Zuerst mit der in zierlicher Majuskel ausgefiihrten
Umsehrift: ,, Baptizatur Christus“ die Taufe des Heilandes im
Jordan. Nur der Oberkérper Christi ragt aus dem wellenartig
angedeutelen Wasser hervor; der Kopf verbindet mit wiirdigem
Ausdruck eine gewisse Lebhaftigkeit des Affekts; die ке
Hand ist ausgestreckt, die Rechte erhebt dic drei Schwurfinger.
Der Taufer Johannes erscheint erst im folgenden Bildfelde mit
der Umschrift ,, Baptista Johannes‘; er wendet sich mit freund-
lichem Ausdruck zu Christus hin, dic nicht ohne Geschick mo~
dellirte Gestalt von einem Mantel umhillt, dessen Faltenwurf
sich den Kérpertheilen gliicklich anschmiegt; der Kopf zeigt
einen christuséhnlichen Typus, und zwar ist derselbe nicht etwa
slarr und streng in byzantinisirender Art, sondern in an-