dem grossen Brande von 1666 mdégen ihm wenig eingebrachl
haben, da das ungeheure Ungliick Wohlstand und Krafte Jahmte.
Die vielen kleineren und kleinsten Prospekte, die er auf seinen
Reisen und Wanderungen an Ort und Stelle gezcichnet und nach-
her einzeln oder in Folgen radirt hat, namentlich seine Rhein-
ansichten, zeigen mit welchem Geftthl er die herrliche Natur
deutscher Stromufer und Gegenden in ihrer, selbst unter den
Stiirmen des wildesten Krieges stets sich gleich bleibenden Ruhe
und Lieblichkeit aufzufassen und wiederzugeben verstand. Wie
Reizendes wussle er mit den einfachsten Milleln zu schaffen,
wie kalt und seelenlos erscheinen dagegen unsre prunkenden
Stahlstiche, mit ihrer fabrikmassigen Glitte und ihrer Effekt-
hascherei! Ausserdem hat er sich besonders um die kirchlichen
Gebaude und Monumente des Miltelalters in England, welches
daran so reich ist, verdient gemacht; die Verfasser der grossen
historisch antiquarischen und topographischen Werke, welche
damals dort erschienen und noch jetzt eine Zierde der Biblio-
theken sind, wie Dugdale und andere englische Gelehrte, wahlten
ihn vor allen fir die bildliche Ausstaltung dieser Werke, die
den Werth derselben nicht wenig erhdht hat, und seinen er-
staunlichen Fleiss am deutlichsten sichtbar macht. Schade, dass
sein damals so ungliickliches Vaterland nicht im Stande war,
ihm auf dem anliquarischen Felde cine lohnende Beschaftigung
zu geben, die so Vieles scildem unlergegangene wenigstens im
Abbild wirde erhalten haben, Was er in England fir Buch-
handler zu kosmographischen und Reisewerken, zu Uebersetzun-
gen klassischer Dichter und sonst, oft in grosser Fille gearbeitet
hat, ist von geringerer Bedeutung, theils weil der Gegenstand
nicht seiner Neigung und seinem Talent entsprach, theils weil
er den Zeichnungen miltelmassiger Kinsller folgen musste, und
der leidige Broderwerb ihmkeine an dre Wahl gestattete. Diese
Arbeiten sind in den der Vergessenheit anheim gefallenen Bi-
chern versteckt geblieben und kommen einzeln in Kupferstich-
Sammlungen als Rarilaten am sparlichsten zum Vorschein.
Bisher gab es keinen Fihrer durch dieses Labyrinth, als
den oben schon als mangelhaft und wenig brauchbar bezeich-
neten englischen Katalog von Vertue. Um zu einem besseren,
dem jelzigen Stande der Kupferstichkande angemesseneren zu
gelangen, bedurfte es freilich andrer Erfordernisse, als mit denen
bisher die meisten Unternehmer ans Werk gingen. Hier reichten,
um Volistandigkeit zu erlangen, selbst die grossen in Berlin,
Dresden, Wien und an andern Orten Deutschlands befindlichen
éffentlichen und Privat-Sammlungen als Grundlage nicht aus;
die hauplsichlichsten fir unsern Hollar befinden sich in Eng-
land, wo er die ganze zweite Halfte seines Lebens zubrachte
und starb, namenilich im Britischen Museum, in Windsor und
bei Sir Francis Graves in London. Alle diese mussten von dem
Verfasser bereist werden, der selbst Paris nicht vorbeiging, wenn
auch nur um sich zu iiberzeugen, dass dort fiir Hollar am we-
nigsten zu holen sei; der grésste und mihsamste Theil der Ar-
beit, das Beschreiben, Messen, Vergleichen, musste in den Samm-
lungen selbst, nicht immer auf die bequemste Weise geschehn,
des damit verbundenen Aufwandes an Zeit, Kosten und einlei-
ienden Bemithungen nicht zu gedenken. Als bekannter Gelehrter,
als Kunstfreund und Kenner mit den dazu erforderlichen viel-
зешоеп Kenntnissen ausgeriistet, an Pinktlichkeit und Zuver-
lissigkeit schon durch sein Hauptgeschaft gewolnt, hat der Ver-
fasser seinem Katalog neben der Vollstandigkeit eine Gediegen-
heit gegeben, die nichts zu wiinschen tbrig ldsst, und ebenso
ist diesem die seltene Vereinigung des Schriftstellers und Buch-
handlers in einer Person, in der Einrichtung des Druckes und
seiner lypographischen Erscheinung zu slatlen gekommen. Die
Anordnung einer so grossen Anzahl der verschiedenarligsten
Blatter halte ihre eigenthtimlichen Schwierigkeiten. Um die
		Uebersicht und Auffindung in dem Hauptverzeichniss méglichst
zu erleichtern und demselben eine feste und konsequente Basis
zu geben, ist mit Recht einer Klassifikation nach Inhalt und Ge-
genstand der Vorzug gegeben worden, deren Haupt- und Un-
terabtheilungen aus dem voranstehenden Index zu ersehen sind.
So wtinschenswerth es in einer Hinsicht gewesen wire, wenn
die Vertuesche Kiassifikalion und Numerirung, nach der die
Sammler bis dahin thre Blatter geordnet und bezeichnet hatten,
hatte beibehalten werden kénnen, so entsprach sie doch in jeder
andern Hinsicht za wenig ihrem Zweck und mnsste daher auf-
gegeben werden. Ohne grade behaupten zu wollen, dass die
an ihre Stelle getretene auch wirklich in allen Stiicken die beste
sei, so ist sie doch jedenfalls die bessere und welche auch
immer hatte gewahlt werden kénnen, so war es doch tiberall
dabei unvermeidlich, dass manches aus seinem ursprtinglichen
Zusammenhang gerissen und von einander getrennt werden musste,
was von Hause aus in Buchern oder Folgen vereinigt war,
oder was der Sammler, aus Riicksicht auf Form oder sonstige
Gleichartigkeit, in seinen Cartons nicht lieber nebeneinander
gestellt hilte. Indess ist durch die Hilfsregister am Schlusse
des Buchs fir jedes Bedirfniss Vorsorge getroffen, Das erste
derselben enthalt die chronologische Folge der Blatter nach den
Jahren ihrer Entstehung und Herausgabe, so weit diese angegeben
sind, das zweile ein Verzeichniss der Kunsthandler ) und der
mit ihrer Adresse vorkommenden Blatter, das dritte dic fort-
laufenden Nummern des Vertueschen, mit Gegenitberstellung der
Nummern des neuen Katalogs. Endlich macht es ein alphabe-
tisches Gencral-Register leicht, nicht nur jedes Blatt nach seinem
Namen, Inschrift oder Gegenstand in dem Katalog sogleich auf-
zufinden, sondern alles was im Original einerlei Maler oder
Zeichner, oder einerlei Gemalde oder Kunstsammlung, oder einem
und demselben Buche angehért, wieder zu yereinigen. Die Be-
schreibungen der Blatter sind in mdglichster Ktirze deutlich und
volilstindig genug, um jedes danach herausfinden und erkennen
zu kénnen. Bei der héchst seltenen Folge der Muscheln ohne
Namen, sind statt der Beschreibung verkleinerte Umrisse bei-
gefiigt. Die Bezcichnungen des Malers, Stechers, Verlegers
mit ihren Jahrzahlen sind genau und vollstindig angegeben, Be-
zeichnungen des Gegenstandes, oder Dedikationen, ebenso oder
wenigstens der Hauplsache nach, soustige Inschriften und Verse
meist nur mit den Anfangs— und Schlussworten. Die Grosse
ist iberall nach dem Preussischen (Rheinlindischen) Fuss ge-
messen, obwohl es den Liebhabern, besonders auslandischen,

angenchmer gewesen sein wiirde, ware dies nach dem alten
pariser Fuss geschehn, der durch Bartsch zum Normalmaass

fir Kupferstiche geworden ist, und von welchem nur die Eng-
lander, jetzt aber selbst die Franzosen abgehn. Wo die Authen-
tizilat eines Blattes zweifelhaft war, ist solches in der Regel
angemerkt, Blatter die entschieden nicht von ihm, wenn sie ihm
hie und da auch zugeschricben werden, sind weggeblieben.
Die Angaben der Abdrucksgatlungen mit Veranderungen im Stich,
die das Steckenpferd unsrer heuligen Kupferslichkenner, bei
Hollar aber weniger haufig sind, sowie die Kopien nach seinen
Radirungen, diirften noch mancher Zusitze fahig sein. Mehrere
Blatter mit Nachtragen, am Schluss des Buchs, sind nur auf
einer Seite bedruckt, damit sie auseinander geschnilten und den
betreffenden Nummern in demselben unmiltelbar beigefiigt werden
konnen. Ueber Hollars eigenhandige Bezcichnung seiner Blitter,
so sorgfallig sie auch bei jeder Nummer im Katalog angegeben
ist, ware in der Vorrede wohl im Allgemeinen ein Wort zu
	1) Dieses Register wirde noch interessantcr sein, wenn daraus, soweit
méglich, bei jedem Kunsthandler auch die Jahre seines Bestehens oder seiner

Thitiekeit als solcher zu ersehen warcn,