sem Gemalde eine der ersten Stellen unter den Werken des
Meisters an. — Der zartesten Empfindung voll ist in derselben
	Kathedrale das Altarblatt mit dem Schutzengel Gabriel, den klei-
nen Tobias fiihrend. — Ein Museum von Werken des Murillo
war die Kirche S. Georg der Caridad in Sevilla und noch be-
wahrt sie deren mehrere sehr ausgezeichnete. Sie sind alle
zwischen den Jahren 1674 bis 1680 gemalt und etwas brviter,
weniger sorgsam, als die zuvorerwahnten ausgefihrt. Das be-~
rtihmleste derselben ist: wie Moses Gott fir die Gabe des Wassers
in der Wiiste dankt, cine ausgedehnte Composition, wo jedoch die
schon gedachte Hauptfigur in der Ferne und daher sehr unterge-
ordnet erscheint, wahrend im Vordergrunde das den Durst stillende
Volk auf das lebendigste dargestellt ist und die Aufmerksamkeit
des Beschauers hauptsichlich auf sich zieht. Mit Recht ist des-
halb dieses Bild nur unter dem Namen ,,Za sed“, der Durst,
bekannt. Die breite Ausfiihrung ist fiir die Stelle in der Hohe,
wo es sich befindet, wohl berechnel; das Colorit und klare Hell-
dunkel bewundrungswiirdig und weil besser als in dem Gegen-
stiick, der Bergpredigt, von einem elwas schweren Ton und
ailnlicher, genremassigen Darslellungsweise, welche tibrigens im
Allgemeinen den Standpunkt bezeichnet, von welchem die 5ра-
nischen Maler jener Epoche, die historischen, biblischen Gegen-
stinde aufgefasst haben. Einige kleinere Bilder daselbst, wie
das der Verkiindigung und die Knaben Jesus und Johannes, sind
zwar liebliche Erscheinungen, streifen aber schon sehr an’s
Siissliche im Ausdruck und an’s Verblasene in der Behandlung.

Mchrere Gemalde ersten Ranges in dem Provinzial-Museum
zu Sevilla stammen aus der dortigen Capuzinerkirche und wur-
den zwischen den Jahren 1670 bis 1680 gefertigt. Vor der Be-
setzung jener Stadt durch die Franzosen unler dem Marschall
Soult wurden sie nach Cadix gefliichtet und so dem Vaterlande
erhalten. Dass sie jelzt im Museum eine Stelle gefunden ha-
ben, wo sie, gut beleuchtet, den Kunstfreunden unverktim-
merten Genuss gewdhren, verdanken wir dem patriotischen Eifer
des Don Manuel Lopes Cepero, Canonicus der Cathedrale, cinem
eben so grossen Freund der Kunst, als aufgeklartem Ehren-
manne. Im Museum befinden sich drei ausgezeichnete Bilder
der Conception, von denen das eine von colossaler Dimension,
auch von sehr imposanter Wirkung ist. Die h. Jungfrau steht
hier auf dem Vollmond, von vier Engelknaben in Wolken um-
geben und wie fiirbittend herab zur Erde blickend. G. Wein-
hold hat eine schéne Lithographie danach gefertigt. Ein an-
deres Bild der Conception, mit Figuren von Lebensgrésse, ist
eins der schénsten dieses Gegenstandes und sehr reich in der
Composition durch die dic h. Jungfrau umschwebenden Engel-
knaben, von denen einer einen Palmaweig hall. Ihr Ausdruck
ist tiberaus beseelt, das Colorit von der gréssten Feinheit und
Harmonie; dabei ist es vortrefflich erhalten. Dieses kann nicht
von dem dritten Bilde derselben Darstellung gesagt werden, da
es durch Reinigen sehr gelitten hat. Die h. Jungfrau, auf cinem
Drachen stehend, sicht hier schmerzlich gen Himmel, wo Golt
	Yater, von Engeln umgeben. — In dem Bilde der Geburt Christi  
	hat Murilio mit vielem Glick die Nacht des Coreggio nachge-
almt und ihm vielleicht noch einen griésseren Zaubcr des Co-
lorits verlichen. —- Eines seiner bewunderungswiirdigsten Ge-
malde ist aber das des h. Franziscus, welcher in gélllicher
Liebesgluth den an’s Kreuz geschlagenen Christus umfasst.
Dieser, sich zu ihm hinneigend, hat seinen rechten Arm vom
Kreuze abgelést und legt ihn auf die Schulter des Heiligen.
Ks ist nicht méglich, die Empfindung beseelter darzustellen und
dem Colorit mehr Feinheit und Gluth zu verleihen, als es hier
geschehen; besonders aber, die schwierige. Aufgabe, die in der
Ausfithrung leicht abgeschmackt werden kann, mit mehr Wirde
und Adel véllig befriedigend, selbst zum Entzticken zu Isen,
	Hier offenbart sich auf’s glanzendste das feine Gefiihl und die
auf Wahrheit beruhende Begeisterung, welche Murillo vor so
vielen anderen hochbegabten Kiinstlern auszeichnet. — Von
abnlicher Richtung und gleichem Verdienst im Colorit sind ein
Joseph, das Christkind in den Armen haltend; und еш В. Ап-
tonius von Padua, bei dem es auf einem Buche liegt. Sodann
der h. Felix de Cantalico, welchem Maria das Jesuskind in die
Arme gelegt hat. — Zuletzt erwahnen wir aus dieser cinzigen
Galerie von Gemalden des Murillo die Darstellung, wie der В.
Tomas de Villanueva den Armen Almosen austheilt. Der Bi-
schof, in schwarzem Kleide, ist uniibertrefflich im Ausdruck
edlen Mitleidens, indem er einem fast entbléssten Krtippel, der
vom Riicken gesehen wird, ein Goldsttick hinreicht. Links zeigt
eine Multer hocherfreut ihrem Knaben das erhaltene Gold. Unter
den Armen rechis ist, wie in dem Bild der h. Elisabeth, ein
Knabe mit Grindkopf. Die sorgfallige Ausfihrung und das Hell-
dunkel, besonders in der Architektur, sind bewunderungswiirdig.

Von den vielen Gemalden Murillo’s in dem kénigl. Museum
zu Madrid verdienen folgende eine besondere Erwahnung: Sehr
schén sind zwei Bilder der Conception; bei der cinen halien
Engelknaben die Symbole der Passion; bei der anderen und
vorztiglicheren umschweben deren fiinf, einen Palmzweig, Li-
lien und Rosen hallend, die h. Jungfrau; es ist zugleich vor-
trefflich erhalten. — Das Bild der h. Anna, wie sie der klei-
nen Maria im Lesen Unterricht gicbt, gehdrt der schdnsten
Zeit des Meisters ап. Reizend ist der tiberéeugende Ernst der
Mutter, der feine Sinn Jeichter Auffassung bei der Tochter.
Alles ist edel, wahr und schin. — Ausgezeichnet in anderer
Weise sind auch die Gemalde wie die h. Jungfrau mit dem
Christkind, von Engeln umgeben, dem h. Bernhard erscheint,
und das, wie sie dem h, Ildefonso cin Priestergewand tber-
giebt. Letzteres ist jedoch nicht nur etwas schwarz und schwer
in den Schatten, sondern es hat auch Maria zu sehr nur das An-
sehen einer braven Birgersfrau und der Heilige freut sich zu
irdisch tiber das Geschenk. Dieser Realismus und auch das
Schwere in der Farbung weisen diese Bilder in die frihere
Zeit des Meisters. Von spielendem Farbenreiz ist dagegen das
kleine Bild des Martyrthums des h. Andreas und von sprechend
wahrem Ausdruck und voll Humor das Portrait des P. Caba~
nillas, Klostergeistlichen der Descalzos.

Das National-Museum in S. Trinidad zu Madrid hat nur
ein Bild des Meislers von Auszeichnung, das ,Jubileo de la
Porciuncula“ darstellend. Oben, von einer Glorie von Engel-
knaben umgeben, knict die h. Jungfrau vor Christus, welcher
	das Kreuz half. Unten kniet mit ausgebreileten Armen der В.
	Franziscus, nach dem Heilande blickend, wahrend Engel! Rosen
auf den Altar streuen. In Anordnung und dem kraftigen Ton
des Helldunkels hat dieses Gemalde Aehnlichkeit mit dem des
В. Antonius in Sevilla, ist ihm aber in jeder Beziehung unter-
geordnet.

In der Galerie der Akademie zu Madrid sind die zwei Li-
netten oder halbrunden Bilder aus der Kirche S. Maria la Blanca
aus der besten Zeit des Meisters, vom Jahre 1665. Sie bezie-
hen sich auf die Griindung der Kirche 8. Maria maggiore zu
Rom. Das erste stellt die Vision eines rémischen Patriziers
dar, dem Maria im Traume erscheint; das andere dessen Be-
such bei dem Papst, der den Traum auslegt und ihn auf die
Griindung jener Kirche bezieht. Leider wurde eines dieser
Gemalde durch das Reinigen ganz verdorben. Ein drittes vor-
ziigliches Bild daselbst vom Jahre 1674 befand sich echedem in
der Caridad zu Sevilla und stellt die h. Elisabeth dar, welche
Diirftige und Kranke pflegt, worin der Knabe mit dem Grind-
kopf so wahrheitsgetreu dargestellt ist, dass er schon eben so
viel Bewunderung, wie Ekel erregt hat. Uebrigens zeigt sich