selbst zum Muster. Am besten ist es, wir gehen hier auf Pli-
nius zuriick, da wir ihn ja als die klassische Quelle betrachten
kénnen. Die Villagarten der Romer entstanden offenbar aus
dem Bedirfniss, die Umgebung der Gebaéude mit der edlen
Pracht dieser selbst in Einklang zu bringen, und die kunstvolle
Regelmassigkeit dieser Garten darf uns nicht wundern, wenn
man annimmt, dass die Rémer den Gartenplatz als Fusshoden
betrachteten und, da er in simmtlichen Prachtgebaéuden aus
Mosaik bestand, im Freien dieselben Formen und Bilder anwen-
deten, so gut es sich aus Bux und mit der Scheere des To-
piarius ausfihren liess. Wenden wir dieses Uebertragen der
architektonischen Verzierungen in den Garten auf unsre Burgen
an, was in Ermangelung von etwas Besserem immer noch die
sicherste Grundlage gewahrt, so giebt sich daraus von selbst
die einfache Regel, dass der Plan eines Burggartens die dazu
geeigneten Formen und Verzierungen von der Architektur der
Burg selbst und von dem Styl, in welchem sie erbaut ist,
-entlehnen soll. Merkwtirdigerweise wird dieser Vorschlag durch
die herrschende Mode begiinstigt, die in Blumengarten die kiinst-
lichen Formen auffaliend bevorzugt. Ich will diesen kinstlichen
Garlen keineswegs das Wort reden und bin aus Neigung mehr
fiir einfachere Formen; wenn man aber einmal kiinstliche Garten
auf den Burgen will, so sind die vorgeschlagenen, von der Ar-
chilektur des Baues selbst enilehnten Formen die cinzigen,
welche einen verntinfligen Grund haben.

Die meisten Burgen, deren Ruinen reslaurirt werden, sind
zur Zeit des deutschen (gothischen) Baustyls entslanden und
werden, wenn auch mit modernen Zuthaten, in dieser Weise
erbaut, Es wird nicht schwer halten, unter den zahlreichen
Zierralthen dieses Baustyls Formen herauszufinden, die sich fir
die innere Eintheilung einer kleinen Blumenanlage eignen. Hat
doch die Baukunst viele davon erst von den Pflanzen, Blumen
und Blittern enllehnt. Ich crinnere nur an die stern- und ro-
seltenartigen Fensler, an die wie ein Kleeblatt geforiten Kreuze
und Fenster, Formen, die sogar in den modernen Blumengéarten
bereits vorkommen. Diese und ahnliche Figuren werden mit
Bux auf einem schénen kurzen Rasen gezeichnet und reich mit
niedrigen Blumen besetzt, so dass sie auf der Rasenwand gleich-
sam farbige Fenster vorstellen. Will oder soll man die Gar-
tenanlage in eine besondere Beziehung mit der Familie des Be~
sitzers oder der Geschichte der Burg bringen, so lasst sich
(jedoch nicht immer) aus Bux und Blumen zur Noth auch ein
Wappen bilden, sollten auch Thiergestallen darin vorkommen;
denn dass die Kinstelei des Plinius, der allerlei Thiere aus
Bux auf seinem Xystus formen liess, auch von unsern Zeitge-
nossen verstanden wird, zeigen ahnliche Tandeleien in den sonst
so reizenden Anlagen von Glienicke bei Potsdam. Solche Fi-
guren miissen aber durchaus von der Héhe gesehen werden
kénnen und miissen mit der Umgebung harmoniren, nicht aber,
wie es z. B. in Hohenschwangau der Fall ist (oder war?), von
prachtigen Waldbéumen umgeben sein. Meine unmaassgebliche
Meinung ist freilich, dass solche Spielereien besser wegfallen
und nur geduldet werden kénnen. Ein solcher kiinstlicher Garten
dirfte nicht gross sein, weil er sonst missfallt und die Aus
fiihrung schwierig wird. Als Umgrenzung méchte ich an zwei
oder drei Seiten einen nach innen offenen Laubengang vor-
schlagen, und zwar aus zierlichem Gitterwerk gebildet, denn
die sonst so schéne und beliebte italienische Pergola (freiste-
hende Veranda) war als Zierde in den transalpinischen Garten
nicht eingefiihrt.

Burgen und Ruinen aus der Zeit des alteren byzantinischen
Baustyls giebt es nur einige in Deutschland und unter diesen
hat nur die Wartburg bei Eisenach den Stirmen von fast acht
Jahrhunderlen getrotzt. Eine Restauration und in Folge dieser
	14. Jahrhundert seinem Verfall zuncigle, entslanden hie und da
kunstvollere Garten, und zwar nach italienischen Mustern, wie
es bei der fortwahrenden Verbindung mit Italien durch die
Geistlichkeit und Kriege kaum anders sein konnte. Dass diese
aber nicht hiufig waren, lasst sich auch ohne bestimmte
Nachrichten aus der ganzen Zeitrichtung schliessen. Jene ila-
lienischen Garten waren eine Frucht der geistigen Erhebung
Italiens durch das Studium der alten Klassiker, insbesondere
der merkwiirdigen Briefe des jiingeren Plinius, in welchen er
seine beiden Villen Tuscum und Laurentinum auf das ausfihr-
lichste beschreibt, wodurch man einen Begriff von den rémi-
schen Garten bekam. Vielleicht blieb auch beim Verfail Roms
einiges der Art leidlich erhallen, das dann anderswo zum Vor-
bild diente und namentlich in Kléstern nachgeahmt wurde, und so
bildete man nach diesen Resten, im Verein mit den Andeutungen
in den Plinianischen Briefen, die neuen Garten. Bekanntlich
waren diejenigen der Rémer eine Art Mosaikarbeit aus Bux,
Rosmarin und andern immergrinen Holzarten angelegt und mit
Hecken, verschnillenen Baumen, Laubengingen und Wasser-
kiinsten reichlich versehen ). Achnliche, jedoch nicht ganz
so kiinstliche Garten enlstanden zuerst in Toskana, Ferrara und
bei andern bluihenden Stadten Oberitaliens, und diese wurden
die Muster fir alle nordischen Burggarten. Der siidliche, klas-
sische Anflug ging freilich bei der Versetzung iiber die Alpen
verloren und die nordischen Anlagen zeigten am Ende weiter
nichts als Taxus- und Fichtenhecken, die irgend eine geome-
trische Figur vorstellten.

Das ist so ziemlich Alles, was wir tber die Garten der
Burgen wissen. Welche Art sollen wir nun bei der Restaura-
tion nachahmen? Der einfache Garten der friihen Ritterzeit
verdient doch sicher keine Nachahmung und allenfalls kann ihn
der Garten des Kastcllans auf den modernen Burgen vertreten.
Weit eher wiirde ich mich blos fir den Fliederbusch und die
Linde entscheiden. Ich méchte iberhaupt anrathen, auf allen
Burgen, wo kein iiberfliissiger Platz und nicht hinreichend Was-
ser ist, die eigentlichen Garten ganz wegzulassen, und zur
Ausfillung leerer Platze und Winkel, sowie zur Hebung der
Gebaiude, oder um einen schalligen Platz zu gewinnen, blos
einige passende, ecinheimische Biume und Straucher auf eine
ungesuchte, die Gebiude nicht verbergende Art, so wie Epheu  
in Menge anzupflanzen, einige Plitze mit Rasen zu verzieren,
wodurch zugleich der in alten Burgen gewiss nie fehlende
Bleichplatz versinnlicht wird, die Wege dazwischen nur als
Verbindungswege zu betrachten, sie nur massig zu kriimmen
oder mit den Gebauden parallel laufen zu lassen, endlich auf
passenden Stellen den Rasen mit ungekiinstelten Blumenbeeten
zu schmticken, wobei Rosen, Lilien und Kaiserkronen zwar
bevorzugt, neuere Blumen aber nicht ausgeschlossen werden
dirfen, Ist Platz zu einem Laubengange vorhanden, so mag
ein solcher an die Verhindung des Ritterthums mit dem Orient
erinnern. Fiir einige kleine Lauben wird sich gewiss iiberall
ein Platz finden. Diese Lauben diirfen aber ja kcine Aehnlich—
keit mit dem altfranzésischen Berceau haben und aus Hecken
von Hainbuchen und Linden gezogen sein, sondern miissen mit
zievlichen Kletterpflanzen, wo es die Lage erlaubt besonders
mit Kletterrosen und Weinreben, bekleidet werden. Will man
aber einen Schritt weiter gehen und einen wirklichen Garten
auf der Burg anlegen, so nehme man nicht die verungliickte
Nachahmung des ilalienischen im Norden, sondern vielmehr jenen

 
	1) Schinkel hat, wie so mancher Andere, eine ideale Restauration
dieser beiden Villen nach dem Urtext der Briefe versucht, und dabei auch

die Garten sehr sinnreich ausgefiihrt. Seine schonen Entwirfe befinden sich
in dem (in Potsdam bei Riegel erschienenen) Architektonischen Album.