Haupt brennende Krone krampfhaft gepackt, und wahrend zur
rechten Seite ein Diener beschaftigt ist, den auf einem Fels-
block ruhenden Fuss des Herrn mit dem Sporn zu riisten, steht
zur andern Scite, das Haupt gesenkt, der Arzt, schweigend
den Worten des ungliicklichen Konigs zuhGrend:
	— ,Kannst du den Schmerz

Des tiefverwnndeten Gemith’s nicht stillen?
Nicht einen Gram, der in der Seele wurzelt,
Ausreissen und der Stirne Furchen glalten,
Und hast du keinen Balsam, der den Krampf

Des schwer gepressten Herzens mildern kénnte?
Wirf deine Medizin den Hunden vor!

Ich mag sie nicht! — Legt mir die Ritstung an!
Und geht mir meinen Stab! —

So will ich fechten, bis das Fleisch mir yon
Den Knochen abgehackt ist! — Meine Ristung!* —
	Hoch tiber dieser Gruppe schweben als luftige Gestalten die
mahnenden Geister der durch Macbeth’s Mérderhand Gefallenen.
In der Milte tber seinem Haupte thront Kénig Duncan; vor-
wurfsvoll blickt der greise Herrscher auf seinen Mérder herab,
den tédilichen Stahl tief in der Brust und auf die Falten des
Gewandes tropft das Blut aus klaffender Wunde. Von ihm links
erblicken wir den Geist der, durch eigene Hand gefallenen
Lady Macbeth, rechts die diisteren Gestallen der schlafend er-
mordeten Wachter und neben ihnen erscheint Banquo, seine
gekrénten Kinder noch im Tode beschirmend.

In dieser schén durchdachten und in der Zeichnung treff-
lich ausgefihrten Gruppe, folgte der Kinstler wieder der ihm
unverkennbar eigenen Vorliebe, die innere Bedeutung der in
der Composition zur Anschauung gebrachten Wirklichkeit durch
eine rein tibersinnliche Zulthat dem Auge des Beschauers zu
vergegenwartigen und zu erkléren, wie das auch auf allen Bil-
dern der Fall ist, welche er fiir das Berliner Museum compo-
nirt hat.

Schauen wir jetzt noch ecinmal auf die Reihe von bildlichen
Darstellungen, wie sie sich vor unseren Blicken entrollten, zu-
riick, so gelangen wir zu dem Resultate, dass die grossen Er-
wartungen, die sich an die Lésung der vorgezeichneten Auf-
gabe kniipflen, bereits in schénster Weise begonnen haben,
sich zu erfillen. Es wird nur der cine Wunsch rege, dass die
Forderung des Werkes durch dussere Verhiltnisse nicht ge-
stort, und so uns bald die Freude gegénnt werden mége, ,un-
sern® Shakespear illustrirt zu besitzen.

In Betreff der Vervielfaltigung verfolgt Kaulbach seit lan-
gerer Zeit bereils einen eben so neuen als in seinen Conse~
quenzen bedeutungsvollen Plan. Nicht Stahlstiche oder Litho-
graphien sollen dem Publicum tbergeben werden, sondern man
beabsichtigt die Verbreitung durch Photographien zu bewerk-
stelligen, die, in vollendetster Weise hergestellt, nicht nur die
Urspriinglichkeit der Zcichnung bewahren, sondern auch durch
Schnelligkeit der Anfertigung und die dadurch hedingte Er-
miassigung der Kosten nicht wenig zur Forderung eines so be-
deutenden -Unternehmens beitragen werden.

Seit langerer Zeit ist Hanfstangl, der sich durch seine
lithographischen und galvanographischen Arbeiten verdiente An-
erkennung erworben, unterstiilzt von Liebig, dem bedeutend-
sten Chemiker der Gegenwart, mit griindlichen Versuchen in
diesem neuen Zweige beschafligt, und schon sind an Scharfe
und Dauerhaftigkeit Resullate erzielt worden, die an der gliick-
lichen Ausfiihrung des Vorhabens kaum noch einen Zweifel zu-
lassen méchlen. So also kénnen wir nach jeder Richtung hin
mit freudiger Zuversicht hoffen, dass das eifrige Streben der
	Meister durch die giinstigsten Erfolge gekront sein wird.
0. v. Sehorn.
	Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien.
	Von J, D. Passavant,.
(Fortsetzung.)
	Bis um diese Zeiten stand die Malerei bei den Spaniern
nur im Dienste der Kirche oder wurde, mit Ausnahme von Por-
traits, nur zu heiligen Gegenstinden verwendet. Hierdurch
blieb sie, bei der zugleich sehr strengen Handhabung des De-
corums durch die Geistlichkcit, stets keusch, erhob sich der
Maler Phanlasie ausschliesslich zur Exlase. Das heitere Spiel
und die Lebenslust in profanen Gegenstinden der italienischen
Kunst fanden in Spanien selbst unter Karl V wenig Anklang, als
dieser um 1530 durch die Maler Julio und Alexander,
Schiller des Giovanni da Udine, in der Alhambra und sonst
Arabesken in der Art der Raphaelischen Loggien hatte ausfiih-
ren lassen. Ferner huldiglen dic Maler Spaniens zu allen Zeiten
mehr oder weniger dem Naturalismus, daher sie nie zu einer
idealen Schénheit gelangten; dagegen aber dadurch abgehalten
wurden, in die grossen Verirrungen der Manier zu verfallen,
wie wir dieses anderwarts durchgingig in der zweiten Halfte
des 16. Jahrhunderts, jetzt mit Widerwillen, wahrnehmen. Die
spanischen Maler folgten vielmehr auch noch in dieser Zeit, in
welcher sie meistens ihre Studien in Italien machten, einer ge-
sunden Darstellungsweise und liessen die Ausschweifungen der
damals herrschenden Manier nicht bei sich aufkommen. Selbst
der talentvolle, aber excentrisch originelle Dominico Theo-
tocopuli, genannt el Greco, Schtiler des Titian, der bis
1625 viele und grosse Werke in Spanien ausfiihrte, ist fast
ohne Einfluss auf die Kinstler jenes Landes geblicben. Ein
Paar Niederlinder yon ausgezeichnelem Talent, die sich in Se-
villa niedergelassen, wurden durch die hier herrschende Rich-
tung in der Kunst abgehalten, in die Verirrungen ihrer Lands-
leute im Vaterlande zu verfallen. Es sind dieses Pedro Cam-
paiia aus Briissel, geboren 1503, gestorben 1580, und Fer-
dinand Sturm aus Ziriksee. Ersterer malte viele Kirchenbilder
in Sevilla, von strenger, oft etwas harter Zeichnung. In allen
Theilen ausgezeichnet ist jedoch seine, dem Marcantonischen
Stich nach Raphael in etwas nachgebildete Kreuzabnahme, die
er 1548 fiir die grosse Sakristei der Kalhedrale gefertigt und
welche selbst von Murillo so bewundert wurde, dass er dfter,
davor stehend, gesagt: ,er warte, bis der Heiland vom Kreuze
abgenommen sei*. Der Retablo des anderen Malers in dersel-
ben Kathedrale hat zum Hauptgegenstand die Messe des h. Gre-
gor und die Auferstehung Christi; die vier sitzenden Evange-
listen zu den Seilen sind denen des Julius Romanus, welche
Agostino Venetiano gestochen, nachgeahmt. Das Werk ist be-
zeichnet: Hernandus Slurmius Ziriczeencis faciebat 1655. Es
ist in niederlandisch -italienischer Weise sehr tiichtig ausge-
Гарт. Kehren wir zu den Spanicrn zuriick.

Von Pablo de Cespedes, geboren 1538 zu Cordova,
geslorben 1608, sind in der Raphaelischen Weise in der Ca-
pelle des Capitols der Kathedrale zu Sevilla vier allegorische
Figuren von Tugenden in Fresco gemalt, worin er sich auch
friiher in Rom als Meister bewahrt hatle. Er war ein Mann
von vielseitiger Bildung, Architekt, Bildhauer, Maler, Poet und
Kunstschriftsteller. In Cordova ertindete er cine Kunstschule
	in der italienischen Richtung.
Juan Pantoja de la Cruz, der um dieselbe Zeit in Ma-
	drid blihte, behandelte besonders Portraits mit vielem Geschick,
die jedoch mit denen des Alonso Sanchez Coello, der 1590
in Madrid gestorben, nicht den Vergleich aushalten. In seinen
historischen Bildern folgte Pantoja der Art des Zuccaro, doch
ist seine Zeichnung und Modellirung schwach, seine Farbung