seum zu Madrid von der gemeinsten Naturwahrheit. Selbst in
Spanien diirfte es Miihe kosten, eine solche gemcine Natur
unter den Mannern zu finden. Oefter gefiel er sich auch in
Schauder erregenden Scenen. So in der Schindung des Apo-
stels Bartholomaus, wbrigens eines der ausserordenilichsten
Bilder unter den 53, welche jenes Museum von diesem Mei-
ster aufzuweisen hat. Ribera ist hier ganz in seinem Element,
denn seine ganze Energie zeigt sich in der lebendigen Wahr-
heit der gemeinen Henker; in seiner griindlichen Kenntniss der
Anatomie in dem Geschundenen; in seiner grossen Kunst im
	Helldunkel und seiner Meisterschaft in der Ausfihrung.
(Fortsetzung folgt.)
	“eitunge.
	W, Sinfterdait im Februar. In der hiesigen Kunstwelt herrscht
eine ziemliche Stille und seit der letzten grossen Ausstellung im Spat-
herbst des verflossenen Jahres ist nichts Erhebliches yorgefallen. Da
dieses Mal fiir die Gegenstande Frachtfreiheit gestattet war, so hatte
man mehr als bei sonstigen hollandischen Ausstellungen Gelegenheit,
fremde Kunstprodukte mit den einheimischen zu vergleichen, wobei
sich dann auch herausstellte, dass namentlich deutsche Bilder sich auch
hier in Holland mit Ehren sehen lassen dirfen. Uebrigens war die
hoéhere Figurenmalerei fast gar nicht, ausser durch ein viel bewundertes
Bild von Gallait: ,ruhende Zigeunerin mit ihren beiden Kindern“,
und in einem grdsseren Bilde von dem jungen vielversprechenden
Israels: ,Oldenbarneveld’s letzter Brief wirdig vertreten; an guten
Portraits war Mangel, dagegen im Genre manches sehr Erfreuliche und
Bemerkenswerlhe. Die Ilustrationen der Jobsiade von Hasenclever
verfehlen auch hier nicht, das lachlustige Publikum heranzuziehn, we-
niger gefiel die etwas nebelhafte und daher spukhaft erscheinende
Jahrmarktsscene yon Knaus; doch wurden beide Kinstler, die frei-
lich mehr in pikanlen oder spasshaften Scenen ihr Heil suchten, durch
den Hollander B. van Hove, ,Amsterdamer Waisenmadchen“, so wie
durch die Franzosen Chavet und Béranger an kinstlerischer Vollen-
dung und Feinheit Gbertroffen. — Wirkliches Aufsehn erregten die
deutschen Landschaften, namentlich Lindlar’s Vierwaldstatter See,
dessen reizende Gegenslandlichkeit, mit grossem Geschick panoramen-
artig wiedergegeben, einen allerdings sehr bestechenden Eindruck auf
das hollandische Publikum ausitben musste, Die deutschen Landschafter
konnten sich jedoch meines Erachtens mit manchen hdllandischen, wie
Waldorp, H. Koekkoek, zum Unterschiede von seinem berthmten
Bruder B. C. Koekkoek der ,Waterkoekkoek* (Wasserkukkuk) genannt
ц. А. an tiefer Naturauffassung und feiner Empfindung nicht messen.
Die jinmgere Generation der hollandischen Landschafter und Marine-
maler jedoch, wie Bilders, Hilverdink, Gruiter, Leickert und
leider auch jetzt Hulk, so wie die meisten fibrigen des zahilreichen
hollindischen Landschafterchors suchten durch effektuirte Sonnenbe-
leuchtungen und auf die Spitze getriebene, an Materialismus streifende
Realistik, mehr sinnlich auf die Illusion zu wirken, so dass die meisten
dieser Bilder sich nicht iber den Werth sehr geschickter Dekorationen
	erheben,
Nichts destoweniger lieferte die Ausstellung im Ganzen genommen
	den Beweis, dass man hier in Holland wieder mehr anfangt, sich dem
Studium der grossen Meister des 17. Jahrhunderts und besonders der
Werke des Rembrandt und seiner Schule hinzugeben, auf welche die
einsichtigere hiesige Kritik slets hinzuweisen nicht verfehlt. Es han-
delt sich hier selbstredend nicht darum in Aeusserlichkeiten jenen
grossen Vorbildern sich wieder zu nahern, sondern selbstandig,
wie sie, mit naturphilosophischem Sinne in den Geist der Natur selbst
einzudringen, um wie jene, zur Schénheit, dem Endziele aller Kunst,
zu gelangen. Es gehdrt freilich keine geringe moralische Kraft dazu,
bei dem Andratige der jetzt so complicirten Verhallnisse und bei den
verfihrerischen Anforderungen der Welt jan den jetzigen Kiinstlern,
den angenehmen Schein in Bildern aufzugeben, um im Interesse einer
echten Kunst jene Tiefe der Erscheinung wiederzugewinnen, durch
welche der Werth der 4lteren Meisterwerke fiir alle Zeiten so ge-
sichert ist.

Wenn aber eine Nation besonders geeignet ist sich in
solchem Sinne der Darstellung der Erscheinung wieder
zuzuwenden, so ist es vornehmlich die hollandische, der
ihrer Natur nach eine stille Beschaulichkeit eigen, die
weder zur Bravour, noch zur Routine, noch zu raffinirten
Auskligelungen der Vorwirfe hinneigt, Kigenschaften,
an welchen jelzt so oft sehr beachtenswerthe Talente in
Belgien, Frankreich und Deutschland zu Grunde gehen.
Also schreibt mir in Betreff der modernen hollindischen Malerei ein
grosser Kenner und Verebrer niederlandischer Kunst und niederlandi-
schen Geistes, der Herr M. Unger, Verfasser der vortrefflichen Schrift
,das Wesen der Malerei*, welcher mir verzeihen wird, dass ich im
Interesse der Kunst eine Stelle seines Privatbriefes citire.
	Зи. In der Sitzung der kéniglichen Akademte Belgien’s am
3 рергиаг еще der Herr Ed. de Buscher aus Gent ein fir die Ge-
	К. ТИМ. Als ein héchst erfreuliches Ereigniss far die Berliner
Kunstwelt, so wie fir die Berlin besuchenden, auswartigen Kunstfreunde,
haben wir die seit einigen Wochen erfolgte Eréffnung der Gemalde-
Galerie des Herrn L. Ravené zu bezeichnen, welcher dieselbe dem
Publikum jeden Dienstag zur Ansicht freistellt, und dann auch mit
liebenswiirdigster Bereilwilligkeit eine Reihefolge von héchst geschmack-
voll ausgestatleten Privalzimmern mit ihren Kunstschdtzen den besu-
chenden Kunstfreunden ebenfalls erschliesst.

Die Galerie selbst, zu welcher eine zierliche eiserne Wendellreppe
fahrt, ist nach Stilers Angabe erbaut, hat ein den Gemalden héchst
ginsliges Oberlicht und ist mit Ornamenten und allegorischen Figuren
dekorirt, welche wesentlich die Architektur heben, ohne auf die Ge-
malde irgend wie stérend einzuwirken. Von Letzteren gehéren Alle
anerkannten Meistern an, und mit grosser Freude finden wir eine Menge
uns bekannter Meisterstiicke wieder, welche theils von frihern Aus-
stellungen her, theils als Stich oder Lithographie bei dem Publikum be-
liebt, hier im Originale die Wande schmicken, Da finden wir Achen-
bach, Hilgers, Hildebrandt, Weber, Leu, Pape, Lessing
unter den Landschaftmalern. Unter den historischen Bildern: Gallaits
berthmten Geigenspieler, Martersteigs Bilder aus der Reformations-
zeit, Baron und mehrere franzésische Kinstler. Von Genremalern
erfreuen uns Hasenclever mit humoristischen Jobsiaden und seinem
eigenen so lebensfrischen Portrait. Eine grosse Auswahl yon Meier-
heims lieblichen Genrebildern méchten wir die Perlen der Sammlung
nennen, welche andere Edelsteine umschliessen, wie Lessings Jager,
Tiedemanns Betstunde, Jordans erlrunkener Fischer, Preyers
reizende Blumenstiicke u.s. w. Vom hdéchsten Interesse ist eine Ori-
ginalzeichnung, geistreich in Kreide ausgefihrt von Delaroche, ,ein
umgeschlagenes Boot in der Brandung“, an welches sich Rettung suchend
die Verungliickten anklammern, in dem Wohnzimmer des geehrten Be-
sitzers befindlich, und in welcher Skizze wir von der friheren Rich-
tung des Kinstlers (Delaroche war am Beginne seiner Laufbahn Land-
schaftsmaler) eine sehr hohe Vorstellung bekommen.

Noch fagen wir hinzu, dass, um den Zutritt zu der Sammlung
zu erhalten, es ndthig ist, sich einige Tage zuvor, in dem Comptoir
des Herrn L, Ravené, behufs der Eintriltskarte fir den folgenden Dien-
	slag, zu melden.
	Ht. Dufteldorf. Von unsern jungen Kinstlern wurde im Lokal
des Malkastens Shakespeares ,Komdédie der Irrungen* aufgefahrt und
zwar sO, dass auch strengeren, h6heren Ansprichen genigt wurde.
Besonders die beiden Dromio wurden von dem Kupferstecher Ludy
und dem Maler Ruper, bei tauschender Achnlichkeit, mit gewand-
	testem Spiele gegeben.
	иней. Generaldirector Clem, Zimmermann hat im Auf-
trage von Kénig Ludwig ein grdsseres Gemalde, die Himmelfahrt Maria
darstellend, vollendet. Dasselbe ist von dem hohen Besteller fir eine
Kirche in Australien, Claire Village hei Adelaide, zum Geschenk be-
slimmt. (А. 7.)

Die werthvolle Leuchlenbergsche Gemalde- Galerie geht fir unsere
Stadt leider verloren, da dieselbe oder doch die Mehrzahl der darin
befindlichen Bilder, erhaltenen Befehlen gemass, nach Petersburg ge-
sandt wird. (№. К.)