die ,heil. Ehsabeth, von Ittenbach. — Wie das vereinzelle
Dastehen jener als charakteristisch ftir Disseldorf zu betrachien
ist, sO war an diesen ganz das Geprige unserer Zeit wahrzu-
nehmen. Wir Вбгеп noch die alte Botschaft, allein uns fehlt
der Glaube; die beiden heiligen Frauen trugen noch die Or-
denstracht und die Abzeichen in Miene und Haltung, aber nicht
mehr das innere, volle Leben ihrer Genossenschaft. Wir miissen
nach neuen Heiligen uns umsehen, wollen wir eine heilige Kunst
uns bewahren, d.h. uns selbst mit neuem Heiligthume erfillen,
oder vielmelr das alte in erhéhtem Bewusstsein aufnehmen, uns
selbst héher beleben, um héheres Leben darzustellen. Zwar wird
es dabei nicht fehlen, dass manche alte Form, als zu unbequem
fiir den neuen Inhalt, bei Seite geselzt wird, doch dirfen wir
auch nicht zweifeln, dass, wenn der Inhalt nur da ist, die For-
men nicht mangeln werden.

Von Hitbner ist ein grésseres Genrebild auf der Ausstcl-
lung, die ,Hausandacht“, fiir den Transport nach Amerika be~
stimmt. Von Leutze waren wir verwundert ein verlicbtes
»Jagdabentheuer* dargestellt zu finden, das dem gewéhnlichen,
trivial-pikanten Geschmacke zu grosse Zugeslindnisse macht.
Kiinstler dieses Berufes soilten ihre Aufgabe, die Neigungen
des Publikums zu bilden und zu zwingen, wo es ndthig ist,
auch da nicht aus dem Auge verlieren, wo sie selbst nur zur
Erholung und aus Laune arbeiten. — Scheuern, der, allzu-
bescheiden, seine rasilos sich ergiessenden, genialen Schépfungen
in seine Mappen verschliesst, gewahrt dieses Mal dem Offent-
lichen Anblicke zwei phantastische Aquarelle, eine kiihn ent-
worfene ,Felsenlandschaft* und ,Faust in seinem Studirzim-
mer“, nach der drillen Scene des Géthe’schen Gedichts.
	Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien.
	You J, D. Passavant.
(Fortsetzung.)
	men werden. Vorn in der Mille und in vollem Lichte erscheint die
Gruppe der Infantin Dona Margarita Maria de Austria, umgeben von
zwei diencnden Gespielinnen, von denen die eine ihr knieend et-
was auf cinem Teller darreicht. Rechts im Schatten steht die
Zwergin Maria Barbola und spiell der Zwerg Nicolasio Pertusato
mit einem Hund, seinen Fuss auf ihn setzend. Das geraumliche
Gemach ist ganz im Helldunkel gehalten, wie es in den Zim-
mern Spaniens gebrauchlich ist, nur im Grunde bricht einige
Hellung durch die offene Thir, in der ein Mann auf den Stufen
steht. Die grosse Naivelat der ganzen Darstellung, die Anmuth
der Maidchengruppe, der Zauber des Helldunkels, bei der fein-
sten Beobachtung der Luftperspeclive, und Alles mit der gréssten
Meisterschaft ausgefiihrt, ist wahrhaft hinreissend. — Noch ein
anderes grosses Bild ahnlicher Art stellt Teppichwirkerinnen in
ihren Beschaftigungen vor und ist, wenn auch fitichtiger be-
handelt, von gleichem Zauber des Helldunkels und des fein-
sten Spiels gebrochener Farben, der Wahrheit und Anmuth der
Darstellung. — In cine andere Region filrt uns das Bild der
Uebergabe von Breda, in voller Tagesbelcuchtung auf freiem
Felde. Das Portrait spielt hier die Hauptrolle. Von sprechen-
dem Ausdruck sind die des um Gnade bittenden, die Schliissel
der Stadt tibergebenden General-Gouvernators und des Mar-
ques de Espinola, welcher sie mit der Milde eines Siegers in
Empfang nimmt. Andere Koépfe sind etwas vernachlassigt, auch
macht das Gemialde cine elwas zerstreule Wirkung, sonst ist
es mit Sorgfalt durchgefthrt und das Cosliim in jeder Bezie-
hung genau beobachtet. — Des Velasquez berihmtes Bild der
Trinker, los borrachos, die Besoffenen, genannt, zeigt einen
Verein mehrerer Manner des gemeinen Volkes, die, des Wei-
nes voll, einen der ihrigen als Bacchus auf ein Fass erhéht und
mit Epheu bekranzt haben. Um solch einen Gegenstand anzie-
hend zu machen, muss ein tibersprudelnder Humor darin wal-
ten, der hier aber kaum bemerkbar ist. Auch wiirde bei die-
sem trivialen Gegenstande eine skizzenhafte Behandlungsweise
angemessener erschcinen, als die grosse Sorgfalt und der
schwere Impasto der Farben, womit es ausgefiihrt ist. — Wir
wenden uns lieber wieder zu den Bildnissen, in denen Velas-
quez in seiner Art uniibertroffen genannt werden kann. Уог-
ziiglich gehéren hierher die des Kénigs Philipp 1V und seiner
Gemahlinnen Margaretha von Oesterreich und Isabella von Bour-
bon, alle zu Pferde; noch ausgezeichneter sind wohl die Por-
traits des Herzogs von Olivarez, galoppirend, und des Infanten
Don Baltasar Carlos auf einem Ponipferdchen, wie aus dem
Bilde heraussprengend. Es sind hohe Meisterwerke der Kunst,
in denen ein ungezwungener AnStand eben so anziehend, als
ihre voliendete Technik bewundrungswiirdig ist. Noch haben
wir cinige landschaftliche Skizzen zu erwdihnen, in denen un-
ser Meister ein sehr originelles und anziehendes Talent fiir
dieses Fach bekundet. Sie haben alle sehr gebrochene Tone,
die von schatligem Grtin in das lichte Weiss spielen, mit An-
wendung grosser Massen in Helldunkel. Reizend in dieser Art
ist cin grosser Springbrunnen im Garten zu Aranjuez, von ho-
hen Baumen umschattet. Grossarlig ist die Felsenlandschaft mit
den Einsiedlern Antonius und Paulus, deren wiirdige Gestalten
volikommen der erhabenen Naturscene entsprechen. — Velas-
quez hatte verschiedene Malweisen zu verschiedenen Zeiten.

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	Seine frahesten Werke sind scharf in der Zeichnung, etwas
trocken in der Farbe, aber sehr lebendig in den Charakteren.
	Von dieser Art ist sein berihmler Wasserverkaufer, in der
Sammlung des Herzogs von Wellington. Hierauf malte er mit
sehr dickem Auftrag der Farben, wodurch die Schatten sehr
schwer und undurchsichtig geworden. rst wiahrend seines
Aufenthalts in Madrid gelangte er auch im Colorit zur Meister-
	schaft. Wenn seine Bildnisse von Damen hierin schwach und
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	Auf eine ganz andere Weise naturalislisch ist Velasquez,
wozu seine 62 Gemialde im kénigl Museum zu Madrid geni-
gende Anschauung gewahren. Auch er gab die Natur, wie er sie
sah, aufs treueste wieder, allein wenn er sich auch zuweilen an
Hiasslichkeiten ergétzte, wie an Zwergen und Blédsinnigen, so
erfreute cr sich doch noch weit mehr an edlen Persénlichkeiten
und wusste sie meisterlich mit der ganzen spanischen Naivelat
und Grandezza darzustellen. Er ist Portraitmaler in ausgedehn—
testem und bestem Sinne des Wortes. Wollte er sich dagegen
zu idealen, religidsen oder poetischen Regionen erheben, 50
kam er in cin ihm fremdes Gebiet. Seine Kirchenbilder, z. B.
seine schr tief im Ton gehaltene Anbetung der Kénige und seine
hingesetzte Krénung Мата, beide im kénigl Museum zu Ma-
drid, fallen beinahe zum ganz Gewohnlichen herab. Sein Apollo,
der zu Vulkan*kommt, um sich wegen der dem Amor gelei-
steten Hilfe zu beklagen, ist eine armselige Gestalt, die La-
chen erregt; selbst die nackten Kérper des Gottes mit seinen
Cyklopen sind nur gewodhnlichen Modellen nachgebildet; ohne
alle Charakteristik, wenn auch vortrefflich gemalt. Sein sitzen-
der Mars erscheint nur als ein gemeiner Mann von kraftigem
Bau und pfirsigrother Carnation. Auch sein Merkur bei Argus
sicht wie ein Lump aus und Letzterer wie ein spanischer Hirt.
Ganz anders und wahrhaft bewundrungswirdig erscheint Ve-
lasquez, sobald wir ihn unter den Kindern der Erde finden.
Das ausserordentlichste seiner Werke dieser Art ,las meninas*,
die Ehrenmadchen genannt, ist die Darstellung, wie er selbst,
an der Staffelei stehend, im Begriff ist, die Bildnisse Philipps 1V
und der Kénigin zu malen, die aber hier ausserhalb des Bildes
befindlich gedacht, nur in dem Spiegel an der Wand wahrgenom-