Kunttblart.
	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	децц &
fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfuri — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — FGrster in Minchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
	Ueber den Gang der christ-
	iz, tl. Weiss.
il. Weiss. —
	herausgegeben von Dr. ЕР. Eggers in Berlin.
	Sonnabend, den 16. April.
	Suhait: Die diesjahrige Kunstausstellung in Hannover. (Fortsetzung.) — Die neue Orgelstellung im Minster za Ulm. —
	lichen iKunst in Spanien,.von J. ), Passavant. (Fortsetzung.) — Kunstliteratur. Briefe aus Aegypten und Nubien von W. Gentz.
— Bilder -Hefte zur Geschichte des Biicherhandels und der mit demselben verwandten Kiinste und Gewerbe von Heinrich Lempertz. UH,
	dem dunklen Weibeskopfe cine gewisse Befangenheit dem Mo-
delle gegenitber wahrnimmt, die der Kiinstler weder durch das
grinsende Spiel der Lippen bei jenem, noch durch das stiere
Entsetzen im Auge der Letzteren ganz zu bewaltigen vermocht
hat. Den Hintergriinden fehlt es da und dort an richtiger Ab-
ténung und Luft. So ist zB. die Scene, wo ein Greis gebun-
den zu den Schiffen geschleppt wird, uns niher geriickt, als
der uns naher befindliche Kérper des Erschlagenen im Mittel-
grunde, und wiinschten wir besonders die braune Farbe der
Tempelruinen durch einen Luftton gemildert. — In seinem zweiten
Bilde: Herzogs Georg von Kalenberg Uebergang tiber die Weser
bei hessisch Oldendorf am Morgen vor der Schlacht bei Rin-
teln, hat Laves einen ktihnen Ueberfall aus den Zeiten des
dreissigjahrigen Krieges verewigt, der ein speciell vaterlandi-
sches Interesse darbietet, weil er die Riumung Niedersachsens
von den Kaiserlichen unmittelbar zur Folge hatte. Der Kiinstler
hat den Moment zur Darstellung gewahlt, wo der Herzog, ge-
leitet von einem weg- und stegkundigen Bauern, in den Fluss
reitet, um auf einer Fuhrt das andere Ufer zu gewinnen. Ihm
nach ein Tross Reissiger zu Fuss und zu Pferde, deren Ge-
stalten auf dem zum Flusse hinabfiihrenden Waldpfade sich in
der Tiefe des Bildes mit dem Waldesdunkel und Morgendufte
vermahlen. Rechts bleibt der Blick auf den Fluss, die Land-
schaft und den Morgenhimmel frei. Das Bild ist gut und le-
bendig gedacht. Indess finden wir darin mehr geschichtliche
Darstellung als historische Komposition. Eine naturwahre Schil-
derung in der Art, wie sie z. B. in der Person des voran-
schreitenden Bauern dem Kistler in beredter Weise gelungen
ist, war gewiss mit einer stylistischen Auffassung vereinbar;
weniger einige andere Motive, wie z. B. das Bestreben des Fuss-
volks, hinter der Reiterei aufzusitzen, das wegen seiner un-
Asthetischen Seile mehr in den Hintergrund hatte treten miis-
sen. Andere stylistische Bedenken lassen sich gegen den sii-
perben Ragefuchs des Herzogs und sein Geschirr erheben. Wenn
dem Bilde ibrigens die nothwendige historische Stimmung der
Landschaft in mancher Beziehung noch abgeht, so dient zur
Entschuldigung des Kinstlers, dass eine derartige poetische
Darstellung des Ahnungsgrauenden, Todesmuthigen in der Mor-
	gendammerung den schwierigsten Theil der Aulgabe in sich
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	Zeltung. Berlin. Kéln. Schwerin. Minchen. Stuttgart. Amsterdam. London.
	Die diesjahrige Kunstausstellune in Hannover.
	G. Laves. — Frederich. — B. Wittkamp. — A. Schmitz. — L. Tiersch. —
W. Volkhart.
	on G, Laves aus Hannover in Rom waren zwei histo-
rische Bilder eingegangen, yon denen das eine: Verwiistung
und Raub der Vandalen bei Ostia und Einschiffung nach Afrika
im Jahre 455, den Schrecken barbarischer Plinderungsscenen
wahr und ergreifend schildert. Eine rohe, gebraunte Krieger-
gestalt halt mit der nervigen Rechten einc zarte, blonde Jung-
frau am Arme, die halbbekleidet und in knieender Stellung mit
zigernder Bewegung des Oberkérpers dem hastigen Schritte
ihres wilden Raubers widerstrebl, wahrend auf der anderen
Seite die Mutter, eine tppige, dunkle Weibergestalt, ihren
sterbenden Knaben im Arme halt und mit dem anderen dem
Rauber ihrer Tochter einen ohnmachtigen Widersland entgegen-
setzt. Im Hintergrunde erblickt man die rauchenden Triimmer
cines zerstérten Tempels, umgestirzte Saulen und Statuen, wah-
rend der Raum ganz zur Rechten die Leiber Erschlagener und
die Einschiffungsscene der erbeuteten Gefangenen ausfillt. In
der Ferne endlich die Kiiste mit den brennenden Mauern und
Thiirmen der Stadt. Wenngleich bei diesem Bilde der histori-
sche Inhalt im Ganzen eine untergeordnete Stellung einnimmt,
so wendet sich demselben doch unser Interesse wegen seines
allgemein kinstlerischen Werthes zu, da wir einen bedeuten-
den Fortschritt gegen des Kinstlers frihere Leistungen darin
wahrnehmen. Es ist ihm gelungen, der Darstellung im Vor-
dergrunde durch Geschlossenheit und Abrundung der Handlung
cine dramatische Wirkung zu verleihen, die von Schonheitssinn
und Kompositionstalent zeugt. Beides ‘spricht sich am Gelun-
gensten in der stylvollen Durchfiihrung der knieenden Jungfrau
aus, deren Kérperbewegung und Drapirung ein edles und fein-
gefiihltes Motiv enthalten. Eine bis dahin von diesem Kinsler
unerreichte Warme und Tiefe des Colorits, worin wir den for-
dernden Einfluss des italienischen Aufenthalts erkennen, sind
weiter anerkennenswerthe Eigenschaften dieses Bildes. Dagegen
hatten wir eine gréssere Freiheit in den Charakterképfen ge-
	wiinscht, da man sowohl i *
IV. Jahrgang. in dem Kopie der Miltelfigur, wie in