schon gesagt, eine Fille von beachtenswerthen Mittheilungen
und Betrachtungen darbietet, naher eingehen. Auch in ihnen
bekundet sich derselbe empfangliche und fir die tiefere Natur-
betrachtung gereifte Geist des Verf., der uns aus jenen zuerst
erwihnien Briefen so frisch und lebendig entgegentrat. Gern
folgen wir demnach auch aof dieser Reise seiner Anschauungs-
weise und geben uns so willig den Eindriicken hin, die theils
die endlose Wiiste mit ihren vereinzelten Gebirgstrimmern und
halb versandeten, von der Sonne gebleichten Skeletten, theils
die massigen, zu beiden Seiten des Stromes lagernden Tempel-
ruinen, auf ihn ausibten. Mit Vergniigen héren wir den Verf.
von den Culturzustanden der oberen Nilanwohner erzahlen, mit
um so grésserem Vergniigen, als es ihm dabei gelingl, uns
nicht nur mit Worten, als vielmehr mit wahrhaften Bildern zu
unterhalten.

Mit einem dunklen Gefiihl sehnstichligen Bedauerns wendet
sich Gentz dem Norden zu. Nur noch zwei Briefe, der eine
aus Konstantinopel, der andere aus Korfu, werden mitgetheilt.
Beide sind voll von Reflexionen, die ihre volle Berechtigung
in der Seele eines strebenden Kinstlers finden. Sie fithren uns,
im Geiste des Reisenden, aus den mit ihm durchwanderten Re-
gionen des farbigen Orients zuriick in die kaltere, schneeum-
wolkte Heimath.

Mége es dem Kiinstler vergénnt sein, alle die ihm zu Theil
gewordenen und, wie aus seinen Briefen selbst hervorgeht, zum
klaren Bewusstsein verarbeiteten Eindriicke sich frisch und leben-
dig zu erhalten, damit er bei seinen Kunstschépfungen nicht an
der factischen Studie erlahme, sondern sich diese unter seiner

Hand zu einem geistig durchdrungenen, ergreifenden Ganzen

gestalte. HW. Weiss.
	Bilder -Hefte xur Geschichte des Bicherhandels und der
mit demselben verwandten Kiinste und Gewerbe. Heraus-
gegeben von Heinrich Lempertz. Jahrgang 1853. Кот
1853. Verlag von J. M. Heberle (H. Lempertz). Gr. Fol.
	Pri: 1 ГИГ. 19 орт.
	fiir die Oeffentlichkeit, sondern nur fiir seine Familie und fir
den engen Kreis seiner Freunde geschrieben waren, und ihn
vornimlich nur der Wunsch der Letzteren veranlasste, sie dem
Drucke zu tibergeben, so darf es nattirlich nicht befremden,
dass wir in ihnen hauptsichlich individuellen Ansichten und per-
sénlichen Begegnissen des Vert. begegnen. Aber gerade hierin
beruht ihr besonderer Werth. Ohne sich durch dussere Riick-
sichten beirren zu lassen, schrieb Gentz aus scinem tiefsten
Innern heraus; und so geben sie denn die ihm gewordenen
Eindrticke offen und unverfalscht wieder.

Wilhelm Gentz ist Маег. Ihm war es weder um ar-
chaiologische noch kunsigeschichtliche, tiberhaupt wissenschaft-
liche Forschungen zu thun. Sein Zweck war: den Orient, und
insbesondere Aegypten, durch eigene Anschauung kennen zu
lernen; ihm seine kiinstlerisch darstellbare Seite abzugewinnen,
um sie in méglichst getreuer Weise verhildlichen 2u k6énnen,
Er sammelie demnach Studien, Jandschaftliche und figtirliche,
und liess gleichzeilig ausserdem die Natur in ihrem ganzen Um-
fange auf sich wirken; denn er erkannte, dies bezeugen we-
nigstens diese Briefe, dass die nackte Studie nur halber Ge-
winn ist, wenn sich nicht mit ihr das allseitige Verstandniss
der Natur, der sie entnommen wurde, verbindet.

‘Simmiliche Briefe sind nach der Zeitfolge geordnet. Der
erste ist von Marseille den 10. Marz 1850 datirt und enthalt eine
fliichtige aber interessante Skizze der Reise von Paris aus bis
hier, mit Beriicksichligung mehrerer bemerkenswerthen Punkte,
als Avignon, Tarrascon u.a. Diesem Briefe folgen acht aus-
fihrliche Berichte aus Cairo, wo Gentz tiber sieben Monate
yerweilte, einmal um das orientalische Leben und Treiben, das
sich in Cairo in héchster nationeller Eigenthimlichkeit zeigt,
genau zu studiren, dann aber auch um die, an uralten Erin-
nerungen so reichen Unigebungen der Stadt, die Pyramidenfel-
der von Memphis u.s. w. fiir seine Zwecke auszubeuten. In
héchst anziehender Weise schildert der Verf. in diesen Briefen
seine mannigfach verschiedenen Erlebnisse, und die machtigen
Eindricke, deren er hier zuerst, im Angesichte der Pyramiden
und der todesstarren Wiiste, theilhaflig wurde. Mit einfachen
aber tiefempfundenen Worten entriickt er uns dem kalten Nor-
den und zieht uns unwillkirlich mit hinein in den Gegenstand
seiner ernsten Betrachtungen. — Wie sich in allen diesen Schil-
derungen der besonnene, geistig verarbeitende, reflectirende
Mensch kundgiebt, so zeigt sich dagegen in den Erzahlungen,
die mehr aussere Erlebnisse berithren, tberall der mit Reise-
fahrlichkeiten und unerwarteten Abenteuern wohl vertraute
Kiinsiler. Hierbei sowohl, wie bei kleinem Ungemach, begeg-
nen wir in ihm einem wackeren Theil von dem recht eigent-
lichen allgemeinen ktnstlerischen Geiste, dem, so zu sagen,
seinem innersten Wesen nach vorzugsweise die moralische Kratt
eigen ist, sich an dem wahrhaft Schénen und Erhabenen tiber
die Schwachen und kleinen Leiden des menschlichen Daseins
zu erheben. — Ein besonderes Interesse gewahren diese Briefe
noch dadurch, dass in ihnen mehrere interessante Persénlich-
keiten, die der Verf. Gelegenheit hatte naher kennen zu ler-
nen, besonders hervorgehoben werden.

Eine nicht mindere Theilnahme, wie die aus Cairo ent-
sandten Berichte, erwecken die nun folgenden, zwischen dem
16. November 1850 und dem 1. Januar 1851 datirten, Briefe.
Insofern diese die verschiedenartigsten Ereignisse und vielsei-
ligen Erfahrungen mittheilen, die der Verf. wiahrend seiner Nil~
fahrt nach Nubien machte, so finden diejenigen Kinstler, die
Acgypten zu bereisen gedenken, in ihnen neben jenen rein
kiinstlerisch anregenden, zum Theil trefflichen Bemerkungen,
auch mancherlei praktisch Nulzbares verzeichnet. — Es wurde zu
weit fiihren, wolllen wir auf den Inhalt dieser Berichte, der, wie
	Dem Vorworte zufolge sind diese Bilder -Hefte hauptsaich-
lich dazu bestimmt, denjenigen Sammlern von Biichern, denen
es nicht nur um den Inhalt, als vielmehr noch um die Geschichte
seltener und ausgezeichneter Druckwerke zu thun ist, das zu
diesem Studium nothwendige Material in Bild und Schrift zu
iiberliefern, Demnach beabsichtigt der Herausgeber des Wer-
kes, der, wie bekannt, selbst cin eifriger Sammler und kennt-
nissreicher Verleger ist, seine eigene Schatzkammer dem Pu-
blikum zu créffnen und das so zum allgemeinen, wissenschaft-
lichen Nutzen Dargebotene noch durch literarische und bildliche
Zugaben zu ergangen. Er will sich nicht darauf beschranken,
blos Beitrage zur Geschichte des Biicherhandels zu liefern, son-
dern gleichzeitig auch tber die damit verwandten Kinste und
Gewerbe, tiber die verschiedenen Arten des Biicherdrucks, des
Biicherbindens, so wie tiber die kiinstlerische Ausstattung von
Druckwerken durch die Holzschneider, die sogenannten Brief-
maler oder Hluminirer handeln.

Das vorliegende Heft bilden, ausser dem genannten Vor-
wort, vier Tafeln, Davon enthalt die erste das Portrait des
Kélner Buchhandlers Gottfried Hittorp und das seiner Gemahlin,
	Gertrud von Bergen. Beide, nach Originalgemalden, die sich
‘1 Besitz des Hrn. v. Merlo befinden, von P. Deckers aufs sorg-
	filligste in Stein gravirt, sind in jeder Beziehung vortrefflich
„и nennen und diirften, abgesehn von dem rein personlichen
[nteresse, das sie mit dem Werke selbst verkniipft, auch in
rein kiinstlerischer Beziehung in Betracht kommen. Ein diesen
Bildern untergesetzler Text umfasst, mit Hinzufigung der Quel-