lionelle Lacheln der Képfe, die auch hin und wieder etwas zu
gross sind, vermag dies Lob nicht erheblich zu schmilern.

Wenn aber irgend Etwas in dieser Sammlung wegen sei-

ner Seltenheit hohes Interesse verdient, so ist es die Pach-
terei zu Meslay bei Tours. Ein lindliches, zu Oekonomie-
zwecken errichteles Gebéude aus der Friihzeit des XIII. Jahr-
hunderts ist elwas so Ausserordentliches, dass es mit Recht
schon deshalb hoher Beachtung wiirdig erscheint. Zwei Tafeln
beschaftigen sich mit der Darstellung dieses inleressanten Baues.
Die eine belehrt uns zundchst durch einen Grundriss uber die
Art der Gesammt-Anlage. Ein miachtiger Thorbau mit breiter
Einfahrt schliesst sich an eine weite Umfassungsmauer, die einst
mit Zinnen gekrént als Bollwerk und Vertheidigungsmittel ge-
gen feindliche Anfalle diente. Im Hintergrunde des so einge-
schlossenen umfangreichen Terrains liegt das wichtigste Ge-
baude, die Scheune, der Aufbewahrungsort der eingesammelten
Feldfriichte. Sie 6ffnet sich ebenfalls mit einem breiten Portal
und bietet ein geréumiges schmales Rechteck dar, das basili-
kenarlig durch vier hélzerne Saulenreihen in ein breites Ми-
telschiff mit vier schmalen Seitenschiffen getheilt wird. Jede
Reihe besteht aus 11 Saéulen. Wir hatten gewlinscht, dass man
im Grundriss auch die tibrigen, obwohl erneuerten Gebaude an-
gedeutet halte, zumal da der Verf. bemerkt, dass dieselben auf
den Platzen der friiheren errichtet worden seien. Jetzt ergiebt
sich nur so viel, dass das Scheunengebiéude hoch tber die an-
deren Baulichkeiten in imponirender Weise hinausragt. Seine
beiden Facaden indessen sind schlicht behandelt, jedoch mit vor-
ziiglich schénen Quadern solid aufgefiihrt. Das Portal éffnet sich
mit einfacher Uebereckung rundbogig. Die Ecken sind zierlich
abgefast oder ausgekehlt; hierin spricht sich eine bescheidene
Modifikation der an kirchlichen Bauten gebraéuchlichen Saulen-
einfassungen aus, wie denn auch der Fuss der Portalglieder,
anstalt feiner Saulenbasen, eine kraftige viertelskreisférmige
Ausladung hat, die als Prelistein hier am Thore, das schwer
beladene Wagen einzulassen bestimmt ist, wohl am Plaize ег-
scheint. Auch die tibrige Ausstatlung bedient sich der im Kir-
chenbau wblichen Formen, jedoch mit der fiir untergeordnete
Zwecke gebotenen schicklichen Vereinfachung. Manche feine
Verschiedenheit spricht sich in der Behandlung der beiden Scheu-
nenfagaden und der beiden Fagaden des Thorgebaudes aus.

Es folgen auf vier Tafeln mehrere Fontainen zu Vi~
terbo, theils aus dem XIIL, theils ans dem XVI, Jahrhundert, die
wegen ihrer charakteristischen Mannichfaltigkeit der Aufmerk-
samkeit werth sind. Auch hier hat der Herausgeber sich nicht
mit malerischen Ansichten begniigt, sondern Grundrisse und
Details in geniigender Grésse, theilweise holzschnitllich in den
Text gedruckt, beigegeben.

Sodann auf mehreren Tafeln einige Palaste des XIII. Jahr-
hunderts aus Italien: der Palast Buonsignori zu Siena, der eine
eben so edle wie consequente Durchfihrung des friithen Spitz-
bogenstyls zeigt. Seine dreitheiligen Fenster mit ihren schlanken
Verhaltnissen, den graziésen Saulchen und den fein detaillirten
Einfassungen sind in grésserem Maassstab auf einem besondern
Blatte behandelt; die Gesimse und Friese auf einer dritten Tafel.
Eine in manchen Stiicken abweichende Durchfihrung erkennt
man am Palaste des Podesta zu Orvieto: das Massenhafte,
besonders die hohe, zinnengekrénte Stirn verleiht diesem Bau
etwas Ernstes, Kriegerisches, wahrend die héchst reich detail-
lirlen Fenster des mittleren Geschosses damit den Charakter
patrizischer Pracht verbinden. Entsprechend dem grossartigen,
schweren Charakter dieses Baues sind auch die durch Saulchen
dreifach getheilten Fenster mit einem reich ornirten Rundbogen
umrahmt, und das obere Bogenfeld wird durch zwei sechspas-

sige Rosetten anmuthig belebt. Zu diesen Fenstern, die mit ih-
	ren Details vergrissert auf einer besondern Platte abgebildet
sind, bieten die Fenster des bischdflichen Palastes zu Orvieto
interessante Vergleichungspunkte. Sie sind nach demselben Sy-
steme, nur nicht so reich geschmtickt, angelegt, verrathen je-
doch in den durchweg spitzbogigen Formen, in den tiefer ein-
geschnittenen und ausgekehlten Profilen eine etwas entwickel-
tere Zeit.

Den Schluss bildet ein beachtenswerther Aufsalz tiber die
Stadt Cluny und ihre mittelalterlichen Baureste. Begleitet wird
derselbe zundchst von einem Plan, auf welchem durch die
Schraffirungen die Style des XII., XIII., XIV. und der beiden
folgenden Jahrhunderte ausgedriickt sind: Von den immensen
Gebauden der Abtei steht nur noch ein Theil vom siidlichen
Kreuzfliigel der 1131 eingeweihten Kirche und ein Rest der
1220 erbauten westlichen Vorhalle. Sodann werden auf vier
Tafeln Facaden und Details mittelalterlicher Privathduser der
Stadt mitgetheilt, die dem XID, XII. und XIV. Jahrhundert an-
gehéren, unter denen aber die des XII, Jahrhunderts im blii-
hendsten romanischen Styl den hervorragendsten Theil bilden.
Die Zierlichkeit und Eleganz der Ornamentik, die eigenthiim-
lich malerische Anordnung, die mannichfaltige Gruppirung der
Fenster, die theils mit Rundbégen, theils geradlinig geschlos-
sen, theils mit Slichbégen umfasst und auf verschiedenste Art
durch Saulchen, Doppelsdulen und Pilaster eingerahmt sind, das
Alles ist von reizvoller Wirkung. An diesen, wie an sammt-
lichen tibrigen Tafeln muss endlich noch lobend erwahnt wer~
den, dass der Zustand und die Zusammenfiigung des Мацег-
werks, die Eigenthiimlichkeiten des Materials mit grésster Sorg-
falt durch den Stich vor Augen gefiihri werden.

Wir kénnen also dies Unternehmen, so weit es vorliegt,
nach Inhalt und Art der Ausfihrung mit vollem Recht als ein
Musterwerk empfehlen. Ww. Libke.
	Aeituns.
	Vz. Serltt. Seit einigen Tagen sind im Gebéude der KGnigl.
Akademie 16 Aquarelle von E. Biermann zum Besten des Unter-
stiitzungsvereins der Berliner Kistler ausgestellt. Wir haben пех
diese auf einer dalmatinischen Reise entworfenen Blatter bereits im
vorigen Jahrgang 8. 102 ausfihrlicher berichtet und dort den bedeu-
tenden Verdiensten des talentvollen Kinstlers unsre volle Anerkennung
gezollt. Indess sind zi den zehn damals vollendeten Blattern noch
sechs neue hinzugekommen, die den Eindruck volistandiger abzurunden
und au erginzen geeignet sind. Das ist namlich als hervorstechende
Eigenschaft der Bilder 2u bezeichnen, dass sie eine nach allen Seiten
hin tiberzeagende Anschanung von den Eigenthimlichkeiten jenes wil-
den Kistenlandes, in welchem Meer und Felsen ihren alten Kampf
noch nicht ausgekampft za haben scheinen, in uns hervorrufen. В-
beherrscht die Miltel der Aquarellmalerci im héchsten Maasse, wendet
sie aber nie dazu an, frappante Einzeleffekte hervorzuzaubern, son
dern nur dazu, eine méglichst treue Darstellung der Natur zu ver-
mitteln, Das ist itm denn in hohem Grade gelungen, mag er nun in
einfach grossen Zigen das weitgestreckte Land vor unsern Augen aus
breiten, wie auf der ,,Aussicht vom Promina“; mag er die wilden
schiumenden Wasserstirze schildern, wie auf den ,,Kerkafalien bei
Ronceslap und bei Skardona“; mag er die ibermachtigen Felsmassen
bis in den Himmel thirmen, wie auf den verschiedenen Ansichten von
Cattaro. Die Ausfihrung legt neues rihmliches Zeugniss von der be-
kannten Virtuosilat des Kiinstlers ab; die bedeutende Grdésse der Blatter,
die freie geistvolle Behandlung, die stylgemasse Zeichnung der Archi-
tekturen, die gleichwohl nichts Aengstliches hat, die Tiefe und lJeuch-
tende Kraft der Vordergrinde, die duflige Ablténung der Perspektiven,
das Alles verdient ungetheilten Beifall, Manchmal jedoch leiden die
Vorgrinde an Disharmonie und Unruhe der Farbe, 50 namentlich auf
der Darstellung des „НаЁепз yon Gravyosa“, und durch das gar zu con-
	ventionell schemalisch behandelte Laubwerk werden wir nicht selten