Neckrolog. den Portrailfiguren des General Alten und des nachmals berihmten Scharnhorst — eine Scene nichtlichen Getiimmels, von der ringsum waltenden Feuersbrunst grell beleuchtet; ein Vorwurf der Darstellung, den der Kistler mit eben so viel Kihnheit wie Talent ausgefahrt hat. Kine andere Kriegsscene reiht sich an diese von E. Hinten: ,Karas- siere aus dem siebenjahr, Kriege durch ein feindliches Dorf sprengend “, ebenfalls éin Bild voll hastigen, gespannten Lebens. — Einen ganz andern Eindruck macht die Darstellung des ,,heil. Hermann Joseph* von Jttenbach; ein lieblicher, munterer Knabe vor einem ausge- hauenen Madonnenbilde reicht dem Kinde mit soviel Herzlichkeit und Inbrunst einen Apfel, dass der Stein, zu lebendigem Gefahle erwarmt, in Bewegung geraélh und die dargebotene Gabe in Empfang nimmt. Ueberaus reizend ist die Gestalt des Knaben in seiner einfachen Ge- wandung; aber den kleinlichsten Eindruck machen die vor der Ma- donna ausgestreuten Blimchen und Blaltchen, — Einen dhnlichen Ge- genstand behandelt eine Zeichnung von Mintrop: das Christkind, wie es in der Phantasie der Kinder lebt, an eine kleine landliche Sipp- schaft Geschenke austheilend, mehr ideal als genrehaft und doch sa individualisirend aufgefasst, dass man in jedem Buben und Madchen, wie man auf dem Lande hanufig auch in der Wirklichkeit bemerkt, be- reits den kinftigen Bauern und die dereinstige Hausfrau erkennen kann. — Bei dieser Gelegenheit kénnen wir nicht anzufithren unter- lassen, dass Mintrop, der bisher fast nur auf Zeichnungen sich be- schrankte, jetzt sein “zweites Bild zu malen angefangen hat — sein erstes Gemalde, eine Madonna mit dem Christuskinde und dem kleinen Johannes, befindet sich hier auf der Galerie.‘) Sein neues, freilich auch nur noch bis zur Zeichnung vollendetes Bild stellt die heil. Elisa- beth und Maria dar, zu deren Fiissen das Kinderpaar im Spiele be- griffen ist, zu hbeiden Seiten musizirende Engel — hbietet aber jetzt schon solche Vorazige dar, dass eine Beurtheilung sich gendthigt sahe, auf einen ganz andern Standpunkt zu treten, als den wir bisher ein- genommen. Denn wenn wir sonst ein einzelnes Werk lobend her- vorhoben, musste dieses wohl immer in Hinblick auf den gegenwartigen Stand der Kunst tiberhaupt und mit besonderer Bericksichligung des Bereiches geschehen, den sie hier ausfillt. In unserm vorletzten Be- richte gaben wir schon einige Andeutungen ther den Stand der heu- tigen kirchlichen Kunst im Allgemeinen; in Disseldorf aber, wo das Charakteristische vor dem Idealen durchaus vorherrscht, so dass es sich unwiderstehlich auch der historischen Malerei bemachtigt und diese zum Genre hintberzieht, steht die heilige Kunst, wenn wir uns dieses Ausdracks im engern Sinne bedienen dirfen, so fremd und verlassen, dass sie ihren Boden und Maassstab nur in den allgemeinen Verhalt- nissen der Zeit findet. In dem Mintrop’schen Bilde gewahren wir nicht nur Nichts von dem, was der Diisseldorfer Schule ihre besondere Higenthiimlichkeit und, wie wir nicht verhehlen dirfen, ihre eigen- thimlichen Vorziige verleiht, sondern es ist auch vollig frei von der Abstraktion und Fleischlosigkeit, in die wenigstens eine Richtung un- serer kirchl. Malerei mehr und mehr verfallt. Hier haben wir keine blosse Individualitdten, wie sie das einseitig Charakteristische nur zu geben vermag, sondern volle Persénlichkeiten, Inhalt und Form in der Vollendung, Natur und Bewusstsein in der Einheit, wie sie allein den Anblick wahrer, wirklicher Schénheit. gewahren. Hier haben wir, wie heiliges Leben, so auch Heiligkeit, die lebenvoll ist, so dass, wie man sonst haufig dargestellt sieht, es nicht mehr als Schmach und Elend erscheint, zu den Gottern zu gehdéren, die fir ihre trostlose Erhoéhung alle wahre Lust des Daseins haben unterlassen missen. Das Ganze des Bildes ist mit einer Urspringlichkeit und Innigkeit aufgefasst, wie wir sie nur bei den allen Deutschen Meistern wieder finden, und im Einzelnen mit einer Zartheit und einem Schonheitsgefiihle durch- gefihrt, das an die Ilaliener erinnert; so dass wir nicht begreifen wirden, wie die Hand, die friher den Pflug und Rechen gefihrt, diese Linien habe ziehen kénnen, wenn wir nicht eben die Natur als treuste Bewohnerin und Bildnerin der von ihr selbst gespendeten Schatze auch sonst kennen gelernt hatten. — @ur Ausstellung zurickkehrend heben wir noch eine Portraitbiste von Kauer, einem unsrer jangern Kinsler, 4) Wird wohl dasselbe Bild sein, welches wir hier in Berlin auf der akademischen Ausstellung von 1852 hatten und im vorigen Jahrgang S. 365 besprochen haben. D, Red. Am 6. d. M. starb hier der Maler J. W. Pienemann, 4l- tester Director der Akademie der bildenden Kiinste, Ritter des niederl. Léwenordens und Kommandeur des Richenkronordens. Dieser Nestor der hollandischen Malerschule hatle das Aller von 74 Jahren erreicht und galt hier fiir einen der ausgezeichnetsten Reprasentanten derselben. Im Jahre 1779 zu Abeconde geboren, wusste er sich, be- gabt mit einem bedeutenden Talente, vom Handwerker zum ge~ feiertsten Historien~ und Portraifmaler, welchen Holland in den letzten Zeiten hervorbrachte, emporzuarbeiten. Nach den Frei- heitskampfen trat er mit kolossalen Schlachtenpanoramen auf, worin er besonders die Waffenthaten des damaligen Prinzen von Oranien, nachmals Wilhelm Il, verherrlichte. Er erwarb sich damit, nebst der Gunst dieses Fiirsten, Ehre, Vermégen und Ansehn und wurde auch in England bekannt, in welchem Lande er mit seiner Schlacht von Waterloo, wo er zur Seite des Prin- zen von Oranien, der verwundet aus dem Schlachtgewiihl fortge- tragen wird, den Herzog Wellington hoch zu Rosse die Schlacht leitend darstellte, eine Rundreise machte. Pienemann muss tiber- haupt als ein Maler der Zeilgeschichte Hollands bezeichnet wer- den, indem er neben jenen Schlachtenbildern, wo auch iberall die Portraitihnlichkeiten gewahrt sind, die hervorragendsten Zeitgenossen, Firslen, Kriegshelden, Kistler, Gelehrten u. s. w. seines Landes, in einer dem Geschmacke seiner Landsleute zu~ sagenden Weise dargestellt hat. Im Jahre 1820 wurde er zum Mitdirector der Akademie ernannt, welchen Posten er bis zu seinem Tode bekleidele; er blieb nicht ohne grossen Einfluss auf die moderne hollindische Schule. Er wurde mit sehr vie- len Ehrenbezeugungen zu Grabe getragen und hinterlasst in seinem Sohne und Schiller N. Pienemann, der eine ahnliche Kunstrichtung wie sein Vater befolgt, einen wiirdigen Erben seines Ruhmes und seiner Kunst. Auch starb hier am 10. d. M. der Architekturmaler A. Ol]t- manns im 39, Lebensjahre; er war zugleich Kunstschriftsteller und seit einer Reihe von Jahren Sekretair der Kiinstlergesell- schaft Arti et Amicitiae, deren Blithe er unermiidlich beférdern half, so wie er sich auch um die Organisirung des hiesigen Kunstvereins sehr verdient machte. Amsterdam. Делая. Ht. Dtiffeldorf. In unserm Bemihen, die vorziiglichsten Lei- stungen der Dasseldorfer Schule, wie sie nacheinander erscheinen und tber unsere perman. Ausstellung gehen, zu verfolgen, freut es uns, wiederum von einigen bedeutenden Werken berichten zu kénnen. Zu nennen brauchen wir bloss, zur hinreichenden Wardigung, eine ,, hohe Fluth* yon A. Achenbach; eine Anzahl Landschaften, Kohlenzeich- nungen von Schirmer; ein ,,nachtlicher Fischfang“ von Gude; so wie eine kleine, dusserst poesievoll aufgefasste Landschaft yon Scheu- ren. Ein nicht minder werthvolles Landschaftsstick ist von Jung- heim,. nicht allein in Nachahmung, sondern auch im Geisle der allen Meister behandelt; mit so schénen Baumgruppen, wie wir sie nicht oft auf neueren Bildern gesehen. — Die Norwegischen Landschaften mit Hochgebirgsscenerien, wildem Felsgeklafte, schneebedeckten Spitzen, dunklem Fichtenwalde u. a. hatten in der letzten Zeit eine Art Ueber- gewicht erlangt. Im Gegensatz ли diesen stellt jetzi Eckersberg eine mehr idyllisch gehaltene Norweg. Landschaft aus: im Hintergrunde sanft sich abdachende Gebirgsziige, im Mittel- und Vordergrunde die Spiegelflache cines Sees, darin vorspringend eine schmale Landzunge und auf deren Spitze eine habschgeformte Kirche, zur Rechten ein Birkenwald. — Von Northen ist ein Schlachtstick ausgestellt: der Ausfall der Hannoverschen Truppen aus Menin im Jahre 1794¢, mit