haupt die Bemerkung nicht unterdriicken kénnen, dass wenn
der geschalzte Verf. scin Buch zu einem Volkseigenthum machen
wollte, er hin und wieder, besonders im ersten Theile, we-
niger Kenntniss hatte voraussetzen und sich ciner grésseren
Genauigkeit in der Schreibung der Kinstlernamen halle befleis-
sigen sollen. Er geht sodann auf die von Jan van Eyk voll-
endete Umwandlung des Styls zum Realismus tiber und be-
schreibt in der Kiirze die ihm mit Sicherheit zugeschriebenen
Bilder, wobei wir die Frage thun méchten, ob nicht die 8. 72
erwahnte kleine Madonna der ehemaligen Sammlung des Konigs
von Holland dieselbe ist, welche das Stddel’sche Institut 1850
erworben hat, und gewiinscht hilten, dass wegen ihrer treff-
lichen. Ausfithrung die kleine Madonna mit dem Kinde an der
Brust im Belvedere zu Wien nicht ibergangen wire, Das zeit-
lich letzte, unvollendete Bild mit der Symbolik der Jungfrau-
lichkeit Maria halt Forster mit Passavant und Kugler nur fir
eine Copie.

Ausser Peter Christophsen, unter dessen vier Bildern
die schmalen Fliigel eines Allarwerkes in Berlin genauer be-
schrieben werden, erwahnt F. als Hubert’s Schiler zundchst
nur die handschrifllich beglaubigten Judocus von Gent und
Gerhard van der Meere. Ersteren halt er namlich, ab-
weichend von den bisherigen Annahmen, fiir nicht identisch
mit Justus von Gent. Da nun aber kein Werk auch nur mit
einiger Wahrscheinlichkeit dem Judocus beigelegt und keine
andere Autorilat fir seinen Namen angefithrt werden kann,
als eine Stelle jener angeblich aus dem Ende des 15. Jahrhun-
derts stammenden Handschrift, so scheint mir die ganze Exi-
stenz des Judocus auf schwachen Fiissen zu stehen. Von Gerhard
vy. d. Mcere erwihnt er mit Recht nur die Kreuzigung Christi
in S. Bevon zu Gent, dagegen fihrt er als der Hubert v. Eyk’-
schen Schule angehérend vier Werke unbekannten Urhebers an:
1. die Gefangennehmung Christi in der Pinakothek (Cab. No. 58
unter Memling’s Namen), auf deren grosse Wichligkeit unseres
Wissens zuerst F. hier aufmerksam macht, und die, wenn einem
unter den bekannteren Meistern, allerdings dem Memling am
wahrscheinlichsten zugeschrieben werden kann; 2. das Abend-
mahl in Léwen mit den vier Seitenbildern in Berlin und in
Miinchen, welche Passavant (Kunstbl. 1841. No.9) dem Mem-
ling abspricht, Kugler dem alteren Roger zuzuschreiben ge-
neigt ist und Waagen dem Justus von Gent beilegt; 3. das
Begribniss des Bischofs Hubertus, im Besilze des Sir Charles
Eastlake in London, das von Waagen (D. Kunstbl. 1851. No. 30)
genauer beschrieben und in Uebereinstimmung mit Passavant
dem Justus von Gent zugesprochen wird; 4. die sicben Sacra-
mente im Museum zu Antwerpen, die Passavant und Kugler
fir ein Werk des alteren Roger hallen.

Es folgen sodann die namhaften Meister aus der Schule
der van Eyk, und zwar zunachst Roger v. d. Weyde der Ael-
iere (frither Rogier von Briigge genannt), unter dessen Wer-
ken nach dem verloren gegangenen Bilde der Gerechtigkeit im
Rathhause. zu Briissel zunachst die drei Tafeln des bertihmten
Reisealtars Karl’s V (seit 1850 in Berlin) genauer beschrieben
werden. Hier hatte unseres Erachtens der Verfasser den (nach
Waagen, D, Kunstbl. 1851. No. 30) dem Reisealtar so nahe ste-
henden Altar in der Sammlung des Marquis von Westmiinster
nicht iibergehen sollen. Sodann der sogenannte Johannesaltar,
von dem bei der Versteigerung im Haag bekanntlich nur zwei
Tafeln nach Berlin kamen, wahrend die dritte, mit der Ent-
hauptung des Johannes, von dem Kunsthindler Furner in Lon-
don erworben wurde. Wir bemerken dies, weil es nach un-
serm Verf. scheint, als wenn alle drei Tafeln sich in Berlin
befanden. Diesen Allar hatte er aber nicht unter die friheren
Arbeiten Roger’s zahlen, sondern mit Waagen (D. Kunstbl. 1851.
	S. 246) nach des Kiinsllers Aufenthalt in Italien, also gewiss
nach 1450 setzen sollen; dies angenommen, ist es um so denk-
barer, dass Memling, der gewiss erst nach Roger’s Rickkehr
aus Italien dessen Schiler wurde, die Enthauptung des Johan-
nes gemalt hat; selbst dann ware dieses Werk wohl das friihste
der uns bekannten; denn das Danziger Bild stammt aus 1467,
als bereits sein Lehrer Roger gestorben war. Schade ist es,
dass wir aus den Worten des Inventars der Margaretha von
Oesterreich, worin das von beiden verfertigte Hausaltirchen _
beschrieben wird, Nichts tiber die Zeit des gemeinsamen Ar-
beitens ermilteln kénnen. — Nachdem der Verf. das ausgedehnte
Jiingste Gericht in dem Hospitale zu Beaune und den malenden
Lucas in Minchen (Pinakothek, Cab. No. 42) als frilhere Werke
Roger’s bezeichnet hat, geht er zu denen iiber, die ihn in
Folge seines Aufenthalts in Italien auf einer héheren Stufe der
Entwickelung zeigen. Es sind die in Florenz gemalte kleine
Mediceische Madonna (Passavant, Kunstbl. 1841. No. 5) im Sta-
del’schen Institut; die Geburt Christi in Berlin mit der Anbe-
tung der Konige rechts und dem Kaiser Augustus und der Si~
bylle links; das damit sehr tibereinstimmende Triptychon in der
Pinakothek (Cab. No. 35. 36. 37), sowie ebendaselbst (Cab. No.
48. 49. 54) die Anbetung der Kénige mit dem Taufer und dem
В. Christoph, worin offenbar Roger’s und Memling’s Hand zu
erkennen ist. Nach Erwahnung einiger kleineren Arbeiten Ro-
ger’s charakterisirt der Verf. dessen realistische Richtung mit
treffenden Worten und wendet sich zu seinem gepriesenen
Schiller Hans Memling, als dessen friihstes (1467) uns be-
kanntes Werk nach Passavant’s Vorgange das bertthmle Dan-
ziger Bild mit allen seinen Schicksalen erwahnt und beschrieben
wird. Bekanntlich schrieb Passavant es chedem dem Ouwater,
und Waagen dem Justus von Gent zu. Jedenfalls ist bei dem
lief durchdachten Inhalt und der vollendelen Technik des Bil-
des nicht anzunehmen, dass es wirklich eine seiner friihsten
Arbeiten ist. Sodann folgt der unter dem unpassenden Namen
der Vermahlung der h. Catharina bekannte, 12 Jahre spater fal-
lende Altar im Johanneshospital zu Brigge und, abermals 12
Jahre spdter, das durch Farbenpracht und sorgfallige Ausfih-
rung, aber nicht durch Anmuth und Lieblichkeit ausgezeichnete
Doppeltriptychon im Dom zu Liibeck. An diese den Kiinstler
in drei verschiedenen Lebensperioden charaterisirenden grossen
Bilder reiht der Verf. die kleinen Arbeiten, namlich den Reli-
quienkasten der h. Ursula zu Briigge, den er etwa ums Jahr

4480 setzt; die ihm in Behandlung und Ausfiihrung sehr папе
stehenden Tafeln mit den sieben Freuden und sieben Leiden

Maria, erstere sehr schmale in Munchen, letztere in Turin, die
uns ahnlich dem Liibecker Bilde eine vollstandige Erzahlung
des Lebens Christi in vielen Scenen auf je Einem ununterbro-
chenen Bilde vorfiihren; ferner die mit 1480 AR bezeichnete
Kreuzabnahme im Johanneshospitale zu Briigge, die Passavant
(noch jetzt?) dem Memling abspricht; das in dieselbe Zeit fal-
lende Tripltychon (ebendasclbst) mit der Geburt, der Anbetung
der Kénige und der Darstellung im Tempel, das mit dem schmalen
Miinchner Bilde so auffallend tbereinstimmt; die zarte, lieb-
liche Verktindigung aus dem Jahre 1482 beim Firsten Radziwil
in Berlin; die ihm sicher zukommende Taufe Christi aus dem
Jahre 1484 in der Akademie zu Briigge; sowie das kleine Dip-
tychon von M. von Niewenhoven aus 1487, grossentheils im Jo-
hanneshospital zu Briigge; endlich ohne Zeilangabe eine Ма-
donna in Strassburg und eine kleine Verktindigung in Antwer-
pen, wozu dann noch die bei F. nicht angefiihrten Madonnen
in den Uffizien zu Florenz, im Belvedere zu Wien und beim
Herzog von Devonshire in Chiswick kamen. Zu den (S. 120 f.)
namhaft gemachlen Bildnissen Memling’s bemerken wir, dass
das ,ehemals in der Sammlung des Kénigs von Holland* be-