Relief erhalten haben, nimmi seit den , [talienischen Forschun~
gen* Giovanni da Milano (oder Melano) eine besondre Stelle
ein. Vasari fihrt von ihm vier Werke an. Er sagt: , Dieser
Giovanni verfertigte ausser vielen andern Dingen, nach dem Tode
Taddeo’s ein Bild, welches vierzehn Jahre, nachdem er seinen
Meister verloren hatte, in S. Croce auf dem Altare des h. Ger-
hard von Villa Magna aufgestellt wurde; auch ist von ihm das
sehr geschatzte Bild auf dem Hauptaltare von Ognisanli, wo die
barmherzigen Briider sind, und in Assisi malte er in der Tri-
bune des Hauptaltars ein Crucifix, eine Madonna und h. Clara,
und auf den Seitenwinden Begebenheiten aus dem Leben der
Mutter Gottes.* Beglaubigt ist von den hier aufgefihrten Wer-
ken nur das erste, ein todter Christus in den Armen von Maria
und Johannes. Es befindet sich gegenwartig in der Galerie der
Akademie zu Florenz und tragt die Unterschrift:

За govani ba aelano hepinti questa tauala i del.
Hr. v. Rumohr, der mit Recht sehr scrupulés ist bei Angaben
Vasari’s tiber Meister jener Zeit, und sogar nicht ansteht Einem,
trotz des Geschichtschreihers detaillirtester Lebensbeschreibung,
das Leben abzusprechen, wenn die Archive seinen Namen ihm
nicht ausgeliefert, nimmt keinen Anstand, in einem Altarwerk
aus der Zcit, das sich auf einem Seitenaltar in Ognisanti be-
findet, ohne alle weitere Begrindung, und wie selbstverstaénd-
lich, obschon Vasari nicht einmal durch eine Inhaltangabe einen
Anhaltpunkt bietet, das von Vasari dem Giovanni zugeschriebene
zu erblicken. Ebenso zuverlissig bespricht er Wandgemalde
aus dem Leben der Jungfrau in §. Francesco zu Assisi als des
Giovanni von Vasari angefiihrte Arbeiten, wobei ihn wenigstens
die Inhalfangabe unterstiitzt. Erheblichen Zweifel aber spricht
er aus itber Vasaris Angabe, dass der Maler aus Mailand sei,
nimmt das ,Melano* der Unterschrift nicht nothwendig gleich-
bedeutend mit , Milano“ und sieht ungeachtet der Ablativform
»da* méglicher Weise des Vaters Namen darin. Eine von den
neuesten Herausgebern des Vasari, den Herren Milanesi und Pini
zu Florenz, in Prato gemachte Entdeckung wird iber alle diese
Punkte weitere, vielleicht gentigende Aufklirung verschaffen,
wesshalb es gut sein wird, Kunstforscher, die nach Italien reisen,
darauf aufmerksam zu machen, wenn auch die Entdeckung nicht
so bedeutend ist, wie die des Cenacolo in St. Onofrio.

Zunachst bemerke ich, dass das bezeichnete Bild in Ogni-
santi sowohl in Betreff der Zeichnung und des Ausdrucks, als
der Ausfithrung zu den bedeutendsten und bewundernswerthesten
Leistungen der Zeit gehért (bald freilich wird man, wenn nicht
Vorkehrung getroffen wird gegen die Zerstérung, sagen miissen,
echort hat). In diesem Bilde zeigt sich der Giotto’schen Schule
	gegentiber eine Selbstandigkeit, wie sie auch die gleichzeitige
Sieneser bewahrt hat; neben allgemeinen Merkmalen, die dem
	Formensinn des Jahrhunderts angehoren, eine wtberraschende
Freiheit, Feinheit, Fiille und selbst Grossartigkeit der Form,
am allerwenigsten eine Abhangigkeit von Taddeo Gaddi. Der
Farbenauftrag ist viel flissiger als bei Giotto und Taddeo und
wie gegossen, die Ausfiihrung von fast van Eykscher Vollen-
dung und eine weitere Eigenthiimlichkeit tritt in dem Material
der Grundlage hervor, indem das Bild auf mit Gyps grundirte
und auf Holz aufgezogene Leinwand gemalt ist.

Von den Wandgemilden in Assisi habe ich leider keine
gentigende Einsicht nehmen kénnen, da bei wiederholten Be-
suchen der Kirche mich bald Dunkelheit, bald Gottesdienst an
der Betrachtung der Malereien des Kreuzschiffes hinderten. Da-
gegen kenne ich recht wohl] das Bild in der Galerie der floren-
tinischen Akademie, das ohnehin durch eine recht treue Nach-
bildung im Stich von E, Damele (in dem bekannten Galeriewerk)
weiteren Kreisen zuganglich ist. Dieses Bild ist in hohem Grade
gioltesk, d. В. in der Manier der Schule Giottos, namentlich des
	nischen Bau des XII. Jahrhunderts, der in der Planung freilich
manches Eigenthiimliche hat, woftir man in den besondern lo-
kalen Beschrankungen einer Burg den Erklarungsgrund suchen
muss. Von Westen nach Osten erstreckt sich die Kapelle in
massigen Dimensionen mit zwei Schiffen, die durch zwei Pfeiler

von einander geschicden werden, so dass auf jedes Schiff drei
Kreuzgewélbe kommen. Diese sind rundbogig ohne Rippen;
ihre Graten ruhen auf Pilastervorspriingen der Pfeiler, ihre
breiten Gurten auf abermaligen Pfeilervorlagen. Die gemeinsame
Basis dieser Pfeiler besteht aus ciner Platte sammt einer Ab-
schragung, das Kaimpfergesimse dagegen aus Platte, Rundstab
und Hohlkehle, jedes Glied durch ein schmales Plittchen vom
anderen getrennt. Die Schildwiande sind durch Bogengurte cin-
gefasst, die auf Pilastervorlagen ruhen.

Das dstliche Driltel der kleinen Kapelle ist durch drei Stufen
chorartig erhéht. Die Siidseite spendet durch drei kleine rundbo-
sige Fenster dem Raume das nothige Licht. Ausser der schon er-
	wahnten Thitr findet sich an der Westseite in der siidlichen Keke.
	ein anderer, von der ersten Anlage stammender Ausgang. Die
Queraxe des kleinen Gebiudes wird aber gerad in der Mitte
verlingert, indem sich dort gegen Norden noch eine ungefahr
quadralische Abtheilung anlegt, die gleich den tbrigen mit
einem rundbogigen Kreuzgewélbe tiberdeckt ist. Dieser Theil,
gegenwartig die Loge des Burgherrn, erhilt sein Licht durch
ein Fenster der Nordwand,

So einfach dies Alles ist, so erregte dagegen sofort eine
3 Fuss 3 Zoll im Quadrat messende, mit einer Bretterdecke ver-
schlossene Oeffnung im Fussboden, die sich in dem mittleren
Theile der Kapelle befindet, meine Aufmerksamkeit. Als ich den
Deckel hob, sah ich in ein ebenfalls gewdlbtes Gemach hinab,
das sich sogleich als jener Keller kundgab, zu welchem das oben
erwahnte zierliche romanische Portal fihrte. Obwohl man mir
den Zweck dieser Oeflnung unbedenklich dahin angab, dass sie
gebrochen worden sei, um bei Feuersgefahr schnell werthvolle
Sachen herabzulassen, lehrte der Augenschein die Unhaltbarkeit
	dieser Hypolhese. Die Oelfnung war namlich nicht elwa spater
hineingebrochen, sondern gleich bei der Auffihrung des Ge-
wolbes mit angelegt. Die Vermuthung einer Doppelkapelle war
	unabweisbar.
Dieselbe fand ihre volle Bestatigung durch die Besichti-
	gung der unteren Raume. Der westliche Ausgang der oberen
Kapelle fihrt auf einer in der Mauer angebrachten 2 Fuss 6 Zoll
breiten Treppe zu einer Seitenthiir hinab, die mit der unteren
Kapelle eine direkte Verbindung herstellt. Der Haupt-Eingang in
diese war indess jenes zierliche Portal, welches unter dem
nordlichen Fenster der oberen Kapelle liegt. An Umfang, Ein-
richiung und Anordnuug entspricht die untere, jetzt durch Zwi-
schenwande in mehrere Kellergemacher getheilte Kapelle genau
der oberen. Nur ist sie etwas niedriger, und die Pfeiler sind
etwas kraftiger. Stand sie durch die Hauptpforte mit dem Burg-
hofe, durch ihre Lage zur ebnen Erde mit den fiir die Dienst~
leute angewiesenen Raumen in Verbindung, so gehirte die obere
ihrer Lage und Bestimmung nach zu den herrschaftlichen Ge-
machern des Schlosses.

Wenngleich die Kapelle ihrer Ausstattung nach za den be-
scheidensten ihrer Art zu zihlen ist, so bietet sie doch in der
Grundanlage wiederum manches Eigenthtimliche, was der Aus-
	fihrlichkett dieser Mittheilung als Entschuldigung dienen mége.
WW, Liibke.
	Zur italienischen Kunstgeschichte.
	Unter den italienischen Malern des vierzehnten Jahrhunderts,
deren Vasari nur gelegentlich gedenkt, die aber neuerdings mehr