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	in welcher ihm Christus in den Wolken erscheint zur Rechten
Gottes, umgeben yon den vier eyangelischen Zeichen und zwei
Engeln mit Sonne und Mond, das Scepter vom Vater empfan-
gend. Eine Lilie am Wege erinnert offenbar an die jungfrau-
liche Mutter des Herrn.

Das zweile Bild dieser Art ist aus des Jesaias siebentem
Capitel, welches die Theologie mit dem Evangelisten Matthaus,
ungeachlet der von Jesaias selbst klar ausgesprochenen Bezie-
hung auf den Streit zwischen Israel und Juda, auf die Geburt
Christi gedeutet hat. Mit derselben Unbefangenheit tritt hier im
Bilde Jesaias vor Achas, den Konig in Juda, und zeigt ihm in
der Hohe am Himmel die Jungfrau Maria mit dem heiligen Kind
im Arm, und Achas erwagt in seinem Herzen das Gewicht die-
ser Vision.
	Der Legende gehort das Bild von Maria erstem Tempelgang j.
	an, ein Gegenstana ohne dogmatischen und ohne ethischen Werth,
aber reizend durch die Gelegenheit zu anmuthiger Darstellung,
wie ihn auch die Maler aller Zeiten, namentlich die Venetianer,
haufig betrachtet haben, Das etwa zwélfjahrige Madchen tritt
aus dem Kreis ihrer Aeltern und Verwandten, steigt die Tem-
pelstufen hinan und wird oben von dem Hohenpriester freund-
lich empfangen, um in die (kirchliche) Gemeinschaft aufgenom-
men zu werden. Gewissermassen auch die Vermihlung Marias,
wenigstens ihrer besonderti Ansschmickung nach, muss zur Le-
gende gerechnet werden, theilt mit dem vorigen Bilde die
reinpoetischen, gemtithlichen Interessen und bietet der Darstel-
lung des Schénen fast noch mehr Spielraum,

Nun treten wir in die Erzaihlung des Lucas ein, von dem
Besuch Marias bei Elisabeth. Schraudolph versetzt uns in cine
einfach schéne Landschaft mit sanften Hiigellinien und wenigen
Wohngebauden von so einfacher Bauart, wie man sie im rémi-
schen Gebirg antrifft. Maria ist angeritten gekommen; ihr treuer
Joseph ist bei dem Esel auriickgeblieben, wahrend sie die al-
tere Verwandte, Elisabeth, die vor das Haus gekommen, schon
umarmt und Zacharias zu ihrer Bewillkommnung die Treppen-
stufen von der Hausthiir herabsteigt. Die Schwangerschalft bei-
der Frauen, auf die altere Meister, vornehmlich deutsche, auf
Kosten der Schénheit einen so grossen Nachdruck legen bei die-
ser Darstellung, hat Schraudolph durch die Anordnung der бе-
winder dem Auge entriickt. Gemithliche Heiterkeit, die den
Grundton aller dieser Darstellungen aus dem Leben der Maria
bilden, ist nun in reichstem Maasse tiber dem n&chsten Bilde
ausgegossen, in welchem der Kiinstler das Familienleben im
Hause Josephs hat vorfiihren wollen. Maria spinnt; Joseph un-
terweist den etwa zehnjahrigen Jesus im Zimmermannshandwerk,
oder benutzt ihn vielmehr beim Durchsigen eines Balkens als
Handlanger. Keine ernste oder gar tribe Zukunft scheint mit
mysteridsen Vorzeichen in diese hausliche Scene, tiber welche
nur Unschuld, Gliick und Friede ihre Zauber ausbreiten.

Der Gegenstand des nachslen Bildes diirfte schwerlich
schon einmal gemalt sein. Schraudolph hat Christum in seiner
Wirksamkeit als Lehrer darsiellen wollen und hat ihn darum
zwischen solche, die sein Wort annehmen, seine Jiinger, und
solche, die ihm widersprechen, Phariséer, gebracht; er hat
aber zugleich, um das Bewusstsein des Lehrerberufs in seiner
grossten Starke zu zeigen, jenen Moment gewahlt, wo ihm
seine Mutter und Briider gemeldet werden, dass sie ihn zu
sprechen wiinschten, er aber nicht darauf eingeht, sondern aus-
ruft: ,,wer ist meine Mutter? wer sind meine Briider? Nur wer
den Willen Goltes that!“ Und hiermit bricht er jede Unter-
brechung seiner Lehrerthatigkeit ab.

Das letzte Bild dieser Folge steht nun freilich in einem
scheinbaren Gegensatz damit, indem wir darin Christus nach der
Auferstehung bei seiner Mutter sehen. Sie liegt vor Schrecken
	und Freude und Anbetung vor ihm auf den Knien, er aber er-
hebt beide Arme wie zu freudig schmerzlicher Umarmung.

Fiir die Vorhalle hat Schraudolph eine Zeichnung gemacht
mit Maria auf dem Throne, der zur Seite links Stephanus und
Franciscus stehen, wahrend er selbst mit seinem Schutzpatron,
Johannes dem Taufer, rechts knict.

Im Styl hat sich Schraudolph naher an Heinrich Hess, als
an sonst einen der neueren Meister gehalten, mit dem Unter-
schiede, dass er cin feineres oder weitergreifendes Naturstu-
dium zeigt, in den Gewindern aber manchmal eine zu grosse
Abhangigkeit von solchen Studien und ihren Zufalligkeiten. Be-
sonders ansprechend ist der Vorlrag oder die Art zu zeichnen;
die Umrisse sind mit grosser Zartheit gezogen, so dass das
feinste Geftihl fir die Schwingung der Linie, die Bezeichnung
der Form darin sich aussprechen kann; Licht und-Schatten sind
in grossen Massen gesondert gehallen, aber der Schattenton
erreicht nirgend eine solche Tiefe, dass der Effekt der Run-
dung damit beabsichtigt sein kénnte; noch weniger ist irgend
ein Farbenunterschied dadurch angedeutet, so dass das Auge
durchaus nicht auf Nebenbeziehungen der Ausfihrung gelenkt
wird, KE. Forster.
	Die Triumphpforte des Kaisers Maximilian von Albr. Direr.
	(iwei Sendschreiben an Herrn Rud. Weigel in Leipzig.)
	Copenhagen, den & Febr. 1853.

Vielleicht wird es Sie interessiren, auch von dem Co-
penhagener Kupferstich -Cabinet einen Beilrag, hetreffend die
Triumphpforte Maximilians von Albr. Diirer, au em-
pfangen.

Wir besitzen dieses Werk zweimal, ganz complet und in
den schénsten Abdriicken. Beide sind, zufolge Bartsch und
Heller, ebenso frithe Abdrticke, wie der als Unicum bezeich-
nete in Wien, indem alle angegebenen Absonderlichkeiten der
erslen Edition hier angetroffen werden.

Diese Mittheilung wtirde Sie also nur in so fern interes-
siren kénnen, als man darnach, so wie neulich in Ihrem Kunst-
blatte ) nach der Nachricht aus Stockholm, annehmen muss, dass
das Exemplar des Grafen Fries nicht einzig sei.

Indessen stimmen unsere Exemplare nicht ganz und gar
mit den Beschreibungen von Bartsch und Heller, indem sie
solche Abweichungen hervyortragen, die, bis zu naherer Auf-
klirung, annehmen lassen, dass sie noch friher abgedruckt sein
miissen, als irgend eins der bis jetzt beschriebenen.

Es scheint namlich, dass sie vor spater statteefundenen
	Correcturem abgezogen worden sind.
Ich will Sie nicht mit einer Beschreibung des schon Be-
	schriebenen aufhalten; nur bemerke ich, dass alle Kennzeichen
der ersten Edition hier zugegen sind. Der 24ste Stock ist hier
in blanco; die Jahreszahl 1505 zweimal, an beiden Seiten un-
ten; die drei Wappen sind da; die Jahreszahl 1559 bei Kaiser
Rudolfs Stelle nicht hinzugekommen u. s. w.

Die Inschriften sind aber verschieden und zeigen, wie mich
diinkt, dass hier einige Correcturen stattgefunden haben.

Dieser Umstand ist zu seiner Zeit dem Baron v. Rumohr

enlgangen und ist jetzt zufalliger Weise entdeckt worden.
Weil wir doch zwei Exemplare besassen, so entschloss ich
mich, das eine auf Leinewand zusammenzuftigen und auf einer
Brelterwand im neuen Locale des Kupferstich-Cabinets an-
schaulicher zu machen. Ich nahm es also vor, die Blatter im
Wasser abzuleimen und zu reinigen, und nun zeigte es sich,
	1) D. Kunstblatt 1653. No. 2.