Paris auf, und dort erscheinende Blalter (Emancipation) hatten schon die Nachricht von seiner Anstellung allda gebracht, aber jetzt steht fest, dass er nach 2—8 Monaten zuriickkehren und seinen Wohnsitz in Brissel nehmen wird, da er vom Kénige mit Anfertigung der Bild- nisse des Duc de Brabant und Comte de Flandre beauftragt ist. Augen- “blicklich spricht man hier von einer beabsichtigten Verlegung der Haupt- akademie nach Brissel, welches Projekt jedoch den Antwerpnern gar nicht gefallen will; denn obgleich beide Stadte so dicht bei einander liegen und obgleich in beiden so viel Ausgezeichnetes geleistet wird, 50 trennen sich doch die Kiinstlerschaften durch ein beiderseitiges, un- angenehmes Vorurtheil. Hier nennt man die Brissler ,Nachahmer der Franzosen* und dort sagt man den Antwerpnern nach, ,,dass sie sich im Diinkel fir die alleinigen legitimen Nachkommen Rubens und van Dyks halten“. Wo Menschen sind, ist Kifersucht, und bei den Kitnst- lern leider ganz besonders. Hounstvereine. Das 25jaibrice Jubilium des Kunstyereins zu HHalberstadt. Von den Kunstvereinen, wie sie heute im Osten, Westen und Norden von Deutschland so zahlreich und erfreulich blahen, war der zu Halberstadt der erste, der (im J. 1828) in’s Leben gerufen wurde und den Anstoss zur Grindung aller tbrigen gab. Wie eine Anzahl dieser Letzteren mit dem Halberstidter Verein zu einem Ausstellungs- Cyklus enger verbunden ist, so war es natirlich, dass dieselben sich besonders bei dem Feste betheiligten. Zugleich war auch die dies- jahrige Versammlung der Kunstvereins-Geschiaftsleiter fiir dieses Jahr um diese Zeit nach Halberstadt verlegt und so hatte denn das schéne Fest von Seiten der vereinigten Kunstvereine eine recht vollstandige Vertretung, Was demselben noch mehr Reiz verlieh, war der Um- stand, dass der Ausdruck der Festfreude sich an eine bestimmte Per- sonlichkeit richten konnte, welche diese 25 Jahre hindurch das Ent- stehen und das Bestehen des Vereins, seine Blithe und Férderung in lei- tender und aufopfernder Thatigkeit mit durehgemacht und grésstentheils bewirkt hat. Die Verdienste des Dr. Lucanus in dieser Hinsicht sind zu allgemein anerkannt bei Allen, die den Kunstvereinen nur irgend naher stéhen, als dass es hier einer besonderen Aufzihlung derselben hedirfte. Schon am Vorabende des Festes wurden die anlangenden Gaste yon dem unermiidlichen Manne, — den seine naheren Freunde wohl wegen seiner wohlthatigen und niitzlichen Pertinazitat in Kunstsachen, wodureh er so anregend zu wirken weiss, scherz- aber zugleich an- erkennenderweise den Kunsttyrannen von Halberstadt zu nennen pfle- gen, — von der Eisenbahn in die Ausstellung gefihrt und spater in den heiteren Raumen seines Hauses durch ein Abendessen bewillkommt, welchem die Durchschau eines Theiles seiner vortrefflichen Sammlung von Handzeichnungen voraufging. Am anderen Morgen begann der Congress seine Geschifte, die er gegen 1 Uhr unterbrach, um dem Feste beizuwohnen. Zu diesem war ein- grosser Saal im Hotel de Prusse durch eine geschmackvolle Decoration ausgeschmiickt, Vor dem Stadtwappen von Halberstadt prangten auf Postamenten die Bisten Sr. Majestat des Kénigs und Sr. К. Н. des Prinzen von Preussen mit Lorbeer umkranzt und umgeben yon farbigen Fahnen und dem dunklen Griin der Orangen und Cedern. Als auswartige Gaste waren erschienen: der Oberprasident von Witzleben, als Vertreter der Provinz, der Landrath von Gustedt, als Vertreter des Kreises, der Chefprasident Marker, als Vertreter der K. Behérden, dann als Abgeordnete der Kunstvereine: die Herren Hof- baumeister Vogell (Hannover), Ober-Finanz-Assessor von Schmer~ feld (Cassel), Dr. Schiller (Braunschweig), Dr. Weber (Halle), Stadtrath Lampe (Leipzig), Schulrath Loof (Gotha), Director Schu- bart (Magdeburg); ferner als Vertreter des Diisseldorfer ,Malkastens* die Herren Karl Hibner und Philipp Lindo, ausserdem der Reg.- Rath Baron von Spiegel, Oberbaurath Hausmann aus Hannover, Hofbuchhandler Ramdohr und Professor Knolle aus Braunschweig und Dr. Eggers aus Berlin. Diese Gaste brachten die Anzahl der zur Festtafel versammelten Halbersladter Kunstvereinsmitglieder bis auf 52, Den ersten Toast brachte der Oberprasident von Witzleben Sr. Majestét dem Kénige, als dem erhabensten Beschtitzer der Kiinste aus. “Dann folgte Dr. Lucanus mit folgendem Vortrage, den wir des interessanten Ueberblicks wegen, den er iiber die Wirksamkeit der Kunstvereine gewabrt, ausfihrlich mittheilen. »Es sind nun 25 Jahre verflossen, seit durch die Kunstausstellung im Frihjahr 1828 hier zuerst versucht wurde: den Residenzen, ins- besondere den Stidten, in welchen Kunst-Akademieen ihren Sitz ha- ben, das Vorrecht, ja das Alleinrecht 6ffentlicher Kunstausstellungen streitig zu machen. Denn da es iberhaupt nur eine Kunst giebt, sie mag sich in Worten, in Ténen, durch Farben oder Formen darlegen, so muss man auch zugestehen, dass die bildenden Kiinste denselben Anspruch auf Popularilét haben, als sich deren Musik und Dichtkunst erfreuen, und dass jede Kunst ein Gemeingut aller Gebildeten sein kann. Der Gedanke, den bildenden Kiinsten mehr und allgemeineren Eingang zu verschaffen, reifte zur Zeit der Vorbereitungen fir das grosse Musikfest 1828 zor That, eben durch unsere erste Kunstausstel- Jung und die durch dieselbe ins Leben gerufene, uneigennitzige Ver- mittelung zwischen den Kiinstlern, resp. deren Werken und dem Pu- blikum, Diese Vermittelung stellte es sich zur Aufgabe, nicht nur hier, sondern ttberhaupt in den mittleren und Provinzialstadten dem Publi- kum 6fter Gelegenheit zum Schauen vieler und méglichst guter Kunst- werke au bieten, dadurch auf das Verirautwerden mit der Kunst, auf Ausbildung des Kunstgeschmacks, ja selbst dahin zu wirken, dass Be- sitz von Kunstwerken nicht blos Sache des Luxus sei, sondern wah- res, inneres und allgemeines Bedirfniss werde, Es gab zwar schon seit langer Zeit eine gewisse Vermittelung zwischen den Kinstlern und dem Publikum, namlich die durch Kunst- handler. Die neue Vermittelung tibernahm die Aufgabe, ohne irgend eigenen Vortheil, beiden Theilen gleich unpartheiisch, ja selbst beim Kanfgeschaft mit sachverstandigem Urtheil und Rath zu dienen. Die Kunstausstellungen waren gewiss die nachsten und sichersten Mittel diese Aufgaben zu Iésen. Um aber dfter und regelmassig wie- derkehrende Ausstellungen veranstalten zu kdnnen, hedurfte es nicht nur einer Gewahr fir die Unkosten des Transports, der Aufstellung, der Beaufsichtigung, Verpackung u. s. w., sondern auch fair Absatz von Kunstwerken, Denn selbst die ginstigste 6ffentliche Anerkennung reicht fir den Kistler nicht aus, denn er ist nicht nur Kinstler, sondern auch Mensch, Familienvater, auf dem Erlés aus den Kunstwerken ist sehr oft die Existenz der Familie basirt, Die Kunst ist, wo nicht auf Reichthum, doch wohl auf Solche hingewiesen, denen reichlichere Mittel zu Gebote stehen als das Be- dirfniss fir ihre Verhaltnisse fordert. Daneben lehrt aber die Erfah- rung, dass selbst die Mehrzahl der bemittelten Gebildeten nicht so viel Interesse fir die Kunst hat, um mit Opfern — waren sie far deren Verhiltnisse auch gering — Kunstwerke zu erwerben. Es trat daher die Nothwendigkeit ein, sich an die Mehrzahl der weniger reichen Gebildeten 2u wenden, um durch kleine Beitrage Vieler dennoch aus- reichende Summen zum Ankauf von Kunstwerken auf den Ausstellungen zu gewinnen; die in unserem Jahrhunderte vorherrschende Neigung fir Associationen dusserte eine entschieden ginstige Mitwirkung, und so traten die Kunstvereine ohne grosse Schwierigkeit ins Leben! Um aber Viele dauernd zu fesseln und die Theilnahme steigernd za vermehren, musste auch die materielle Seite wohl beachtet und fir das Empfangen gleichfalls gesorgt werden, Man musste Hoffnung auf Gewinn, Anspriiche auf Vereinsblatter und andere Vortheile verheissen. Durch glickliche Wahl von Gemalden zur Verloosung und von Ku- pferstichen zur Vertheilung an alle Mitglieder sind den Vereinen durch zunehmende Theilnahme oft grosse Vortheile erwachsen. War es nun deswegen insbesondere fir die kleineren Vereine nicht méglich, vor- zugsweise den hoheren Gesichtspunkt der Kunstbeférderung festzuhal- ten, sO ist es doch vielen Vereinen gelungen, wenigstens einen be~ stimmten Theil der jahrlichen Einnahmen zum Ankauf von Kunstwerken fir eine dffentliche Kunstsammlung, far 6ffenlliche Kunstdenkmaler, ja auch wohl zur Wiederherstellung und zum Erhalten alter Kunstwerke verwenden zu kénnen., Unsere erste Ausstellung 1828 enthielt 97 Gemalde und unter diesen schon sehr werthvolle Reprdsentanten der neuesten Kunst von Th. Hildebrandt, D, Quaglio, Buchhorn, Schoppe, Schéner,