sprochen haben. Hine andere und nicht geringe Zahl derselben
befindet sich gegenwéartig in Italien und bildet so zu sagen eine
kleine Colonie der Frankfurter Schule in der ewigen Roma.
Unter ihnen befinden sich die Historienmaler Otto Donner,
Tobie Andreae, der talentvolle junge Englinder Frederic
Leighton und der Piemontese Gamba, die beiden Brider
und Landschafter Metz und der Architekt Otto Cornill. Auch
der Kupferstecher Professor E. Schaffer verweilt noch in Rom
und fertigt Zeichnungen nach einigen Gemalden von Raphael
und nach dem der himmlischen und irdischen Liebe von Tilian,
um, wieder hierher zuriickgekehrt, sie durch Kupferstiche sei-
ner Meisterhand zu vervielfaltigen.

Von den fremden hier verweilenden Portraitmalern haben
nur wenige in letzter Zeit ihre Werke dffentlich ausgestellt.
Von Lunteschitz aus Besancon sahen wir das Bildniss einer
Dame, Kniestiick, von schéner Anordnung, satter Farbung und
tiichtigem Impasto, was ihm einige andere ausgezeichnete Auf-
trige zugewendet hat. Mehrere mannliche Portraits von C. F.
von Strahlendorf zeichneten sich durch ihre feine Durch-
fihrung rithmlich aus.

Unser trefflicher Bildhauer Eduard von der Launitz
hat auf dem Friedhof das Grabmal fir den verstorbenen hie-
sigen Birger Stephan von Guaita und seiner Gemahlin aufge-
richtet. Es besteht aus einem massiven Unterbau, mit einer
Bedeckung von reich geschmiickten Pilastern im Renaissance-
styl getragen. Darunter stehen zwei Sarkophage, auf die ein
Genius Kranz und Friedenszweige niederlegt. Es ist ein mit
grosser Sorgfalt ausgefiihrtes Werk. — Von eigenthtimlichem
Initeresse sind einige Biisten, welche der Kinsiler gelegentlich
nach Individuen verschiedener Nationalitéten modellirt hat. So
einen Beduinen, einen nordamerikanischen Indianer, einen abys-
sinischen Mohren, eine junge Chinesin und eine junge Zigeu-
nerin. Sie sind alle von héchst charakteristischer Individualitat
und unterrichtend fiir die Kenntniss der verschiedenen Men-
schenracgen. Mit Gelegenheit gedenkt unser Kinsler den Kreis
noch ‘zu vervollstandigen. Auch der Bildhauer Prof. Zwer-
ger hat sein ausgezeichnetes Talent fir Bildnissbiisten durch
einige Werke dieser Art auf’s Neue bewihrt.
	Weber einige dem Leonardo da Vinci zugeschriebene бе.
malde in Spanien und drei andere, die Leda darstellend.
	Yon J. D. Passavant.
	sondern die noch vorhandenen, zum Theil hochgepriesenen cr-
weisen sich als Copien oder Werke anderer Meister.

Der Catalog des kéniglichen Museums zu Madrid yon 1830
verzeichnet deren noch drei. Von ausserordentlicher Schénheit
und vollkommener Erhaltung ist das Bild der heiligen Fami-
lie, No. 778 aus dem Escorial, wo bei Maria und Joseph, halbe
Figuren, die Knaben Jesus und Johannes, bei einander sitzend,
sich liebreich umarmen. Es ist nicht méglich, etwas grazidse-
res zu sehen, als diese zartliche Liebkosung der Kinder und
die zarte Theilnahme der В. Jungfrau, einen griéssern Reiz im
Schmelz der Farben und deren harmonische Wirkung, eine in
sich schéner abgerundete Anordnung. Nur die Zeichnung, wenn
auch schén in den Verhaltnissen und fliessend in den Linien, hat
nicht jene feingefiihlte Modulation, nicht den Stempel jener grimd-
lichen anatomischen Kenntniss, welche der grosse Florentiner
in so hohem Grade besessen. Das Bild erweist sich hierdurch
und tiberhaupt in der ganzen Art der Behandlung als eines je-
ner vorzliglichen Werke des Bernardino Luini, wodurch er, als
treuster Nachfolger des Leonardo, eine so hohe Stellung in der
Lombardischen Schule eingenommen. Der Irrthum in der Be-
nennung darf uns hier um so weniger befremden, als auch an-
derwarts mehrere seiner herrlichen Werke dem Letzteren zu-
geschrieben werden, wie unter andern in der National ~ Galerie
zu London der Christus unter den Schriftgelehrten, aus dem
Hause Colonna; im Museum zu Copenhagen die h. Katharina mit
zwei Engelknaben; und im Palast Sciarra Colonna in Rom die
halben Figuren der Demuth und Eitelkeit. Im Madrider Museum
befindet sich auch noch eine Copie nach den beiden Kindern,
aber nur halbe Figuren, welche dem Cesare da Sesto, jedoch
ohne hinlénglichen Grund, zugeschrieben wird. Auch sonst noch
trifft man zuweilen Benulzungen dieser schénen Kindergruppe,
namentlich von alten Niederlaindern. :

Zwei andere, dem Leonardo zugeschriebene Gemialde im
Madrider Museum sind Copien nach Originalen im Louvre, nam-
lich eine etwas kleinere nach dem Bilde der h. Jungfrau auf
dem Schooss der h. Anna, wobei das Christkind mit einem
Lamm spielt ). Sie hat einen sehr hellen, ins Graue gehenden
Ton, den sie indessen wohl erst durch den Verlust der Lasu-
ren erhielt. Sodann eine Copie nach dem Portrait der berihm-
ten Mona Lisa, aber statt der Landschaft, mit einem dunklen
Grund. Das Bild ist sehr sorgfaltig behandelt, aber ohne rech-
tes Verstindniss, namentlich des. Faltenwurfs.

In der Sakristei der Kathedrale zu Granada bewahrt man
unter Spiegelglas, als ein késtliches Werk des Leonardo, ein
kleines Madonnenbild ,,Nuestra Senora del Secorro“ ge-
nannt. Maria, halbe Figur, hat das Christkind vor sich auf dem
Schoosse liegen und erhebt nach Art des Meisters in der ,,Vierge
aux rochers“ bewundernd die Rechte. Die Bewegung des aus-
gestreckten Kindes ist sehr lebhaft; sein Blick ist nach oben
	Brust legt. — 5. Ein weibliches Portrait, mit einem Kamm, gleich einem
Diadem. — 6. Im Escorial. Eine Maria, welche das vor ihr im Schlaf lie-
gende Jesuskind kiissts links ein sie betrachtender Engel, im Begriff ein
weisses Tuch aufzuheben, und im Grande noch zwei andere liebliche Engel.
— 7. Eine andere kleine h. Familie, die aber dem Berichterstatter selbst
zweifelhaft erscheint. — 8. In Valencia, berichtet ferner Conca, befinde sich
in der Kirche S. Filippo Neri eine kleine В. Familie, und — 9. in Cadix
besitze Don José Martinez in seiner Sammlung ein schénes Brustbild des
segnenden Heilandes, der mit der Linken einen Globus halt und far ein
Werk des Leonardo gehalten werde. — S. hieriiber: Antonio Ponz, Viage
de Epaiia, und: Antonio Conca, Descrizione odeporica della Spagna. Parma
1793.

4) Auch die Nationalgalerie zu Madrid bewahrt eine Copie dieses Bil-
des in der Grosse des Originals, aber von der Gegenseite, mit dem Kinde
zur Linken. Sie ist noch geringer, als jene im kénigl. Museum, aber von
	einem bradunlichen Ton.
91%
	Bekanntlich ftihrte Leonardo da Vinci bei seiner aul so man-
nigfache Weise in Anspruch genommenen Thatigkeit nur sehr
wenige Gemalde aus; und von diesen wenigen, welche uns Va-
sari zum grdssten Theil beschrieben, sind mehrere zu Grunde
gegangen. Daher ihre ausserordentliche Seltenheit, die eben so
seltene Kenntniss derselben und die haufigen, irrigen Angaben
von solchen, die ihm zugeschrieben werden. Nach den Berich-
ten aus Spanien von Ponz und Conca hatte man glauben diirfen,
(lass sich daselbst noch einige seiner Werke von Alters her be-
finden; allein nicht nur sind viele derselben verschwunden  ),
	1) Mengs und Ponz rahmen unter den dem Leonardo zugeschriebenen
Bildern der kénigl, Sammlung, welche, wie es scheint, jetzt nicht mehr
vorhanden sind, besonders: 1. Den Kopf eines, wie sie glauben, Johannes
des. Taufers in jugendlichem Alter und lichelnd, — 2. Das Christkind und
der kleine Johannes mit einem Lamm spielend; nach Conca in des Leonardo
schénster Weise behandelt, nach Ponz aber nur in des Meisters Styl ausge-
fiihrt; daher wahrscheinlich die bekannte Composition des B. Luini. — 3.
Eine Madonna mit dem Kinde, welches den kleinen Johannes kiisst. — 4.
Maria mit dem Christkinde und dem Johannes, welcher seine Hand auf die