im Leben des Pordenone gedenkt. Nahere Kunde von seinen Lebensumstinden und Werken haben in spiterer Zeit die Udi~ neser Kunstforscher gesammelt, zuvérderst Altan in einem kur- zen Aufsatze der Raccolia Calogera ), ausfihrlicher de Renal- dis unter Benutzung der Archive von Friuli?), am vollstaindig- sten aber Maniago®), dem wir die Mittheilung werthvoller Ur- kunden verdanken, miltelst deren wir die Werke des Kiinstlers chronologisch ordnen konnen und eine Uebersicht seiner Ent- wickelungsphasen erlangen. Diese sind so eigenthiimlich, dass, ohne den Leitfaden der Documente, es schwer, ja kaum mig- lich sein wirde, dem Meister auf seinem Gange zu folgen, zu- mal da von seinen Werken nur zwei mit Namen und Jahreszahl bezeichnete sich erhalten haben. Martino, der Sohn eines unbekannten Malers Giov. Bat- tista, wurde nach Maniago’s Angabe um 1450 zu Udine geboren, mil, Sicherheit wissen wir aber nur, dass sein Todesjahr zwischen 1545 und 48 einfallt. Er bildete sich aus in der, damals alle andern in Oberitalien tiberragenden Schule des. Giov. Bellino, der den Schtiler liebgewann und ihm den Namen Pellegrino beilegte *), welcher ihn durch das ganze Leben begleitete. Sein muthmaasslich erstes bedeutendes Werk im nahegelegenen Stadt- chen San Daniele erwarb ihm von dort den Zunamen, und so wurde allmahlig Martino da Udine in Pellegrino da San Daniele verwandelt, unter welchem Namen die Geschichte sein Anden- ken aufbewahrt hat. Mit sehr bescheidenen Anspriichen sehen wir Pellegrino — im Jahre 1495, wahrscheinlich bald nach seiner Ritckkehr aus Venedig, — als Supplikanten auftreten um eine Thorwartelstelle, womit die Obliegenheit, gewisse Wappen und Fahnen zu malen, verbunden ist. Durch dieselbe, welche ihm jabrlich drei und zwanzig Dukaten eintrigt, zu Amt und Brod gelangt, erblicken wir ihn sofort 1497 mit der Tochter eines Magisters Portu- naro aus obgenanntem San Daniele verheirathet und auch schon dort am Orte beschaftigt, die kleine Kirche der Briiderschaft von S, Antonio mit Frescomalereien auszuschmiicken, welche noch existiren und von denen, trotz des vernachlassigten Zustandes des Gebaudes, die Mehrzahl wohlerhalten ist. Der dlteste Theil dieses ansehnlichen Werks sind die Dek~- kenmalereien des Chors, in denen Golt-Vater, die Evangeli- sten und die Kirchenvater in edlen, wiirdigen Gestalten darge- stellt sind, in Typus und Ausfihrung der Bellinschen Schule voll- kommen entsprechend. Der Kinsiler bezeichnete diese Arbeit mit der Inschriit*) perm 1495. рае nach deren Vollendung eine Unterbrechung eintritt, №15 1515, wo deren Fortselzung beschlossen wird, wovon weiter unten die Rede. . Vom Jahre 1500 ist der Contract datirt, aber ein im Dom zu Udine befindliches Altarbild: St. Joseph, stehend, mit dem Jesuskinde in den Armen, das von Johannes verehrt wird, — eine prachtvolle verfallene Saulenstellung im Hintergrunde; ein in cdlem, grandiosen Style ausgefihrtes Werk, das grosse 1) Del vario Stato della Pittura in Friuli, opera posthuma del Conte Fed. Alan di Salvarola. Raccolta @opuscoli scientificr ete. T.1. Venezia 12, . ee Della Pittura ‘Friulana, Saggio storico di Monsignore Conte Girol. mt Ее gan р di Renaldis. Canonico etc. 2, Aufl, Udine 1798. gr. 4. 3) Storia delle Belle Arti Friulane, seritta dal Conte Fabio di Ma- niago. 2. Aufl. Udine 1823. 8. 4) In der Bedeuting: genial, ausserardentlich. 5) Nicht 1497 wie bei Maniago. 93% welcher religidsen oder philosophischen Ucberzeugung Е тег ап- hingt, dass es vielmehr darauf ankommt, welchen lehendigen Geist und geistiges Leben Hiner in sich trdgt. Man kénnte aus Degers Kunstschépfungen Gedanken und Lehren entnehmen, die die or- thodoxe Kirche schwerlich billigen wirde, woyon aber auch un- sere freieste Philosophie noch Nichts sich hat traumen lassen. Wir méchten den Ausdruck kirchlich in sofern gelten lassen, als Deger in manchen seiner Arbeiten wirklich predigt und zwar ein Menschenthum, so heilig, frei und froh, als nie etwas Aehn- liches uns entziickte. Deger hat nicht das Gewaltige, Refor- matorische, wie Cornelius, nicht das Ideale, Begeisternde, wie Kaulbach, aber er hat eben das Schéne, weilt mit seiner Kunst in jener Sphire des Daseins, wo. der letzte Friede geschlossen ist, wo es unnithig wird, sich zu begeistern, zu streben und zu reformiren, — _ Unter dem vielen Schénen, was wir in Degers Werkstatt sahen, wollen wir nur Zweierlei hervorheben. Das Erste ist die Schépfung des Menschen, als Frescobild fir Stolzenfels bestimmt, bis jetzt im Entwurf, im Carton und der Farbenskizze vollendet. Den mittleren Raum des Bildes wird das Ferister einnehmen, tber demselben schwebt Gott Vater in halber Figur mit offnen, seg~ nend ausgebreiteten Handen, Wohlwollen und die Offenbarung schépferischer Kraft im Ausdrucke. Zur linken Seite des Fen- sters steht Adam in angenehmer Landschaft, neben sich einen Léwen und weissen Hirsch; zur rechten Eva mit der Léwin und der weissen Hirschkuh, eine Symbolik, die unbeschreiblichen Eindruck macht. Beide blicken hinauf zu ihrem Schépfer, Adam, die Arme auf der Brust zusammengeschlagen, Eva, die Hande erhoben. Durch die Haltung ihres Kérpers und die Ziige thres Anllitzes zittert, gemissigt je nach ihrem Geschlechte, in lei- sester Bewegung eine Mischung von gliicklicher Verwunderung, seliger Hingabe an das neue Gefithl des Daseins und unge- slarten, ungetrabten Selbstbewusstseins. Man empfindet vor diesem Bilde ganz das Gewicht und Gliick jener Stunde, wo das erste Menschenpaar erschaffen wurde. Das zweite Bild stellt den Siindenfali dar. Die beiden ste- hen noch so unschuldig, wie wir sie eben gesehen haben; aber sie blicken nicht mehr zu Gott empor, sondern zum Apfel hinab, den sie beide in Handen halten und mit zusammen geneigten Hauptern in argloser Neugier betrachten. Das Verbot hat ih- nen die Frucht nur interessanter gemacht, sie werden von ihr kosten, wie ein Kind sein Spielzeug zerbricht, um zu sehen, was drinnen steckt; ihre Schuld bleibt selbst noch unschuldig und ihre Reue ist durch die Einsicht nicht zu theuer erkauft. Dass der Mensch nicht mit dem blossen Schauen und Spiele sich begntigt, sondern auch auf eigne Gefahr zu der Wirklich- keit und der Wesen Tiefe trachtet, ist eben Beweis und Birg- schaft seiner eignen Wirklichkeit und Unverganglichkeit. Es liegt ein unergriindlich philosophischer Tiefblick in solcher kiinstlerischen Auffassung. Der Stindenfall, ist er vorgekom- men, muss so geschehen sein, wie Deger ihn hier aufge- fasst hat. : A. wv. BE. Martino da Udine, der Meister mit dem Monogramm Aus ungedruckten Beitragen zur Kunstgeschichte von E. Harzen. Die ersten sparsamen Nachrichten tiber diesen genialen, aus- serhalb seines Vaterlandes kaum dem Namen nach gekannten Kistler, verdanken wir Vasari, der seiner mit einigen Zeilen