Die vortreffliche Kunstanstalt von Piloty & Loehle in
Manchen hat sich der Erlaubniss zu erfreuen, die Albumblatter
herausgeben zu diirfen und ist schon seit 1851 damit beschaf-
ligt, in héchst wirdiger und anerkennungsweriher Weise von
dieser Vergiinstigung Gebrauch zu machen.

Von der ganzen, die Zahl von 200 iibersteigenden Anzahl
der Blilter umfasst der erste Jahrgang schon 37. Bei allen ist
die Grésse des Originals festgehalten, welches durchweg Ab-
sicht ist. Je nach dem Erforderniss desselben begeguet man
in der Nachbildung dem Kupfer- oder Stahlstich, der Radirung,
dem einfachen Steindruck; dem Ton- und Farbendruck. Dabei
ist zu bemerken, dass viele Kistler die Nachbildung ihrer
Gabe fiir die in Rede stehende Ausgabe selbst itthernommen
haben, wodurch man also Originralwiederholungen zu erhalten
Gelegenheit hat.

Auch die dussere Ausstatlung ist gediegen und elegant zu-
gleich. Eine zierliche Einfassung von Goldlinien umgiebt die
auf starkem Cartonpapier gedruckten Bilder, die Unterschrift ist
gleichfalls in Golddruck. Der Einzelverkauf der Blilter gestattet
die Ancignung von Lieblingsstiicken und von mehreren Exem-
plaren einer und dersclben Composition. Freilich kann dieser
Einzelverkauf erst nach Befriedigung der Abonnenten auf das
ganze Werk eintreten.

Die grésste Mannigfalligkeit in Bezug auf die Gegenstande
der Schipfung ergiebt sich bei der grossen Verschiedenheit der
Darstellungsgebiete sowohl, wie der kiinstlerischen Richtungen
von selber.

Wir haben nur Gelegenheit gehabt, uns an wenigen ein-
zelnen Blattern, die uns zu Gesichte kamen, zu erfreuen, fan-
den aber diese von so sorgfaltiger und anziehender Behand-
lung, dass wir nicht unterlassen konnten, dem Unternehmen
das Wort zu reden.

Wir sahen das EHindruck machende Bild J. Schrader’s:
»Papst Gregor in der Verbannung*, von A. Schultheis in
Stahl weich, zart und doch kraftig gcestochen. Yon demselben
Stecher war die ,Rémerin aus Albano“ von A. Riedel in sehr
befriedigender, energischer Weise ausgefthrt, wahrend er die
» Waisenkinder* von Fltiggen wiederum mit Weichheit und
Milde wiedergegeben hatte. Ein Gleiches gilt von der Aqua~
relle von H. Hess: ,dic Flucht nach Aegypten*, die er durch
eine sehr lieblich gearbeitete Steinzeichnung nachgebildet hat.

Von Woelffle bemerkten wir drei Blatter in Ton- und
Farbendruck. Ganz vortrefflich ausgefihrt ist auf der ,,Hirsch-
jagd* Horschelt’s im Hochgebirge der verendende Hirsch,
besonders der Kopf. Von den Farbendrucken sprach uns der
,Sonnenuntergang auf der Alpe* von E. Diirck am meisten
an. Minder gelungen erschien uns der Luftton auf dem sonst
vortrefflich wiedergegebenen ,,Seesturme* von F. Weiss, des-
sen sonst so scharfes Auge fir Schiffsdarstellungen bei dieser
Aquarelle vermuthlich mehr auf die Gesammtwirkung gesehen
hat. Sehr malerisch in der Wirkung ist das von Lindemann-
Fromme! auf Stein gezeichnele ,,Gewitter“, in einer éden
Flachlandschaft, von Alb. Zimmermann, von scharfer und
klarer Arbeit die von Ch. Preisel in Stahl gestochene Aqua-
relle von R. Lauchert: ,,Madchen mit einem Schmetterling “.
— Fr. Voltz radirte sein Blatt: ,,an der Benediktiner- Wand
in Oberbayern“, cin schr nalurwahres Viehstiick, selber. Es
ist nicht mit den sublilsten Feinheiten der Technik durchge-
fihrt; man hat aber dafiir die kraftige und gesunde Pragnanz
eines Originals. Ein brauner Ton und weiss aufgesetzte Lichter
erhéhen die Wirkung. Eine ,, Madonna“ von Correns, eben-
fails vom Kunstler selbst auf Stein whertragen, ist weich und
angenehm im Korn. Die Gottesmutter sitzt in einer Landschaft,
von einem Palmbaum tiberschattct. г Е.
	Zeitune.
	‘WE ЕСИ. In der hiesigen Glasmalerei-Anstalt ist ein grosses
Gemalde vollendet, welches S. Maj. der Konig fir den Dom au Aachen
hat ausfiihren lassen. Dasselbe, obgleich an sich von hedeutender Aus-
dehnung, wird nur den dritten Theil eines Fensters einnehmen. Die
Composition — von P. von Cornelius entworfen und gezeichnet —
stellt die Himmelfahrt und die Krénung der Maria durch Gott Vater und
Sohn dar, welches oben in den Wolken voilbracht wird, wahrend un-
ten auf der Erde die Jiinger ind Apostel den gedffneten Sarkophag
umstehen, aus welchem lebendige Blumen spriessen. Die Anordnung
des Ganzen, die Gruppirung und Bewegung der Figuren hat sehr viel
Schénes und Wirkungsvolles. Die Farben sind grésstentheils leuchtend,
klar und gleichmassig herausgekommen; nur der Fleischton lasst zu win-
schen tibrig und der blaue, gemusterle Hintergrund ist unruhig wolkig.

An der hiesigen Akademie der Kitnste ist ein Lehrstuhl fiir den
Kupferstich in schwarzer Kunstmanier errichtet und der Professor Lé-~
deritz, der sich schon um private Ausbildung von Schiilern in diesem
Zweige der vervielfaltigenden Kinste Verdienste erworben hat, auf
denselben berufen worden.

Die Originalskizze zum Moses von Michelangelo, von der Hand des
Meisters selbst, auf welche Kugler neulich in der Vorrede zu seinen
Kleinen Schriften hingewiesen, erregt in hohem Grade die Aufmerk-
samkeit der hiesigen Kenner, welche in die Echtheit des Werkes kei-
nen Zweifel setzen. Dasselbe ist durch die lichenswirdige Bereitwil-
ligkeit des jelzigen Besitzers, des Dichters Bernhard vy. Lepel, Nef-
fen des bekannten rémischen Sammlers, den Kunstfreunden zuganglich.

Von Meyerheims Ausfluge nach Thiiringen beginnen die Frichte
allmahlig zu reifen. Ein fast vollendetes Bild stellt das Sommernach-
millags—Stillleben in einer thiringischen Banernstube dar. Die Eltern
sind wahrscheinlich draussen auf dem Felde, nur die Alten, die Kin-
der und die Hausthiere sind daheim. Die greise Grossmutter lasst ihr
Strickzeug einen Augenblick ruhen, um der blonden Enkelin zuzusehn,
die mit ihr an dem spreizbeinigen Tische sitzt und aus der Bibel buch~
stabirt. Der kleine Bruder aber liegt an der Erde und sieht mit scheuer
Neugierde unter der Holzbank durch der Katze zu, welche sich putzt.
Der grosse Ofen mit trocknenden Strimpfen, das stattliche Bett, ein
Vogelbauer und Violine an der Wand, Stiefelkneecht und Kehrbesen am
Boden u. s. w., Nichts fehlt, um die Stube charakteristisch zu machen,
auch die stille Hitze nicht, die am Sommertage darin zu herrschen pflegt.
— Ein anderer Entwurf zeigt im Hintergrunde die verbleiten rund-
scheibigen Fenster, welche in das Dorf und in einen lichten Sommer-
tag hinaussehen. Hine junge Mutter ist mit dem Kleinen auf dem Arme
an das olfene Fenster getreten, um ihn dem Vater, der eben auf Ar-
beit gehen will, zu einem Abschiedskusse hinauszulangen. — Ein drittes
Bild enthalt ein Stick Dorfpadagogik. Der Knabe muss irgend einen
losen Streich haben ausgehen lassen, den die anklagende Mutter dem
strengen Vater mitgetheilf hat, und den derselbe in aller Vollstandig-
keit zu erértern im Begriff ist. Er hat sich dabei bequem niederge~
lassen, faltet die Hande beddchtig tiber dem Knie und ist mitten im Exa-
men rigurosum seines Sprdésslings, der verlegen, den Zeigefinger im
Munde, dasteht.

Von unserm geschatzten Mitarbeiter, Hrn. W. Libke, wird dem-
nichst ein kunsthistorisches Werk unter dem Titel ;,die mittelalterliche
Kunst in Westphalen“ im Verlage von T. 0, Weigel in Leipzig mit
reicher illustrativer Ausstattung herauskommen, Wir machen im Vor-
aus die Freunde mittelalterlicher Kunstforschuag auf diese interessante
Erscheinung aufmerksam,

In der Werkstatt des talentyollen Genre- und Landschafstmalers
Otto Meyer sahen wir ein eben vollendetes grésseres Bild, welches
derselbe fir die Sammlung des Hra. Cartwright in England ausgefahrt
hat. Es ist ein Stick stidlichen Landlebens vor einem Wirthshause in
einer italienischen Gegend. Ein tanzendes Paar, — das Madchen voll
unbewusster Anmuth — zuschauende Gruppen aus jedem Lebensalter,
in denen sich eine Alte mit einem nackten Kinde, der Zitterschlager und
tanzlustige junge Madchen bemerklich machen, ein kleiner Traubenes-
ser; auf der andern Seite unter Blumen hingelagerte Kinder, Esellrei-
ber im Gesprach mit einer jungen Dirne, — das Alles ist ausdrucks-