an welchem ein Fahnchen mit hebraischer Schrift. Ein bei ihm knieender Jude entrollt gebtickt ein grosses Pergament mit he~ braischer Schrift, wahrscheinlich cine Verheissung auf den Hei- land, und scheint ihn sehr ergriffen zu befragen, wird aber von diesem hohnlachelnd abgewiesen. Neun andere Juden toben und schreien, zerreissen ihre Kleider, oder halten sich дауоп- eilend die Ohren zu, alle von sehr sprechendem Ausdruck in Mienen und lebhaften Geberden. Welchem Meister diirfen wir nun dieses ausserordentliche Werk zuschreiben? Sicher ist es weder von Roger van der Weyden dem: Alten, noch von Hans Memling, noch von Juan Flamenco, sondern es ge~ hort der friiheren Richtung der Eyckischen Schule an, steht namentlich im allgemeinen Ton der Farbung dem Justus von Gent, einem Schiller des Hubert van Eyck, naher. Aber Фе Гете Zeichnung der Hande und die Carnation der jugend- lichen Képfe, mit weisslichen Lichtern und braunlichen Schatten, stimmt mehr mit der Art des Johann van Eyck. Dagegen ist wieder der allgemeine Ton weit lichter, als bei diesem, sind die Falten der GewAnder nicht so scharf und eckig gebrochen, sondern hat iiberhaupt die ganze Behandlungsweise viel Ueber- einstimmendes mit dem Bild der gerechten Richter in Berlin, von dem wir nicht mit Sicherheit angeben kénnen, welchem der van Eyck es angehért. Die grossartige Conception und Be- handlungsweise unseres Gemaldes in Madrid scheinen mir je- doch dafiir zu zeugen, dass wir in diesem merkwirdigen Werke eins der herrlichsten Hervorbringungen des Hubert van Eyck besitzen. Méchten wir hieriber sichere Nachweisungen aufzu- finden das Glick haben. Nicht so bedeutend sind zwei kleinere Fligelbilder aus der altern Schule der van Eyck, von denen das Mittelbild fehlt, im kéniglichen Museum zu Madrid. Sie werden dort im Catalog von 1850 unter No, 1401 und 1403 irriger Weise dem Johann van Eyck zugeschrieben. Der Fliigel links zeigt den vor einer gedffneten Thiire knieenden Donatar; er tragt eine braune Kulle, ein schwarzes Kappchen und Sandalen, gleich einem Franzis- kaner. Bei ihm steht Johannes der Taufer, ein Lamm auf einem Buch im linken Arm haltend. Den Grund bildet ein Gemach mit hélzernem Tonnengewélbe nach niederlindischer Weise. An dem Holzverschlag des Zimmers hangt ein convexer, run- der Spiegel, in dem sich zwei stehende Franziskaner und die Aussicht durch ein Fenster in die Stadt abspiegeln, wahrend man durch ein Fenster links eine Aussicht auf das Land hat, in dem eine Burg und ein Schneegebirge in der Ferne. Die Fiisse des Johannes sind noch schlecht gezeichnet; der braune Ton in den Schatten der Carnation ahnelt dem bei Hubert van Eyck, ist aber im allgemeinen nicht sehr kraftig und auch aie Zeichnung nicht von besonderer Feinhcit. Das volle Gesicht des Donatars Heinrich Werlis, Magister aus Kéln, ist von spre- chender Individualitét. Unten hat das Bild folgende etwas ver- Jetzte Inschrift vom Jahr 1438: Mna. miltemo c g’ter p. ter. et acto . hic fecit effigie..... gi miftres Hericug Werlig mgr tolon. — Auf dem Bild des rechten Fligels befindet sich die auf rothem Polster sitzende h. Barbara, welche in einem Buche liest. Sie trigt cin goldbrokatnes Kleid unter einem blauen, mit grauem Pelz besetazten Oberkleid; ihr Mantel ist grin. In einem Kamin hinter ihr brennt ein helles Feuer, alle Gegenslinde ringsum beleuchtend; auf der Kaminkappe stehen die Figuren der Tri- nilat. Durch das Fenster links sieht man in einer Landschaft die Enthauptung der Heiligen und einen Thurm, der gebaut wird. Die Wélkchen am Himmel sind fein und kraus, wie sie der iltere Roger zu machen pflegte. Die Riickseiten, jetzt grau iiberstrichen, zeigen noch die Spuren von Heiligenscheinen che- mals darauf gemalter Figuren. Ein -besonderes Interesse fiir die Kunstgeschichte haben niederlandischen Schule, von denen Anton Ponz in seiner heise durch Spanien noch viele namhaft macht, indem er sie als Werke in der Art des Albrecht Direr bezeichnet, was bei ihm aber in der Regel so viel, als aus der Schule der van Eyck bedeutet. Indem wir nun hier iiber die uns in Spanien zu Gesicht gekom- menen Gemalde der germanischen Schulen berichten, haben wir weiter zu beklagen, dass fast alle Tradilionen tber sie und ibre Herkunft verloren gegangen sind und es uns daher nicht immer gelingen konnte, deren Meister mit Sicherheit zu bestim— men, Wie irrig die meisten Angaben dariiber in Spanien selbst sind, ist schon Ofters geriigt worden und kann auch aus den sonst schr schatzbaren Miltheilungen ersehen werden, welche die Kunstblatter von 1822. No. 15. 16. 95. und von 1823. No. 7. enthalten, wobei man den Benennungen in Spanien gefolgt. Aus jencn Notizen erfahren wir jedoch, dass damals viele altdeutsche oder niederlindische Gemalde vorhanden waren, die jetzt nicht mehr daselbst zu finden sind und die ich vergeblich in den, al- lerdings sehr tiberfillten, kéniglichen Magazinen in Madrid auf- gesucht. Das ausgezeichnetste Eyckische Gemilde in Spanien, und liberhaupt eines der bedeutendsten, die es giebt, bewahrt das National- Museum in S. Trinidad zu Madrid. Es stellt den Born der lebendigen Wasser dar, ist von tiberhéhtem Format, von etwa 5 Fuss 6 Zoll Hohe, mit einem schmalen daraufge- selzten Bogen von 18 Zoll Héhe, und stammt aus dem Kloster del Parral zu Segovia. Die tberaus reiche, schén geordnete Composition zeigt im oberen Theile den unter einem gothischen Tabernakel thronenden, segnenden Christus, angethan mit einem Purpurmantel, eine priesterliche Krone auf dem Haupte und einem Scepter in der Linken. Vor ihm liegt ein Lamm. Auf einer hochlehnigen Bank, mit einem rothen, golddurchwirkten Teppich bedeckt, welche den Raum abschliesst, sitzt links dic h. Jungfrau, in einem Buche lesend, rechts in griinem Gewande der sehr jung gehaltene Johannes, der Evangelist, in einem Buche schreibend, An dem Thurm des Tabernakels befinden sich 17 Statuetten, gleich Propheten und Aposteln. Aus dem, mit den Symbolen der vier Evangelisten versehenen Throne Christi ent- strémt eine Quelle, in der Hostien schwimmen und die durch einen Wiesengrund fliesst. Zu beiden Seiten erheben sich go- thische Gebiude mit Hallen. In diesen und auf der Wiese be- finden sich vier Gruppen von musizirenden und singenden En- geln, ohne Fliigel, in weissen Kleidern. Einer derselben rechts zeigt auf einen Pergamentstreifen nach einer Stelle aus dem Canticum Canticorum. Caput 4. Vers 15, die in der Inschrift mit hier aufgelésten Abkiirzungen also lautet: Can... fang. orterunt .puteus. aquarum. inentium. (Brunnen der Garten, Born lJe- bendiger Wasser.) In der untern Abtheilung, an der licht- grauen Wand der Terrasse, fliesst das Wasser mit den Hostien aus einem goldnen Tabernakel in ein Brunnenbecken. Vor die- sem, links, knien die giaubigen Christen, in allem elf Figuren; unter ihnen ein Papst, ein Cardinal, ein Bischof, ein Kaiser, ein Konig und sechs andere Personen, dabei ein Geistlicher. Sie alle sind sehr individuell dargestellt, namentlich letzterer, der vielleicht der Donatar sein dirfte. In einem anderen Mann, zu iusserst am Rande, scheint, seinem beobachtenden Blicke nach, der Kiinstler sich selbst in einem Alter von etwa 40 Jahren portraitirt zu haben. Das Costiim, aus der ersten Halfte des 15. Jahrhunderts, ist dem, im Genter Bild der van Eyck sehr ahnlich und ein Herr, in reichem Pelzkleide und mit einem Orden geziert, tragt eine Pelzmiitze gleich der des Hubert van Eyck auf dem Bilde der gerechten Richter, das zu jenem Werke ge~ hért. Gegeniiber, auf der Seite rechts am Wasserbecken, be- finden sich die ‘Manner des blinden Judenthums: Der Ober- priester mit verbundenen Augen halt einen gebrochenen Stab,