gréssere, mittlere, in die Breite geht. Sie zeigen in halben, beinahe lebensgrossen Figuren die Gefangennehmung Christi, dessen Dornenkrénung und Geisselung. Die Malerei ist sehr tiichtig, aber es versteht sich bei unserem Meister von selbst, dass der Schergen charakteristische Kopfe bis zur Carricatur gesteigert und die grau in grau gemalten Eckfelder aufs aben- tenerlichste mit einem Kampf von Ungeheuern mit Engeln aus- gefullt sind. Von den zwei im kénigl Museum zu Madrid dem Lucas von Leyden zugeschriebenen Madonnenbildern, ist das eine, No. 425, ein feines, liebliches. Bild, in jenes Meisters Art be- handelt. Der Faltenwurf ist grossartig, die Ornamente und Strahlen sind mit Gold gemalt. — Das andere, unter No. 429, ist gleichfalls ein hiitbsches niederlindisches Bild, welches aber noch dem 15. Jahrhundert angehéren darfte. Ein Gemalde von Auszeichnung in demselben Museum, No. 427 bezeichnet, wird irrig dem Martin Schén zugeschrieben, wahrend es sicher von einem Niederlinder des 16. Jahrhunderts gemail ist, und ich glaube selbst bestimmt die Hand des Ber- nard van Orley darin zu erkennen. Die in der Mitte erhdhte Tafel zerfallt in drei Abtheilungen mit halben, fast lebensgrossen Figuren; neben dem segnenden Heiland befindet sich links die h. Jungfrau, rechts Johannes der Taufer, welche alle sehr an dieselben Personen in dem Genter Altarblatt von Hubert van Eyck, in Bezug auf ihre Darstellungsweise, erinnern; in der Behandlung. und Zeichnnng aber sind sie weit durchgebildeter in der Art des 19. Jahrhunderts; und in dem singenden Engel, welcher sich in einem Kreise tiber dem Christus befindet, und worin der Meister als Erfinder auftritt, verrath er sich mir un- verkennbar als Bernard van Orley aus seiner bessern, frihern Periode. Unter den sechs Bildern, welche im Museum dem Joachim Patenier zugeschrieben werden, verdient das gréssere, No, 413, besondere Erwahnung. Es stellt in reicher Landschaft die Ruke der h. Familie auf der Flucht nach Aegypten dar. Maria giebt hier dem Christkinde die Brust, wihrend Joseph mit einem Milch- napf herbeikémmt. In dem Felde sind Bauern mit dem Schnei- den des Korns beschaftigt. — Das Bild der Ueberfahrt der See- len durch Charon, No. 1031, und die Versuchung des h. Anto- nius, No. 504, erinnern in Darstellungs—- und Behandlungsweise sehr an Hieronymus Bosch. — Gleich letzterm hat auch das feine Bildchen No. 494 einen tiefen Ton; es zeigt in einer vom Meer begrenzten Landschaft den h. Hieronymus in seiner Héhle. Eine Maria mit dem Christkinde in reicher Landschaft, No. 448, ist in der Art des Henry de Bles behandelt und diirfte ihm auch angehéren. Von Johann von Mabuse finden wir hier nur ein Bild der h. Jungfrau mit dem Christkind in den Armen. Es ist in seiner italienischen Weise behandelt und mit No. 457 bezeichnet. Auch von Michael Coxcie ist im Museum nur das grosse Gemalde des Todes der Maria vorhanden, welches Philipp II aus der S. Gudulakirche zu Briissel um eine betrachtliche Summe gekauft hat. So farbig auch das Colorit gchalten ist, so lasst dieses beriihmle Werk doch sehr kalt. Die dem Quintyn Massys zugeschriebenen Bilder, die halben Figuren des Heilandes und der Maria, No. 424 und 426, sind zu gering fiir diesen Meister und dirften dem Johann Massys angehéren. Der Barbier, welcher cinen Soldalen ope- rirt, No. 1042, hingt zu hoch und dunkel, als dass ich mir ein bestimmtes Urtheil tiber dieses Bild hatte bilden kénnen, doch zweifle ich daran,; dass es von Quintyn ist. (Fortsetzung folgt.) Odunstliteratur. Der Dom зи Drontheim und die mittelalterliche christ- liche. Baukunst der scandinavischen Normannen. Von A. v. Minutoli. Nebst 12 lithogr.-Tafeln. Berlin, Dietrich Reimer. 1853. Es gibt Friichte, die unter einer Anzahl minder anmuthen- der Hiilsen und Schalen einen erfreulich gesunden Kern bergen. Wir lassen uns die Mihe nicht verdriessen, die Umhillungen zu beseitigen, die wir als nutzlos fortwerfen, um den reinen Genuss des inneren Gehaltes uns zu eigen zu machen. So geht es uns auch mit dem hier zu besprechenden Werke, das wir erst aus einer Ueberzahl kiihner Hypothesen herausschilen miis- sen, um zu dem posiliv Verdienstlichen, zu dem realen Kern desselben zu gelangen. Nur die freimithige Anerkennung, die wir dem Verfasser dafiir schulden, dass er unsre kunstgeschicht- lichen Kenntnisse durch Nachrichten tiber die bis jetzt ziemlich unbekannte Architektur Norwegens bereichert, ist uns Veranlas— sung, auch auf die selisamen Einfalle und Schlussfolgerungen uns einzulassen, die — man verzeihe uns den Ausdruck — vollig geeignet sein wirden, die Baugeschichte in ein fantastisches Baumarchen zu verwandeln. Der Gedankengang des Verf. ist einfach der, dass er nach einer kullurgeschichtlichen Einleitung die Denkmiler der scan- dinavischen Architektur ‘in Schweden, Norwegen, Island und Amerika, sodann im Besondern — als héchste Blithe derselben — den Dom von Drotheim beschreibl; dass er in diesem Ge- baude einen eigenthiimlichen Sty] findet, den er als specifisch norwegisch erkennen zu miissen glaubt; dass er durch Zugrunde- legung der Altesten Baudatirungen es dahin bringt, den Dom zu Drontheim als friihesten gothischen Bau der Christenheit auf- zustelien, ja mit der Behauptung hervorzutreten, dass der 20- thische Styl vom Morgenlande iiber Norwegen erst den Weg nach England, Frankreich und Deutschland gefunden habe; end- lich, dass selbst der Ursprung des normannischen Rundbogen- styles nicht wie bisher in der Normandie, sondern im scandi- navischen Norden gesucht werden miisse. — Betrachten wir, unbeirrt yon diesen Hypothesen, zuerst ruhig das Thatsachliche. Zunichst wird tber die ,Denkmaler der scandinavischen Architektur vom XI. bis zum XIV. Jahrhundert® berichtet. Im Allgemeinen ist Norwegen, der spirlichen, weit zerstreuten Be- vélkerung entsprechend, arm an Kirchen. Auf einer Reise von 200 deutschen Meilen sah der Verf. vierzehn Holzkirchen; in den siidlichen Theilen herrscht der Steinbau vor, ohne jedoch zahlreicher vertreten zu sein. Die Anlage der Holzkirchen be- folgt gewdhnlich die Kreuzform, meistens die des griechischen Kreuzes, aus dessen Mille sich ein hoher Thurm mit schlan- ker, achteckiger Spitze zu erheben pflegt; aber auch achteckige Holzkirchen kommen vor. Einige sind aus Schichten von Bal- ken, andere (die ,,Reiswerkkirchen“) aus aufrechtstehenden Bohlen errichtet, manche ganz mit grossen Schieferplatten ver- kleidet. Die meisten dieser Kirchen sind von offenen Hallen umgeben, von denen in aufsteigender Richtung durch die Sei- tenschiffe, das hohe Mittelschiff und den noch hoheren Thurm auf dem Kreuze das Ganze sich in malerischer Weise auf- gipfelt. Das Innere ist von ecinfachem Charakter, durchweg von Holz ausgefiihrt: von Breliern ist das Tonnengewolbe, wel- ches das hohe Mittelschiff bedeckt; von Holz sind die Tragsdulen sammt ihren wiirfelformigen Kapitdlen; von Holz sogar die zierlich geschnitzten Orgelpfeifen. Interessanie Kirchen dieser Art (be- reits von Dahl herausgegeben) sind zu Borgund, Hitterdal, Wang, Urnet. Dahl sucht das Aller dieser Holzbauten in’s XL. Jahrhundert mindestens hinaufzurticken. Indess ist fiir keine