der in Rede stehenden Kirchen die Datirung aus dem XI. Jahr-
hundert erwiesen worden, und muss eine solche tiberhaupt in
hohem Grade unwahrscheinlich genannt werden. Die einzige
Kirche zu Tellemarken ist sicher datirt, da sie gemass einer
am Portal befindlichen Runenschrift von Bischof Rainer (reg.
1180— 1190) erbaut sein soll. Dieselbe fallt demnach sogar in
den Ausgang des XII. Jahrhunderts, und aller Wahrscheinlich-
keit nach, da saémmtliche Kirchen dieser Art hinsichtlich ihrer
stylislischen Durchbildung einander sehr ahnlich zu sein schei-
nen, differirt das Alter der tbrigen héchstens um ein Jahrhun-
dert. Von der Apostelkirche in der Burg zu Bergen, die 1110
erbaut worden sein soll, lisst sich nicht urtheilen, da dieselbe
nicht mehr vorhanden ist.

Was nun die Schilderung der ornamentalen Ausstallung an
Kapitélen und Portalen dieser Kirchen betrifft, so hatten wir
dieselbe etwas deullicher, sachgemasser gewiinscht, anstatt dass
der Verf. mit Anklangen an byzantinische, anlike, ja sogar
fgyptische und asiatisch-orientalische (1!) Vorbilder Alles zu
erklaren sucht, und die allen Norweger, die gewiss in ganz
naiver Weise den in allen christlichen Landern damals wblichen
Steinbau nachgeahmt haben, zu Compilatoren der Kunstformen
aller Lander und Zeiten umstempelt. Das Wunderliche und Un-
_beholfene, welches viele dieser Arbeiten charakterisirt, wird
sich unsres Bediinkens theils iiberhaupt aus der fantastischen
Sinnesrichtung des hohen Nordens, theils gcrade aus der Nach-
	ahmung von Formen, die in Stein ausgefiihrt einen ganz ande-
	теп бис und Schwung der Linien gewinnen, vollstandig erkla~
ren lassen. Das Material des Holzes ist vermége seiner fase-
rigen, vom Porésen der baulich verwendbaren Steinarten dia-
meiral verschiedenen Struktur so eigenwillig, dass es zu allen
Zeiten und in allen Klimaten die schnitzende Hand zu verwandter
Formbildung zwingt. Geht man aber darauf aus, in diesem Ma-
terial unktinsilerisch genug die aus dem Steinbau hervorgegan-
genen Schépfungen zu copiren,’so muss das nothwendig zu
Wunderlichkeiten aller Art fihren. Dass die byzantinische Bau-
kunst den zu jener Zeit in Iebhafiem Verkehr mit Constanli-
nopel stehenden Norwegern vorzugsweise als Vorbild fiir diese
Kirchen сеет habe, ist ohne Widerrede zuzugeben. Aber
es muss tiberhaupt wohl im Auge gehalten werden, dass die
Holzarchitektur des scandinavischen Nordens eine spalere Tochter
	des schon in blithe stehenden Steinbaues war — denn wer
wiirde sonst darauf fallen, eine Holzbedeckung nach Art von
Tonnengewélben zusammenzufiigen? — dass aber nicht umge-
	kehrt wieder, wie рег ха егомеги 156, machtige Steinbauten
Deutschlands und andrer Lander von diesen norwegischen Holz-
kirchen herzuleiten sind. Fassen wir das in dem Abschnitt
tiber die Holzarchitektur Gegebene zusammen, so sind aller-
dings neue Notizen den alten hinzugefiigt worden, aillein zur
naheren Verstandigung tiber die stylistische Bedeutung der Dinge
kénnen alle jene Vergleichungen, die bis in den Orient und
sein grauestes Alterthum hinaufgreifen, kein neues Moment hin-
zubringen, und man wird hieriiber nach wie vor den Leser auf
Kugler’s Kunstgeschichte (2. Aufl. S. 498 fig.) verweisen mtis-
sen, wo nach dem Dahl’schen Buche der Charakter jener Mo-
numente mit kurzen, prégnanten Worten pricisirt ist.

Die Mittheilungen tiber die Werke der Steinarchitektur um-
fassen die Monumente in Schweden, Norwegen, Island und
Amerika. In Schweden zeigt der sogenannte Odinstempel bei
Upsala, von dem ein Grundriss und eine dussere Ansicht auf
Taf. 1. und X. gegeben wird, eine Central- Anlage mit Vorlage
eines Chorraums und einer Nische, bei rundbogiger Wolbung
der Oeffnungen. Den Dom zu Upsala, von welchem ein Grund-
riss auf Taf. 1., will der Verf. der zweiten Halfle des XIII. Jahr-
hunderts zusprechen; die Geslallung des Grundrisses ist. aber
	еше 50 entwickelt golhische, dass wir die bekannte Notiz, welche
die Kirche im Jahre 1287 durch den franzésischen Baumeister
Etienne de Bonneuil erbaut werden ldsst, dahin deuten miissen,
dass der Bau um diese Zeit zwar begonnen, seine Vollendung
aber jedenfalls erst im XIV. Jahrhundert, vielleicht erst in der
Spatzeit desselben erfolgt sei. Der Dom zu Lund, der von
einem italienischen Archilekten Donatus erbaut worden sein soll,
zeigt eine so entschiedene Uebereinstimmung mit der Anlage
gewolbter Basiliken Niedersachsens, dass wir muthmassen miéch-
ten, jene Nachricht sei auf einen friheren Bau zu beziehen,
Der Wechsel von Saule und Pfeiler im Schiff; die Art, wie von
Pfeiler zu Pfeiler ein Rundbogen je zwei Arkadenbégen um-
fasst; die beiden viereckigen Westthiirme, die den Schluss der
Seitenschiffe bilden; das Kreuzschiff und die ganze Choranlage,
kurz Alles scheint fiir eine Einwirkung von Deutschland zu
sprechen.

In Norwegen scheint die Zahl der Steinkirchen ebenfalls nicht
sehr erheblich, allein an ktinslerischer Durchfiihrung ist manches
Denkmal bemerkenswerth. Die meisten Kirchen folgen dem Basi-
likenschema, haben eine Apsis oder auch geraden Chorschluss,
zuweilen auch mitten auf dem Schiff einen kraftigen Thurm.
Der Dom zu Stawanger, eine der bedeutenderen Kirchen des
Landes, ist noch im Rundbogensty] erbaut mit flach gedecktem
Mitlelschiff und gewélbten Seitenschiffen. Nur der 6stliche Theil,
von welchem eine Holzschnilt- Vignette Anschauung gibt, ist of-
fenbar spater, in einem friahgothischen Styl mit geradem Schluss
und breilem Fenster nach Art der englischen Bauwerke und von
zwei viereckigen Thiirmen flankirt. In Bergen ist von einer
grossen Anzahl kirchlicher Gebaude Quan gibt 30 Kirchen an)
das Meiste untergegangen. Interessant dagegen sollen die K6-
nigsburgen zu Bergen und Drontheim sein, und es wiirde dan-
kenswerth gewesen sein, wenn davon Zeichnungen beigebracht
worden waren, Die Facade des Schlosses zu Bergen soll an die
Palaste zu Palermo und entfernter an den Kaiserpalast zu Goslar
erinnern. Das unlere Stockwerk ist fensterlos wie dort, das
milllere enthalt sechs breite Rundbogenfenster, das obere zeigt
sieben durch cine Saule getheilte Spitzbogenfenster. Eine Zin-
nenbekrénung soll ehemals den Abschluss gebildet haben. Im
geraumigen Kénigssaal werden die Wéande durch Arkaden von
Kleeblattbogen auf Séulen belebt. Auch diesen Bau sucht der
Verf. méglichst hinaufzudatiren, denn cr halt dafir, dass das
vorhandene Gebdude jenes nach einer Zerstérung unter Konig
Inge (reg. 1204— 1217) aufgeliihrle sei. Aus einer Note der-
selben Seite (Note 6, Seite 12), welche die betreffende Stelle
des Geschichtsschreibers v. Holberg auszieht, geht aber deutlich
hervor, dass jener Wiederbau nur einen hélzernen Saal begriffen
habe, und dass erst unter Hakon Hakonson (reg. 1217 — 1263)
der grosse sleinerne Saal erbaul und der ganze Konigshof mit
einer Mauer umzogen wurde. Diese Unternehmungen scheinen
um oder nach 1248 zu fallen, in welchem Jahre die von dem-
selben Kénig neu erbaute Apostelkirche durch den Kardinal
Wilhelm eingeweiht wurde. In jener Zeit aber machen dreissig
Jahre cinen nicht gering anzuschlagenden Unterschied aus.

Da tiber die Denkmaler in Island und Amerika wesentlich
Neues nicht beigebracht wird, so wenden wir uns nun zum
Haupttheile der Schrift, zam Dom von Drontheim, dessen
Darstellung auch die Mehrzahl der lithografirten Tafeln gewid-
met ist. Wir werden vorab von der Baugeschichte desselben
nur so viel geben, als zur Erklarung seiner Grundanlage erfor~
derlich scheint, und zunachst nur eine kurze Schilderang des
Gebaudes versuchen. Hierbei kénnen wir die Bemerkung nicht
unlerdracken, wie wiinschenswerlh es gewesen ware, wenn der
Text des Buches uns darin wesentlicher unterstiitzt hatte; aber
trotz der minulidsen. Detailbeschreibung, an der nur die Gewissen-