den Fall des hohen Thurmes, der ohne Zweifel auf der Kreu-
zung sich erhob, den ersten bedeutenden Stoss erlitten. @е-
genwartig ist es so sehr zerslért, dass nur die Umfassungs-
mauern der Seitenschiffe und das untere Stockwerk sammt den
unteren Theilen der Westfagade erhalten sind, ja dass dieser
ganze Theil der Kirche, durch Mauern von den éstlichen Par-
tieen getrennt, als Begrabnissplatz dient. Eine ideale Restau-
ration, die der Verf. mit Gliick versucht und theilweise mit
feinem Sinn durchgefihrt hat, ergibt fiir die Betrachtung Fol-
gendes, ,

‘Das éstliche Polygon wird durch acht Sdulenbiindel be~
granazt, die durch reich profilirle Spitzbégen verbunden sind.
Zwischen je zwei derselben trit! cin aus wenigeren Gliedern
zusammengeselztes Saulenbiindel, welclies mit den Nachbarsaulen
ebenfalls durch Spitzbégen zusammenhingt, so dass also zwei die-
ser niedrigeren Bégen von einem jener grésséran umfasst sind.
In das dadurch entstandene Mittelfeld ist ein Vier- oder Viel-
pass construirt. . Durch diese Bogenverbindungen ist zugleich
die Héhe des Umganges gegeben, dessen, Ueberwélbung eine
ziemlich complicirte ist. Die Decke ist namlich in viereckige
und dreieckige Felder zerlegt; die ersteren haben einfache Kreuz-
	оеубШе, die anderen sind in je vier Kappen getheill, deren
	Rippen auf Wandsaulen und auf Diensten, die sich von diesen
leuchterartig abzweigen, — cine ganz originelle, wie es scheint,
einzig dastehende Form — ruhen. Drei Seiten des Umganges
éffnen sich nach eben so vielen kleinen viereckigen, mit Kreuz—
gewélben versehenen Kapellen; an den tibrigen Seilen wird die
Wand durch zwei im gespilzten Kleeblattbogen geschlossene
Fenster durchbrochen, iber. deren Scheiteln ein Rundfenster
die Gruppe vollendet. Die dekorative Ausstattung aller dieser
Raume ist von hoher Brillanz; namenilich sind. dic -unteren
Theile der Wande durch Saulenstellungen und Wandarkaden
vielfach belebt; in den Kapellen sind es runde Kleeblattbogen,
deren leere Bogenfelder durch schuppenartig gereihte Blatter
geschmntickt werden; im Umgange sleigen lanzetformige Spilz-
bégen von den Séulen auf, werden aber, um die Flache dop-
pelt reich auszustalten, durch andere Spitzbégen gekreuzt, die
auf prachtigen Konsolen ruhen; im Mittelraum*endlich ist dic
durch Siabwerk und eine Galerie gezierte Brtistungsmauer von
staltlicher Wirkung.

Im Mittelraum wieder angelangt, verfoleen wir die Con-
struktion der oberen Theile. Aus den acht Hauptsdulen schwin-
gen sich schlanke Diensle an der Oberwand hinauf, erleiden
bald eine Durchbrechung durch den kriftigen, blumengeschmiick-
len Fries, der das untere Geschoss begrenzt, verfolgen nach
einer Verkrépfung die begonnene Richtung und enden in cinem
kraftig gebildeten Kapitile, von wo acht Rippen aufsteigen und
sich im Schlusssteine zusammenneigen. Dies oberste Stockwerk,
durch ein Gesimse begranzt, umschliesst die Fenster, deren jede
Schildwand drei schmale spitzbogige, von Sdulchen umrahmie
enlhalt, von denen das mittlere die seitlichen an Hohe betracht-
lich iiberragt. Das zwischen den Fenstern und dem unteren
Stockwerk liegende zweite Geschoss ist durch ein prachliges
Triforium geziert, welches die untere Arkadenstellung durch
seine zierlichen Biindelsdiulen wiederholl, aber durch abermali-
ges Hinschieben von Saulchen sie nochmals zerlegt. Die leeren
Bogenfelder werden durch Roselten brillant ausgefillt. Fasst
man den Eindruck des Ganzen in’s Auge, der durch einen Durch-
schnitt auf Taf. II. uns naher gebracht wird, so ergibt sich ein
Bauwerk von eigenthimlich reicher Anlage, Gliederung und
Durchfithrung, und vereinigt man damit den Charakter der Or-
	’пашепик, die in kostbaren Stcinarten mit vorztglicher Sorgfall
	ausgefihrt sein soll, so wird dieser EKmdruck noch potenzirt.
Doch es ist nicht méglich, den Blick auf das Polygon allein
	haftigkeit anzuerkennen, gelingt es dem Verl. nicat, ein an-
schauliches Bild von seinem Gegenstande im Leser zu erwecken.

Der Dom zu Drontheim liegt, wie das in Farbendruck vor-
trefflich ausgefiihrte Panorama der Stadt und ihrer Umgebungen
zeigt, auf einem wasserumschlossenen Higel am dussersten
Punkt der gegenwarligen Stadt. Wie der erste Blick auf den
Grundriss (der auf Taf. I. leider nicht nach einer besondern Auf-
nahme, sondern nach der ungenigenden und theilweise unrich-
tigen von Schéning enthalten ist) beweist, machen mehrere ur-
springlich gesonderte Bau-Anlagen den Bestand des vorhan-
denen Werkes. Seinem Hauptkerne nach bildet es ein Lang-
haus von betrachilicher Langenausdehnung bei geringer Breite,
das von zwei niedrigen Seitenschiffen begleitet und von einem
stark ausladenden Kreuzschiff ohne Abseiten durchschnitten wird.
Das Langhaus reicht bis an die westliche Schlussmauer, da die
‘beiden viereckigen Westthiirme zu beiden Seiten der Neben-
schiffe angeordnet sind, so dass hierdurch eine Art von zwei-
tem Kreuzschiff entsteht. Auf der Durchschneidung des dstli-
chen Kreuzschiffes und des Langhauses erhebt sich ein Thurm-
bau, wic aus den vier gewalligen, vielfach gegliederten Eck-
pfeilern dieses Theiles ersichtlich ist.) Jedem Arme des Kreu-
zes ist 6stlich eine viereckige Kapelle vorgelegt. Der Chor,
ohnehin schon von erheblicher Linge, erhalt noch eine Ver-
langerung durch einen achteckigen Polygonbau, der sich da-
durch, dass er nicht in der Axe des Gebaudes liegt, als ur-
springlich selbstindige Anlage kundgibt. Auf sieben Seiten
begleitet ihn cin niedriger Umgang, an den sich nach Osten,
Norden und Stiden je eine viereckige Kapelle schliesst. Aus
der nérdlichen gelangt man durch cinen- Verbindungsgang in
eine nahe zur Scite gelegene gréssere Kapelle, dic Clemens-
kirche, die als drilter Bautheil der Gesammianlage des Domes
cinverleibt zu sein scheint. In der That berichtet die Geschichte,
dass auf der Stelle des Domes anfanglich drei Kirchen bestan-
den ‘haben: die Clemenskirche, von der eben die Rede war,
und deren erste Grindung dem heiligen Kénig Olaf (1016 bis
1030) zugeschrieben wird; die Trinitatiskirche, welehe durch
seinen Sohn und Nachfolger Magnus zwischen 1036-1047 auf
dem Platze, wo zuerst Olafs Gebeine beerdigt gewesen waren,
als Holzkirche, sodann-1077 durch Olaf Kyrre in Steinen er-
richtet worden; endlich die durch Harald Harderade zwischen
1047—1060 in der Nahe derselben gegriindele Marienkirche.
Wir wissen ferner, dass Erzbischof Eystein zuerst den Plan,
die drei Kirchen zu einer zu verbinden, in Ausfihrung brachte.
Dies geschah nach Hinigen 1161, nach Andern 1180 oder 1183.

Figen wir hinzu, dass finf Pfeilerpaare den Chor, sieben
das Schiff von den niedrigeren Abseilen trennen; dass zwischen
je zwei dieser krafligen gebiindelten Pfeiler eine schlanke Saule
geordnet ist, welche die Arkadenbégen tragt; dass ferner eine
sleinerne Briistung sammiliche Stiilzen. mit einander verbindet,
um den Mittelraum strenger von den seillidhen 2u sondern; dass
endlich diese Abschliessung, so wie die dusserst geringe Breite
der letzteren Theile, die im Schiffe kaum den dritten, im Chor
fast nur den vierten Theil der Breite des Miltelschiffs ausmacht,
diese untergeordneten Raume auf die Bedeutung blosser Um-
gangshallen beschrankt: so haben wir die Grundanlage samt
den historischen Bedingungen ihrer Entfaltung kennen gelernt.
Allerdings ist, wie der Verf. bemerkt, der urspriingliche Zu-
stand mancher Theile bei dem gegenwartigen Ruin des bedeu-
tenden Bauwerkes schwierig zu erkennen, unmdéglich mit Ge-
wissheit fesizustellen. Erhalten sind namlich nur noch die dst-
lichen Theile sammt der Clemenskirche und einschliesslich des
Kreuzschiffes, obwohl auch hier Restaurationen und stdrende
Holz-Einbauten vielfach die Ziige des interessanten Denkmales
entstellt haben. Das westliche Langhaus hat wahrscheinlich durch