wichtiger, da die stylislischen Merkmale doch die letzle Basis
zur Beurtheilunge der Bauzeit und zur richtigen Anwendung der
	geschichtlichen Daten bilden. Es gentgt Urn. vy. Minutolt nicht,
den Dom als ,eins der erhabensten Denkmaler und vielleicht
	das reichste an Pracht 4е$ Ма{ега!$“ 29 Dezeichnen: er will
ihm die Stelle ,als das edelste Denkinal des Spitzbogenstyls
seiner Zeit* vindiciren (8. 19). Er findet, dass einige Details
der Westfacade ,an die Reinheit der Antike erinnern und auf
eine nahere Bekanntschaft mit den Werken der klassischen Vor-
zeit hindeuten* (8, 22). Die Sdulenkapitéle im Chorumgange
,gehéren nach ihrer Mannichfaltigkeit und Schénheit der Er-
findung und Ausfiihrung gewiss zu dem Vollendelsten, was die
mittelalterliche Ornamenlik geliefert hat; manche von ihnen ver-
dienen der griechischen Antike an die Seite geselzt zu werden“
(S. 24). Ueberhaupt spricht cr den Umgingen und ihren Ka-
pellen ,eine gewisse Strenge und Keuschheit des Styls bei al-
lem ihrem Reichthume* und cinen ,hohen Ernst des Eindrucks“
zu, welcher Eindruck in den merkwiirdigen Saltz zusammenge-
fassl wird: es scheine, ,,als seien hier die schénsten Molive
der antiken und arabischen Bauweise von Griechen verarbeitet

und dargestellt worden“.
Genug von diesen Proben. Viclleicht latte Jemand dem

Verf. den Gefallen gethan, jenen Ansichten, troiz der in ihnen
ruhenden innern Widerspriiche, beizupflichten — wenn nur keine
Abbildungen den Text begleileten. Aber so eifrig man auch
die beigegebenen Tafeln durchmustre, man findet, mit Ausnahme
allenfalls des Meereswellen-Frieses, nicht allcin keine Spur von
antikem Formensinn, sondern auch nicht einmal jene Strenge
und Keuschheit des Styls, der man an friihgothischen Bauwerken
Frankreichs und Deutschlands begegnet. Der Bogenfries des
Chorumgangs (Taf. IX. Fig. 15), dic Arkaden und Fensterein-
fassungen (Taf. VIII. Fig. 1—5), die Wandarkaden der Chor-
kapelle (Taf. IX. Fig. 25) mit dem tibermassig ausladenden,
oulrirten (Taf. IX. Fig. 25), durch einander gewirrten (Taf. VIII.
Fig. 3), periickenartig krausen (Taf. VII. Fig. 4) oder (Taf. IX.
Fig. 25) steif gewundenen Blattwerk ihrer Kapitale sind vicl-
mehr Produkte einer zwar héchst kunstgetibten, aber hyper-
fantastischen, geschmacklosen, nach dem Ueppigen, Uncon-
structiven strebenden Sinnesrichtung. Der Verf. kénnte uns ent~
gegnen, das liege an der Hand des Lithographen, die allerdings
steif genug dic Ornamente auf den Stein gravirt hat: aber diese
Entschuldigung wiirde keinenfalls ausreichen, zumal da die ge-
nauste Verwandtschaft mancher Einzelheiten mit Details der Ca-
thedralen zu Salisbury und Lichfield offenbar ist, nur dass in
andern Dingen- wieder der Dom zu Drontheim jene an Wun-
derlichkeiten tiberbietet. Man belrachte nur das tber alle Maas-
sen barocke, siidéstliche Chorportal auf Taf. IV. und die innere
Ansicht der nérdlichen Chorkapelle auf Taf. V. (beide von
Locillot vorztiglich effektvoll in Kreide ausgefiéhrt), um sofort
iiberzeugt zu sein, dass diese verkropften Kragsleine, diese
Zinnenbekranzung des Thiirbogens, diese aus der Wand sich
hervorreckenden Képfe, tiberhaupt die ganze ornamentale Durch~
fihrung Nichts mit der jungfraulichen Herbigkeit eines Origi-
nalstyls zu schaffen hat. So gut wir begrcifen kénnen, dass
der Glanz des Materials, der Reichthum der Dekoration, die
Meisterschaft technischer Ausfihrung das Auge bestechen und
und den Sinn reizen kann, so wenig fassen wir es, wic man
einem solchen Bauwerke das Pradikat des ,edelsten Denkmals
seiner Zeit* zuzusprechen vermag. Dass aber der Verf. iber-
haupt es mit Ausdricken wie ,schin* oder “edel* nicht sehr
genau nimmt, geht auch daraus hervor, dass er die Art der
Vermililung des Chors mit dem Oktogon’ ,schén* nennt, die
doch des Barocken genug hat und nur die Bezeichnung eines
malerisch. pikanten Reizes verdient; dass er cbhenso die leuch—

 
	terartige Abzweigung der Gewilbdiensle mil dem schmiickenden
Beiwort ,schén* belegt, obwohl es gewiss alles Andere eher
als schén genannt werden muss, wenn cin nur construktiven
Zwecken dienendes Bauglied ganz willkiirlich fantaslisch und
unconstrukliv angelegt ist. Noch eine eklatante Stelle heben
wir hervor, die nicht minder beweist, zu welchen Unrichtig-
keiten in wissenschafllicher Darstellung ein schiclender, unklar
schwankender Ausdruck Anlass gibt. ,In Sicilien*, heisst es
5.27, ,machte der Spitzbogenstyl nie die Fortschrille wie im
Norden; er eignele sich nie den Charakler des Erhabenen ап“
u.s. w. Mit anderen Worten: er entwickelie sich dort nicht
zu einem consequenten Systeme, dessen construktives Grund-
geselz er gewesen ware.

Haben wir die Ansicht des Hrn. v. Minutoli, dass der Dront~
heimer Dom das schénste und edelste Denkmal des Spilzbogen~
styls sei, zurtickweisen mtissen, so fragt es sich nun, ob die
andere Behauplung, dass er auch das alteste Gebaude des
Spitzbogenstyles sei, sich als slichhalliger erprobt. Gehen wir
auf die Baugeschichte desselben naher ein, so ergibl sich als~
bald, dass der Verf. bestrebt ist, jeden Theil des umfangrei-
	‚ слеп ВепКта1$ шбойсй$ пач адайгеп, ит пиг г Ше Вапр{-
	sichlichsten und entscheidensten Particen nicht tiber das XIIE.
Jahrhundert hinabgedrangt zu werden.

Dass die Marienkirche im J. 1050 von Harald Haarderade
gegriindet worden ist, erwahnten wir bereits. Dicse Nachricht
ist in Snorro’s Geschichte der norwegischen Konige enthalten;
der Geschichtschreiber fiigt die Bemerkung hinzu: , Gross war
dies Gebiude und durch Kalk so. verbunden, dass es kaum auf-
gelést werden konnte, als Erzbischof Eystein es abbrechen liess“
(dirui jussit nach Thorlacius Uebersetzung). Wie der Verf. nun
aus dieser Stelle folgern will, dass die Marienkirche, von der
es dort ausdrticklich heisst, dass Eystein sie niedergerissen
habe, noch gegenwarlig theilweise in den KreuzfliigeIn des Doms
erhalten sei, vermégen wir nicht einzusehen. Allerdings be-
hauptet er, Eystein habe einen Theil der Marienkirche stehen
lassen und als Querschiff in seinen neuen Plan aufgenommen.
Selbst dies zugegeben, ist damit noch keineswegs erwiesen,
dass die dekorative Behandlung der gegenwartigen Kreuzfliigel
noch von jenem Bau des XI. Jahrh, stamme. Vielmehr_ spricht
alle Analogie so sehr dagegen, dass es wahrscheinlich wird,
Eystein habe héchstens die Grundmauern eines Theils der Ma-
rienkirche beibehalten und dieselben nicht allein héher empor-
gefiihrt, sondern auch ihre ganze stylistische Durchfihrung, wie
sie jelzt vorliegt, veranlasst. Eine andere Stelle des Theodo-
ricus monachus, der zu Eysteins Zeiten Iebte, zieht der Verf.
herbei, um seine Ansicht zu unterstiitzen, Da er es sich er-
spart hat, die ganze Stelle anzufiihren, so setzen wir sie Шет-
her. In der Ausgabe bei Langebek Scriptt. rerum Danicarum
tom. V. cap. XXIX heisst es von Olaf III: .,Jste construxit basili-
cam in honorem sanctae trinitatis in Nidrosiensi metropoli (Ni-
daros, Drontheim), ubi nune requiescit corpus beati Olafis mar-
tyris; sicué ef prius pater ejus Haraldus ecclesiam beatae Ma-
riae semper virginis in eadem civitate construxerat, ut hactenus
cernitur.“ Aus diesem letzten Zusatze folgert der Verf., dass
die Marienkirche also noch vorhanden sei. Wir vermégen nur
Das daraus zu enlnehmen, dass sie zur Zeit, als diese Worte

geschrieben wurden, noch nicht abgerissen war.
Kniipfen wir hieran sogleich die Nachrichten tber den Ey-

stein’schen Bau. Einige setzen den Beginn dessclben in’s Jahr
1161, Andere 1180 oder 1183. Von der fritheren dieser Da-
lirungen kann kaum im Ernste die Rede sein, da 1161 erst
Eystein den erzbischéflichen Stuhl bestieg (Thorlacius Ausgabe
des Snorro tom. III. in den Tabellen) und sofort in Partei-Kample
mit Konig Magnus Erlingssohn sich ecinlicss. Wenn also Herr