herrscht? um also einzusehen, dass solche Beweise ex silent, mit denen man eben Alles und Nichts begriinden kann, dom jetzigen Standpunkt der Wissenschaft gegeniber unhaltbar sind? Was endlich das westliche Langhaus hetrifft, so berichtet der Verf. nach Schoning, dass Erzbischof Sigurd 1248 den Bau desselben begonnen habe, und setzt die Vollendung der Kirche in den Ausgang desselben Jahrhunderts. Auch hier fragen und suchen wir vergeblich nach den Berichten der gleichzeitigen Gewahrsmanner; gibt es wirklich Stellen, die diese Nachricht enthalten, warum werden sic nicht mitgetheill? Im Snorro ha- ben wir keine derarlige Andeutung gefunden, und so sehen wir uns auch hier gendthigt, die Richtigkcit der Angabe in Zweifel zu ziehn. Ueberhaupt halten wir es fiir sehr unwahrscheinlich, dass in Norwegen wahrend der unaufhérlichen Birgerkriege, die am Ende des ХИ. und zu Anfang des XIII. Jahrhunderts das Land zerfleischten, cine Bauthatigkeit sich habe enifalten kénnen, wie der Dronthcimer Dom sie voraussetzt. Vielmehr glauben wir, dass erst unter Hakon Hakonson (1217 — 1263), dem es gelang die Zwisle zu Ende zu bringen und dem Lande Frieden zu geben, die Kultur und mit ihr die Pflege der Kunst einen héherén Aufschwung genommen hal. Wire die Baugeschichte, die Hr. v. M. uns gibt, selbst — was sie nicht ist — durch authentische Beweisstellen aus gleich- zeiligen Gewahrsminnern unterstiitzt, so wiirden wir dennoch im Hinblick auf den Styl des Doms der Ansicht sein miissen, dass der Bau, den jene Nachrichten im Sinn haben, zerstort worden sei und scine jetzige Gestalt einer spateren Wieder- herstellung verdanke. Nun aber, da jene Nachrichten des hi- storischen Beweises ermangeln, miissen wir unsre Ansicht vom spileren Datum des Gebdudes um so entschiedener festhalten. Die Clemenskirche mag immerhin ihrem Kerne nach noch dem XI. Jahrhundert angehéren; auch in den Mauern des Kreuzschiffes migen Reste der alteren Marienkirche (deren friihere Form mil Wahrscheinlichkeit als die des griechischen Kreuzes nachge~ wiesen wird) enthalten sein. Den Ausbau derselben aber und ihre ganze stylistische Durchfiirung miissen wir frtihestens in den Ausgang des XII. Jahrhunderts verweisen. Auch das Innere dieser Theile, so undeutlich auch ihre Beschreibung ist, und so sehr sie den Mangel von Zeichnungen bedauern lasst, entspricht, so weit man dies aus den Worten des Textes ent- nehmen kann, dieser Zeit. Lasst man so die Hypothesen fallen, welche ohne allen Grund das Kreuzschiff dem XL Jahrhundert zuweisen wollen, so hat man auch nicht lange nach den Vorbildern zu fragen, denen diese Bautheile gefolgt sind. Norwegen halle genug See- verkehr mit England und der Normandie, um mit Leichligkeil Bauleute aus jenen Gegenden herbeirufen zu kénnen. Ohne Zweilel lisst sich die durch einander gewiirfelte Mannigfaltig- keit der ornamentalen Ausstaltung am besten durch den Um- stand erklaren, dass Bauhandwerker aus den verschiedensten Landern an der Ausfihrung des Doms beschaftigt waren. Die- jenigen Formen aber, die sich durch keine Analogie erklaren lassen, vielmehr ihrem Grundzuge nach auf einer willktirlich fantastischen Anwendung und Umwandlung allgemein giilliger Formen beruhen, mogen von eingebornen Arbeilern herrihren, deren es ohne Zweifel in Folge der Anregung, die cin bedeu- tendes Bau-Unternehmen immer verbreitet, manche geben mochte. Nach Allém, was uns die Zeichnungen vor Augen bringen, war der Norweger zwar von vorziiglicher Begabung fiir die tech- nische Seite der Arbeit, aber ohne allen Sinn fiir consequente, constructive Durchfahrung, fiir harmonische Gesammtanlage und maassvolle Schénheit der Einzelform. In dieser Eigenthiimlich- keit zeigt er die groésste Verwandtschaft mit dem Charakter der englischen Bauwerke, wie ja auch die geographische Lage ihn yon Minutoli die Nachricht, dass Eystein 1161 einen Altar im stidlichen Kreuzfligel eingeweiht habe, nicht auf eine Bautha- tigkeit, sondern nur auf ein allgemeincres Interesse fiir die Kirche bezichen will, so slimmen wir darin bei. Soll eines yon jenen Daten Glaubwiirdigkeit beanspruchen, so kann es nur eins der beiden letzteren sein, und es ist wohl méglich, dass Eyslein um jene Zeit (1180) den Umbau mit dem siidlichen Kreuzarme begann, Nun aber macht Hr, vy. M. sich diesen Einwurf selbst, weist ihn aber damit kurzweg von der Hand, dass er sagt (8S. 25), ,man kénne doch die bestimmte Nachricht von dem Beginn eines Sstlichen Kirchenschiffs nicht mit der Verbesserung der Quer- schiffe confundiren oder gar auf diese allein bezichen“, Den- noch sehen wir uns in die unangenehme Nothwendigkeit gesetzt, dies zu miissen und den Verf. zu fragen, wo denn seine ,,be- stimmte Nachricht“ zu finden ist. Нь. у. M. hat einer solchen Menge von wortreichen, oft mindestens tiberflissigen Citaten einen Platz in scinem Buche gegénnt, dass er eine Nachricht, deren hohe Wichtigkeit ihm nicht verborgen sein konnte, vor allen Dingen nicht halle auslassen sollen. Da er statt. dessen sich auf Schéning allein beruft, so kénnen wir um so weniger umhin, unsre entschiedenen Zweifel an der Originalitdt jener Nachricht auszusprechen, als wir vergeblich im Theodoricus und Snorro ‘nach einer. solchen Stelle gespiht haben. So schén sich also auch die Geschichte von dem Umbau des Doms durch Ey- stein, von dem geistreichen Plane, die drei alten Kirchen zu einer einzigen grossen zu vereinigen, anhérl, so miissen wir doch offen bekennen, dass wir ihr keinen Glauben zu schenken yermégen. Wohl mag Eystein, wie er tiberhaupt die geistliche Gewalt zu heben und die Einnahmen des Doms zu vermehren wusste, auch einen Neubau beabsichtigt haben; aber wann er damit begonnen, welchen Theil er zucrst in Angriff genommen, das ist blosser Vermuthung anheimgegeben. Wir unsrerseils miissen nach dem Lesen der wenigen darauf beziiglichen Stellen bei den gleichzeitigen Geschichtschreibern und nach Verglei- chung des Baustyls unsre Ansicht dahin aussprechen, dass Ву- stein allerdings mit dem Umbau des siidlichen Kreuzfitigels be- gonnen, vielleicht aber nicht einmal den vélligen Umbau des nérd~ lichen Fliigels erlebt habe. Méglicher Weise wurde dieser erst unter seinem Nachfolger Eirik beendet, woraus sich dann der enlwickeltere Styl dieses Theiles am ansprechendsten erklarte. Allerdings mag diese Erklirungsweise fiir Hrn, v. M. min- der ansprechend sein. Scheint cr sich doch einmal vorgesctat zu haben, den Dom zu Drontheim in ein méglichst hohes Alter hinaufzuriicken, um auf die fundamentlose Grundlage dieser An~ nahme sein neues System von der Entstehung und Verbreilung der millelalterlichen Baukunst zu basiren. Desshalb greift er auch zu Auskunftsmitteln, die bei genauerer Betrachtung sich geradezu gegen ihn kehren miissen. So S. 25, wo er die Un- moglichkeit einer spateren Zerstérung, von der man Nichts er-~ fahren hatte, nachweisen will, indem er sagt, es wiirde ,,die Ge- schichle, welche gerade mit Bezug auf das Heiligthum S. Olafs alle Ereignisse so gewissenhaft aufgezeichnet hat, Zerstorungen nicht unerwahnt gelassen haben, welche eine ganzliche Weg~ nahme ailer Theile und einen Neubau nothig gemacht hatten. Woher kommt es denn aber, dass die Geschichte keine Sylbe von einem so wichligen Ereigniss, wie die Einweihung des an- geblich durch Eystein vollendeten Chors gewesen sein muss, berichtet, wahrend sie doch gelegentlich von der Consecration eines Nebenaltars erzahlt? Kennt Hr. v. M. nicht die Baunach- richlen des Mittelalters hinlinglich, um sich diese Frage be- antworten zu kénnen? um zu wissen, dass tiber die wichligste Bauperiode, die des XUI. Jahrhunderts, fast durchgangig eine eben so grosse Armuth an geschichilichen Aufzeichnungen