banden erscheint, und liesse sich nicht zugleich, da mehrere
Kistler diesen Namen fihrten, durch eine zusammenhingende
Folge von Urkunden erweisen, dass es von derselben Hand
gemalt ist, von der die so abweichenden Fresken von 1498 in
St. Antonio herrihren; sonderbar genug, tragt nur dieses ein~
zige Gemalde das Monogramm, wahrend sémmiliche Kupferstiche
damit bezeichnet sind.

Pellegrino hat alle seine » Platten mit der trockenen Nadel  )
auf das. Zarteste und Fleissigste ausgefiihrt, eine ausgenommen,
welche in einer Art punktirter Manier mit kurzen Strichlein be-
handelt erscheint; eine Erfindung, welche unser Kiinstler dem
Giulio Campagnola, dem sie gewdéhnlich beigelegt wird, streitig
machen diirfte. In dieser Manier sind auch zwei der Ersteren,
und ohne Zweifel vom Meister selber, fast bis zur Unkennilich-
keit tiberarbeitet worden. Schwerlich hat diese Retouche, wie
	-behauptet worden, aus mercantilischen Griinden stattgefunden,
	um Platten aufzufrischen, deren Abdriicke nicht so selten sein
wirden, waren sie so oft abgezogen, dass sie gelitten haben
kénnten, Platten, welche gewiss kein Gegenstand des Vertriebs
gewesen, noch in die Hinde gewinnsiichtiger Verleger gerathen
sind, — sondern lediglich aus kinstlerischen Motiven, um die
Composition zu runden und den Effekt zu verstarken. Damals
als der Kiinstler den Weg der Quattrocentisten verlicss, um
der neuen Schule sich anzuschliessen, wird er den Versuch ge-
macht haben, auch seine Kupferplatten dem Zeitgeiste anzu-
passen, denn man erkennt deutlich das Bestreben, mittelst Aus-
léschung vieler Delails einer freien Ueberarbeitung, grosse
Licht- und Schattenmassen zu erzielen, um auf diesem Wege
die Gesammtwirkung zu erreichen, welche die Neuerer sich so
angelegen sein liessen. So kihne und durchgreifende Umwand-
lungen kénnen nicht von fremder Hand herrihren; ohne Zweifel
fallen sie in dieselbe Epoche, welcher das eine ‘ganz in punk-
tirter Manier ausgefiihrie Blatt angehért.

In nachstehender Beschreibung ist die muthmaassliche Zeil-
folge der Entstehung beobachtet.

1. Die Pieta. Maria am Fusse des Kreuzes beweint den
auf ihrem Schoosse ruhenden Leichnam des Sohnes; die hei-
ligen Frauen, unter denen links Magdalena erscheint, umgeben
sie, zu beiden Seiten stehend oder knieend. Composition von
15 Figuren. Im Hintergrunde links ein stcil aufgethirmter Fels,
auf dessen Hihe Hirten verweilen, in der Ferne rechts eine
Stadt an einem See. Das Zeichen befindet sich vorn in der
Mitte. Breite 6 Zoll 2 Linien, Héhe 7 Zoll 7 Linien (altfranz.
Maass). Von sehr vollendeter Ausfiihrung. Spaterhin wurde
die Platte in punktirter Manier effectvoll iberarbeitet. Bartsch

erwihnt desselben nach Lanzi und Zani.
2. Der Triumph des Mondes. Auf einem Postamente steht

Gott Lunus, eine brennende Fackel in der Rechten und in der
Linken die Mondsichel emporhaltend, in welcher die Figur eines
Reiters mit geziicktem Schwerte sichtbar ist; zu seinen Fissen,
auf ahnlicher Basis, ruht ein Greis, in tiefen Schlaf versenkt.
Opfernde, Geschenke darbringend, treten von beiden Seiten
hinzu. Rechts im Vordergrunde zeigt sich eine Gruppe Wei-
ber, mit Séuglingen im Arm, gegeniiber ein Mann zu Pferde,
dem ein Fiillen folet, in der Mitte Bewaffnete gelagert; einer
	1) Um einer schleppenden Umschreibung zu entgehn, erlaube ich mir
vorzuschlagen, die durch blosses Aufritzen des Kupfers vermittelst Nadeln,
ohne Anwendung des Aetzwassers, bearbeiteten Platten , geritzte“ zu nen-
nen, nach der Analogie von » geschabt“, ,geputzt® u. 8. w. und die Tech-
nik selbst die , Ritzmanier“. Ich werde Gelegenheit finden, auf diese in-
teressante Gattung des Kupferstichs zurackzukommen , welche den Uebergang
vom eigentlichen Stecher mit dem Grabstichel zum Aetzen bildet, die von
Letzterem getibt wurde, und von Pellegrino’s Zeit bis auf die neueste
herab eine Reihe der geistreichsten Produktionen aufzuweisen hat.
	Legte doch Luther seine Ménchskutte erst vier Jahre зрёег ар.
— Ja, waren 1530 die Unterhandlungen auf dem Augsburger
	Reichstage von rémischer Seite nur etwas nachgicbiger gefuhrt
worden, wer weiss, ob nicht selbst damals noch eine Ausglei-
	chung erfolgt ware! — Der Kistler, der durch die Verbren-
nung der Bulle die Begriindung der neuen Confession darzu-
stellen beabsichtigte, misste den realen Boden ganzlich ver-
lassen und mit Hilfe der Symbolik, Allegorie und Personifica-
tion die in dem wirklichen Verlaufe des Ereignisses selbst nicht
enthaltenen Momente, auf die es hier hauptsichlich ankommt,
hervorheben, etwa in der Weise, wie Kaulbach bei seinen Wand-
bildern im neuen Museun zu Berlin verfahren ist.

Indessen haben wir nicht die geringste Veranlassung, Les-
sing einen Vorwurf deshalb zu machen, dass er den Gegen-
stand nicht in dieser Bedeutung aufgefasst habe. Er nennt sein
Bild nicht: Trennung der evangelischen Kirche von der rémisch-
katholischen, sondern: Luther, die paipstliche Bulle verbrennend.
Und diese folgenreiche That hat er ganz mit der genialen Mei-
sterschaft zur Anschauung gebracht, die ich im Obigen naher
zu charakterisiren bemtiht gewesen bin.

Schliesslich noch die Mittheilung, dass wir einer gelunge-
nen Nachbildung dieses Gemildes durch den rihmlichst be-
kannten Kupferstecher Janssen hierselbst entgegensehen diirfen.
Derselbe beabsichtigt, dem Stiche eine Breite von 22; und cine
Héhe von 174 Zoll zu geben. Die bei Gelegenheit der Aus—
stellung erfolgenden, zahlreichen Subscriptionen auf den Stich
darf man wohl als einen sicheren Maassstab fiir das Interesse
an diesem Unternehmen betrachten.
	Diisseldorf, im Лии 1695.
	Martino da Udine, der Meister mit dem Monogramm
			Aus ungedruckten Beitrigen zur Kunstgeschichte von
E. Harzen.
	(Fortsetzung und Schluss.)
	Es schien angemessen, Pellegrino’s Leistungen in Fresco~,
Oel- und Miniatur-Malerei der Beschreibung seiner Kupfer-
stiche voranzustellen, weniger Blatter nur, aber durch Eigen-
thiimlichkeit und Meisterschaft eine besondere Aufmerksamkeit
verdienend.

Eine entfernte Aehnlichkeit in Zeichnung und Composition
mit Pietro Perugino’s Werken hat Anlass gegeben, sie diesem
Meisler zuzuschreiben, eine Hypothese, welche im Monogramm,
das sich Peirus Perusinus oder Petrus Pictor auslegen liess,
einen scheinbaren Halt fand, wiewohl weder Bild noch Zeich-
nung desselben jemals vorgekommen, welche dieses Zeichen
gefiihrt hitten. Lanzi sprach sich in der ersten Ausgabe seiner
Storia della Pittura etc. fir diese Ansicht aus, welcher Zani
in den Materiali etc. beipflichtete, allein Ersterer scheint bald
davon zuriickgekommen zu sein, da in folgenden Ausgaben die
beziigliche Stelle unterdrickt wurde. Auch bemerkt spater Ver-
miglioli im ,,Leben Pinturiccio’s*, dass diese Auslegung in Ita-
lien ginzlich aufgegehen sei, ohne-dass man jedoch versucht
hatte, eine andere an deren Stelle zu setzen. Passavant sprach
zuerst die Vermuthung aus, dass der Anonymus P, P. der Schule
des Giov. Bellino angehére.

Nun wire es freilich schwer gewesen, diese Blatter mit
einigem Erfolge ihrem wahren Urheber zu _ restituiren, hatte
sich nicht jenes Bild erhalten, namlich der Englische Gruss von
1519, in welchem der Name Pellegrino mit dem Zeichen ver-