poevfiblatt.
	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	Zeitung
	fiir bildende Kunst und Bankinst.
	Unter Mitwirkung von
	‘Augler in Berlin — Passavant in Frankfuri — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — FSrster in Minchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
			herausgegeben von Dr. BF. Eggers in Berlin.
	Sonnabend, den 16. Juli.
	Inhalt: Holzschnittwerke aus dem Wigand’schen Verlag in Leipzig. (Mit Abbild.) Fr. Eggers. -— Kritische Untersuchungen tiber ein Portrait in der
	C. Becker. — Aeltung. Koburg.
	T. Riemenschneider, Bildhauer in Wurzburg.
	Bildergalerie des kénigl. Museums in Berlin. M. Unger, —
Paris. — Kunstvereine. Der Kunstverein zu Danzig. — Bitte.
		der итаЦеп ЭЩМе сешйзз шИ neuen Bildern schmiicken lassen,
wie wir das ausfihrlicher im Beiblatt No.6 des IL. Jahrgangs
angezeigt haben.

Robert Reinicks Jugendkalender, dieser Liebling der Kin-
derwelt, der Landprediger von Wakefield, dieses unvermeidliche
Lesebuch englischer Schiller, mit Richter’schen Zeichnungen,
Musius’ Marchendichtungen mit Blattern von Richter, Schréd-
ter, Jordan und Osterwald, endlich unser schénes Nibe~
lungenlied mit Bildern von Bendemann, Hiibner, Rethel
und Stilke — alles Werke, deren illustrirte Herausgabe wir
dem Unternehmungsgeist Wigands verdanken. Wahrlich, eine
schéne und voraziiglich ausgewahlte Bibliothek! —

Wigand hat sich dadurch ein unbestriftenes Verdienst um
die Entwickelung der Holzschneidekunst erworben, indem er
durch wiirdige Aufgaben geschickten Mannern ein Feld er-
6ffnete, wo sie sich bethdtigen und ihre Kunst tiben konnten.
Auf dem weiten Tummelplatz, der sich in Kalendern, Zeitschrif-
ten, Volksbiichern aller Art u.s.w. der neugeweckten Form-
schneidekunst eréffnete und der viel Tichtiges, aber daneben
auch manches Handwerksmassige und Flitchtige zu Tage for-
derte, bilden die Wigand’schen Unternehmungen eine Art be-
sonderer Arena, auf welcher es nicht mit blosser Handfertigkeit
gethan ist, sondern wo vielmehr ein kiinstlerischer Sinn ver-
langt wird, der fiir sich etwas zu gelten und darzubieten im
Stande ist.

Anzuerkennen ist, dass bei all diesen Sachen die walire
Technik des Holzschniltes, die seinem Wesen gemasse, wie
sie die alten Meister tibten, erstrebt und in Anwendung ge-
bracht wird. Hierfiir leistet das bekannte R. Weigel’sche Un-
ternehmen, das die Holzschnitte jener Meister in treuen Facsi-
miles mittheilt, dem Studium der Kinstler_ den besten Vorschub.

Was nun ausser den oben angefihrten Werken sonst die
kiinstlerische Phantasie in ihrer Freiheit und Ungebundenheit
erschafft, Wigand weiss es in Garben zu binden und solche
késtlichen Garben bildet die Sammlung, welche sich aus den lie-
benswiirdigen und gemiithvollen Schépfungen Ludwig Rich-
ters zusammenstellt und die in zwanglosen Lieferungen unter
dem Titel:
		Golizgsehnittwerke.
	Mit wahrer Freude gehen wir an die nahere Anzeige
einiger der neuesten im Georg Wigand’schen Verlage erschie-
nenen Verlagsarlikel, welche Bilder iiber Bilder bringen, Holz~
schnilite, von trefflichen Meistern des Zeichnenstifts erfunden,
von geiiblen Handhabern des Schneidemessers in gesunder Ма-
nier ausgefuhrt.

Die illustrative Macht und Bestimmung, die dem Holzschnitte
vorzugsweise beiwohnt, weiss Georg Wigand auf alle még~
lichen Bildungssphéren, welche das Wort beherrscht, zu leiten,
und so finden wir ihn mit seinen illustrativen Unternehmungen
auf dem Gebiete der Religion, der Poesie, des Lebens und der
Natur, immer ankniipfend an das, was der menschliche Geist
als das edelste und beste nennt, was unser Volk als heilige
und ihm werth und theuer gewordene Schaize erkennt und be-
wahrt und pflegt. — Bekannt ist die auf seine Veranlassung
von Schnorr unternommene Illustration der Bibel. Unser
geschatzter Mitarbeiter, Hr. Schnaase, gab am Ende des уо-
rigen Jahrgangs tiber die ersten Hefte Bericht und wird in
Kurzem den Verlauf des Unternehmens weiter besprechen. Fir
die bildliche Ausstattung der Gedichte unseres ersten Sternes
unter den deutschen Sangern, Géthe, hat Wigand L. Rich-
ter gewonnen und die ersten Hefie liegen bereits vor uns. Den
Balladenschatz unserer Nation, ihre reiche, zauberhafte
und wundervolle Marchenwelt, ihre tiefsinnigen Sagen-
klange!) legt er mit Bildern geschmiickt in unsere Hand, von
deutschen Mannern ist er im Begriff, uns eine ganze Ga-
lerie vorzufiihren, aus der man sehen und lernen kann, welche
Ziige ihnen die Natur, welchen Lebensweg ihnen ihr Geist be-
reitete.  

Ja selbst jenes wichlige Buch in der Literatur, in welchem
das Wort sich erst miihsam aus den Buchstaben bildet, die
Fibel, hat er von der geschickten Hand Hugo Buirkners
	1) Ludwig Bechstein s Sagenbuch. Mit Holzschnitten nach Zeichnungen
von Ehrhardt. Preis: 2 Thir. 20 Sgr., schén geb. 3 Thlr.
	IV. Jahrgang.