Ich lieferte in den Jahren 1845 bis Anfang 1846 deren elwa zwan-
zig an den Herrn Generaldirektor v. Olfers ab und wurde die gréssere
Halfte derselben zur Priifung ihrer Daucrhafligkeit auf dem Dache des
K6niglichen Museums den unmittelbaren, senkrechten Sonnenstrahlen,

dem Frost, Regen, Schnee, Hagel und besonders dem sich als Russ
auf die Proben niederschlagenden Rauch der Schlote preisgegeben.
	Ende Januar 1347 erhiclt ich diese Proben zurick, welche, nach-
dem sie mittelst Wasser und Seife vom Schmutz befreit, die befriedi-
gendsten Resultate érgaben. Nirgend hat sich der Farbenauftrag von
der Folie geldst. Nirgend ist die Folie selhst vom Materiale: Glas,
Porzellanstein, Chamotte, Sandstein, Marmor, Gusseisen u. s. w. abge-
plalzt oder gesprungen. Sie sind bis auf drei wohl erhalten. Die
eine auf gebranntem Thon, welcher mergelhaltig war, ist an zwei
Stellen zerstért durch das Abspringen einer Thongalle und durch Mer-
gelgehalt. Eine zweite auf Chamotte an zwei Stellen durch yon mir
beschleunigten Trockenprozess miltelst Aether. ine dritte an drei
Stellen von der Grésse einer Linse aus bis jetzt unerklarten, wahr-
scheinlich gewaltsamen Ursachen. Eine vierte zeigte eine Verdunke-
lung im Ton, Die dbrigen sieben, und zwar die grésseren, sind mehr
oder minder tadellos erhalten, je nachdem Lackfarben dazu verwendet
worden sind oder nicht. Alle in der Oel~ und Fresko-Malerei als
bestandig erkannte Farben haben sich trefflich gehallen, wahrend alle
Pflanzenfarben, absichtlich von mir zu diesem Zweck angewendet, sich
als nicht bestandig erwiesen haben, welches besonders auf zwei Pro-
ben bis zum Verschwinden derselben ersichtlich war.

Zur Anfertigung aller dieser Proben habe ich mich des im Handel
gewohnlich vorkommenden Materials bedient und dasselbe aus den ver-
schiedensten Fabriken bezogen. Es ist indess kein bemerkenswerther
Unterschied aufzufinden; ja entschieden mangelhaftes, fehlerhaftes Ma-
terial hat sich in den von mir bereiteten Verhindungen gehalten.

Was die steinartige Erhirtung dieser Farbenmasse anbelangt, 50
ist sie in dieser Zeit bis zu dem Grade vorgeschritten, dass sie nur
noch durch eiserne Instrumente angegriffen werden kann.

Andere Proben, in meinem Atelier der Hitze eines 2 Fuss nahen, eiser-
nen Ofens ausgesetzt oder in Wasser gelegt, abwechselnd grosser Hitze
und grosser Kalte preisgegeben, habéu aber gar keine Verdnderung
erlitten und ist hier nie ein Fall von Abspringen, Reissen u. s. w.
oder merklichem Verindern der Farben vorgekommen; wahrénd die
angenommene Harte des Farbenkérpers nichts zu wiinschen ibrig lasst.

Die Versuche des letzten Jahres haben mich belehrt, dass ich die-
ser Erfindung in ihrem Wesén nichts guzusetzen vermochte und dass
ihre Haupttugend in der harmonischen Elasticitat der zu ihrer Her-
stellung verwendbaren Substanzen besteht, die durch forcirende Zu-
sitze gestort wurde. Ich abergebe sie daher der Oeffentlichkeit, um
vielleicht auf diesem Wege durch das Urtheil Sachverstandiger ihre
moglichen Unvollkommenheiten zu entfernen. —

Diese Art der Malerei unterscheidet sich wesentlich von der ge-
wohnlichen Malerei al fresco in drei Punkten: 1. In der Leichtigkeit
und Mannigfaltigkeit der Ausfihrung; 2. dadurch, dass sie sowohl zur
Folie, als auch zum Farbenbindemittel sich der éligen, harzigen und
Fettsubstanzen bedient; 3. dass sie es auch gestatteb, auf trockener
Folie ein Wandbild auszufthren, ohne die Dauer wesentlich zu beein-
trachtigen.

Von der gewohnlichen Oelmalerei unterscheidet sie sich in vier
Punkten: 1. Dass diese Art der Malerei jede Art der Porositat, Ca-
pillaritat (Ansaugungsfahigkeit) des als Bildkérper benutzbaren Mate-
rials zulasst, ja hauptsdchlich auf derselben basirt; 2. dadurch, dass
sie es gestattet, ein Bild mit der matten Oberfliche der Wasserfarben-
gebung zu erreichen, wahrend sie auf demselben K6rper auch die
glinzende Oberflache eines Oelbildes zu erzeugen zulasst. Sie unter-
scheidet sich 3. auch hieria von der gewdbnlichen Oelfarbentechnik,
dass sie als Hauptbestandtheil des Farbenbindemittels sich des Terpen-
thinspiritus, des Wachses, verschiedener Harze, des Aethers und Creo-
sots bedient. Ausserdem ist 4. der Unterschied von der gewohnlichen
Oeltechnik auffallend, dass sie sich am dauerhaftesten auf nassem Grunde
(Folie) ausfahren ldsst, wahrend sie wiederum auch gestattet, auf lrock-
ner Folie mit eigenthimlich praparirten Farben eine den Wasserfarben
	ahnliche Farbengebung zu erzeugen. —
Von der Fernbach’schen Enkaustik wunterscheidet sie sich aber
	zahlreichen Skizzen, welche die Akademie von Berlin in einer
eigenen Sammlung aufbewahrt, das beste Zeugniss.

Hichhorn’s unaufhallsame Thatigkeit, womit er, nach Berlin
zuriickgekehrt, seine eingesammelten Schitze zu erfreuenden
Bildern umpragte, wurde von seinen Versuchen, eine neue Mal-
art herauszufinden, begleitet. Er bewies hierbei dieselbe Ste-
ligkeit und Unermiidlichkeit, die ihm diberhaupt bei seinen Ar-
beiten eigen war. Durch die Huld Sr. Maj. des Kénigs wurde
ihm Gelegenheit geboten, seine cigenthimliche Technik in den
Thermen zu Charlottenhof bei Sanssougi an einem Bilde nach
einer Zeichnung von Sr. Majestét hoher Hand auszuiiben und
Е. liste diese Aufgabe zur Allerhéchsten Befriedigung. Dies
war die Veranlassung, dass er ganz nach Potsdam Ubersiedelte.

Nach einmal gelungener Enideckung seiner Malart, benutzte
er nur diese bei seinen Arbeiten und schmiickte auch das Schlaf-
zimmer seines Hauses mit grésseren Wandgemalden der Art.
Sie sind nachher glicklich abgelést und ebenfalls von Sr. Maj.
dem Kénige angekauft worden. E. schuf mit grosser Leichtig-
keit und kannte in den letzten Jahren seines Lebens kein ande-
res Vergniigen und keine andere Thaligkeit, als Malen. Unausge-
setzt sah man ihn an der Staffelei sitzen; ein Spaziergang mit
seinen Kindern, die er ausserordentlich liebte, war die einzige
Erholung, die er sich génnte. Viel hat ohne Zweifel dieser
aufreibende Fleiss, der alles Geschaffene nicht als Leistung
schilzte, sondern nur als eine Stufe zur héheren Vervollkomm-
nung ansah, dazu beigetragen, die in ihm liegende, schon ge-
erbte Anlage zur Hypochondrie zu vermehren; andererseits tritbte
vielleicht das Gritbeln und Sinnen tber seine Erfindung seine
natiirliche Heilterkeit, und da nebenbei eine sich steigernde
Schwerhérigkeit ihn misstrauisch und mitunter missmuthig machte,
so konnte kaum in seiner letzten Zeit von seiner Technik ge-
redet werden, ohne dass es ihn in einen krankhaft gereizten
und iberspannten Zustand versetzte. Diese und vielleicht andere
Ursachen bestimmten ihn, nach einem kaum itiberstandenen, ern-
steren Krankenlager sein Leben freiwillig. zu enden. Es ge-
schahe am 19. October 1851. Ausser sehr zahlreichen maleri-
schen Arbeiten, unter denen Sachen von hohem Werthe waren,
viele angefangene, oft fast ganz vollendete, die aber dann von
ihm als werthlos geachtet bei Seite gestellt oder gesteckt waren,
hat er eine sehr vollstindige, schriftliche Abhandlung tiber seine
Erfindung hinterlassen.

Sr. Majestat der Kénig hat die Verdffentlichung dieser
Erfindung gegen eine den Erben des Kiinstlers gewahrte Ent-
schadigung befohlen und Se. Excellenz der Herr Staatsminister
von Raumer hat uns geneigtest verstaltel, diese Verdéffent-
lichung in unserem Blatte zu geben. Wir lassen sie demnach
nachstehend folgen:
	Уо©огмог Е
	Der Zweck der nachfolgenden Blatter ist: eine Erfindung im Ge-
biete der Wandmalerei, welche von mir in den Jahren 1841/,, gemacht
wurde, der Oeffentlickeit zu abergeben, Diese Erfindung verdankt
meinem lingeren Aufenthalte in Rom und Pompeji ihre Entstehung.
Aus der Anschauung alter pompejanischer Wandmalereien ging ein treuer
Leitfaden hervor, der es mir schon in Athen 1841 méglich machte,
einige Proben auf Marmor auszufaéhren, von denen sich noch heute
eine kleinere im Besitze des jetzigen schwedischen Gesandten Herrn
Brassier de St. Simon befindet.

Am 17. Juli 1845 tibergab ich diese Erfindung in einer allgemein
abhandelnden Schrift, welche yon Proben derselben auf verschiedenem
Maleriale begleitet war, dem Herrn Generaldirektor der Kéniglichen
Museen vy. Olfers, um sie zur Kenntnissnahme Sr. Majestat des Kénigs
gelangen zu lassen, Auf eine im September desselben Jahres gesche-
hene Immediat—Eingabe erfolgte eine allergnadigste Unterstiitzung yon
300 Thirn. zur Herstellung grésserer Proben dieser Erfindung.