photographische Apparat fir den beabsichtigten Zweck sich zu beschrankt erwiesen. Nichtsdestoweniger wird in dieser Hin- sicht ein giinsliges Resullat von Hrn. Weyer in nahe Aussicht gestellt. Indem ich mir die grosse Schwierigkeit nicht verhehle, welche sich einer kritischen Untersuchung der Kunstwerke so friiher Perioden entgegenstellen, so halle ich mich doch ver- pflichtet, mich dieser Aufgabe nicht zu entziehen und durch Nachfolgendes schon in diesen Blattern auf das Unternehmen des Hrn. Weyer aufmerksam zu machen, das nach Maassgabe des Erfolges leicht an Ausdehnung gewinnen kann. Indess will ich hierbei nicht unerwahnt lassen, dass mir von den pho- thographischen Probeblaltern, die nach dem Ausspruche des Hrn. Weyer eine gentigende Vorstellung von den Originalbil- dern geben, noch keins zu Gesichte gekommen ist. Jene Schwierigkeit der Untersuchung hat vornehmlich darin ihren Grund, dass in den ersten Kunstperioden die mannigfa- chen Mittel fehien, welche spaiter, wo das Malerische mehr ausyebildet ist, die Bestimmung und Erérterung fraglicher Kunst- werke erleichtern, Hierzu kommt noch, dass besonders in den niederlandischen Schulen der ersten Kunstepochen, durch das frihe Bestreben zu individualisiren, ein bestimmter Typus der Gestalten nur selten zu Tage tritt, und wenn dies der Fall, dieser Typus nicht als ein alleiniges Eigenthum eines einzelnen Meisters zu betrachten ist. Ausserdem ist noch die haufige Uebereinstimmung in demjenigen Theil der Kunst, den man den technischen zu nennen pflegt, ein erschwerender Umstand. Besonders bietet in dieser Hinsicht die Schule der Ge- brider van Eyck mannigfache Hindernisse dar, und man ist deshalb nicht selten gendthigt gewesen, wie die neueren Kunst- forschungen darthun, eine mihevolle Bestimmung als ungiltig zu bezeichnen, wenn spater gefundene Griinde den Irrthum als solchen erkennen lassen. Aber nur auf solchem Wege ist erst zu einem richtigen Resultale zu gelangen und selbst jene Irr- thtimer haben oft das Gute, dass in ihrer erérterten Veranlas~ sung neue interessante Seiten der Anschauung geboten werden, die ein neues Licht verbreiten. Um desswillen glaube ich, dass auch das Nachstehende der Beachtung nicht unwerth sei, zumal da eine Priifung desselben durch die betreffenden Abbildungen spater leicht unternommen werden kann. Schule der Gebrtider van Eyck. Wenn schon bei den Briidern Hubert und Jan van Eyck aus der nahen arlisltischen Beziehung, in welcher beide stan- den, eine gréssere Uebereinstimmung in Hinsicht ihrer Manie- ren entsprungen, die sich um so mehr steigerte, als beide zum Oeftern in einem und demselben Bilde thatig waren, so beruht zunichst der Unterschied zwischen beiden Meistern darin, dass der Aeltere, Hubert van Eyck, der eigentlich productive ist, wahrend der Jiingere sich mehr bei der Ausfithrung der Com- positionen des Ersteren betheiligt. Schon hieraus geht hervor, dass die bisherige Annahme, der jiingere van Eyck sei der bedeutendere, auf einem Irrthum beruhe. Die Vorztige des Aelleren griinden sich aber auf diese Productivitat nicht allein, sondern erstrecken sich auch auf die Ausfithrung selbst, da sie, im consequenteren Zusammenhange mit dem einheitlichen Ganzen stehend, auch von der primdaren Schépfungskraft des Geistes und der Empfindung erfiillt ist, wahrend bei Jan van Eyck ein gefalligerer Schein in Farbe und Form sich schon melt von dem Wesen der Erscheinung entfernt. Wenn daher das Bild No. 118, vorstellend die Madonna im Thron mit dem Christkinde, bei der unverkennbaren Eigenthiim- lichkeit der van Eyck’schen Composition, vermoge der Total- wirkung dem Beschauer bei der Bestimmung des Urhebers nur gwischen Hubert und Jan van Eyck die Wahl lisst; so ist 30 * noch mehr, indem 1, keine Schmelzung der Bildflache durch Feuer oder Hitze bewirkt wird; 2. indem zu der Bereitung sammtlicher Ver- bindungen kein fremdarliges, der Natur der Gligten Substanzen zu- widerlaufenden Mittel, wie des Kautschucks, sondern nur durch grosse Erfahrungen sich bewahrt habende Substanzen verwendet wurden. 3, Ist in der Fernbach’schen Enkaustik das Oel ganz vermieden, wah- rend es in der meinigen ein Hauptagens bildet; 4. in der héchst ver- schiedenen Behandlungsweise; 5. endlich in der sehr verschiedenen Méglichkeit matter oder glanzender Bildflachen. Andere Malarten sind mir nicht bekannt geworden, insofern die Kuieriem’sche Malerei eine eigentliche Harzmalerei genannt werden kann und auch auf Wand- flachen wenig Anwendung gefunden hat. Es war tiberhaupt in den Jahren 1841 bis 1845 wenig Stoff far eine Erfindung der Art vorhanden, indem die Fernbach’sche Enkaustik mir erst 1846 au Gesicht kam und ich nur hie und da tber Wachs- malerei u. s. w. in verschiedenen Werken Belehrung oder Bestétigung eigener Erfahrungen fand. Meine Erfahrungen in diesem Felde erstrecken sich bis jetzt nicht tber die beschrankten Mitte) eines Privatmannes hinaus, und ist mir bis jetzt keine Gelegenheit geworden, diese Art der Malerei im Gros- sen auszufihren; doch dies ist unwesentlich, da selbst das grésste Werk, dessen Ausfihrung Jahre erfordert, ja nur ein harmonisches Mosaik einzelner Tage und Stunden der Kunstthatigkeit genannt wer- den kann. Ich habe aber auf dem verschiedenartigsten Materiale die Dauer der von mir bereiteten Folie und des Bindemittels der Farben sich bewahren sehen und eben diese gewonnene Ueberzeugung macht es mir aur Pflicht, jene Erfahrungen den Kinstlern und Kunsttechni- kern zu iibergeben. Es schwebt mir daher bei Verdffentlichung die- ser Erfindung kein anderes Ziel vor, als allen Oelmalern das Feld einer nenen Thatigkeit zu erdffnen, wahrend es auch den Freskomalern leicht sein wird, in diesem Genre zu malen. Hoffen wir indess dies Ziel nicht zu frih zu erreichen; denn aller Neuerung strebt die alt- herkémmliche Gewohnheit entgegen; und sie hat ein Recht dazu, so lange sie es nicht durch absichtliche Unterdrickung missbraucht. Nur Jahre vermégen es darzuthun, ob diese Erfindung, wenn auch den kli- matischen Verhaltnissen angemessen, sich der Theilnahme des Kunst- Publikums und ihrer Anwendung durch Kinstler zu erfreuen hat. — Was endlich die Redaktion des vorhandenen Stoffs betrifft, so hatte diese ihre Schwierigkeiten. Indem es néthig war, sich nicht zu weit vom wissenschaftlichen Standpunkte zu entfernen und keiner trockenen Empirie anheimzufallen, musste andererseits dem ausibenden Kinstler eine genaue Beschreibung des Verfahrens und der Bereilung der verschiedenen Massen gegeben werden. Klarheit und Fasslichkeit konnte die einzige Richtschnur sein, die mich bei Verfassung dieser Blatter leiten durfte. Allein ich musste geben, was zur Sache gehdrte. Kleine Abschweifungen moge der gitige Leser verzeihen und mit dem Gegebenen befriedigt sein. Berlin, den 20. Febraar 1947, Der Verfasser. (Fortsetzung 10191.) Weber einen Theil der dltesten niederlindischen und deut: schen Bilder in der Sammlung des Herrn Stadtbaumeisters Weyer in Céln. ) Von WI. Unger. Herr Weyer hat die lobliche Absicht, einen Theil der 4l- testen Bilder seiner im Ganzen schatzbaren Sammlang auf pho- tographischem Wege herauszugeben und mich aufgefordert, ihm dabei durch cine Erlauterung der einzelnen Bilder derselben behélflich zu sein. Dieses Unternehmen hat, wie ich vernom- men, vorliufig dadurch eine Verzégerung erlitten, dass der 1) Wenn diese Bilder in Nachfolgendem nach ihrer Catalog - Nummer hbezeichnet sind, so ist dabei — gewiss nicht mit Unrecht — ele grosse Bekanntschaft der Weyer’schen Sammlung, so wie das Vorhandensein des Catalogs auf den Bicherbrettern der Kennet vorausgesetzt.