der Art bis zu meiner Ruckkehr in die Heimath, ohne indess
aufzuhéren, mich fiir Alles, was der Wandmalerei angehirte,
lebhaft zu interessiren, In dieser Zeit ward mir durch die Mu-
nificenz Sr. Majestat des Kénigs eine Unterstitzung zur Reise
nach Gricchenland und der ehrenvolle, allerhéchste Auftrag,
daselbst einige Bilder auszuftthren. Ich befand mich daher im
Juli 1841 in Neapel. Hier fesselten mich sogleich die Schatze
Pompejis. Eine entschieden ausgezeichnete Technik der Wand-
malerei sprach mich aus jenen Wandbildern mit wahrhaft tiber-
zeugender Kraft an. Zweitausend Jahre sollten tiber diese glan-
zenden Wande hingewandert sein? — Es erschien mir kaum—
glaublich, und diese Art der Malerei verdiente den Preis. Leucht-—
kraft der Farbe und steinharte Festigkeit derselben, die fast
immer nur eine gewaltsame Zerstérung anzugreifen vermochte ;
ja, diese Maltechnik stand so hoch tiber allen mir bekannten
Arten der Malerei, dass ich nicht umhin konnte, ihr ein eifriges
Studium zu widmen. Sowohl in Pompeji selbst, als auch im
Studienpalast von Neapel stellte ich meine Untersuchungen an;
obgleich mir zur Geniige bekannt war, dass ausgezeichnete Ge-
lehrte sich lingst mit der Erforschung der pompejanischen Ma-
lertechnik beschaftigt hatten. Ich untersuchte sie als Arehitekt
und Maler und war durch das Studium der Bauwissenschaften
dazu nicht unvorbereitet. Ich verschaffte mir aus Pompeji
kleine Proben und an jenen stellten sich die nachfolgenden Be-
obachlungen heraus.

Es war unter den Proben der pompejanischen Wandmalerei
eine Verschiedenheit der Technik bemerkbar; diese ging aber
Hand in Hand mit dem Grade der Vollkommenheit der Malerei
selbst, oder die Kinstlerschaft schien mit der Technik zugleich
Fort- oder Rickschritte gemacht zu haben, Fast die meisten
Proben, auch die blos dekorative Malerei, hatten meistens matt-
glinzende, ebene Oberflachen, waihrend Malereien gréberer Gat~
tung auf den blossen Kalk gestrichen zu sein scheinen.

Die genaue Untersuchung der Malerei selbst gestattete mir
aber drei Beobachlungen:

1. Es war die Farbe der pompejanischen’ Wandmalereien,
mit seltenen Ausnahmen, nie mehr oder minder in den Mortel
eingedrungen, welches nach Maassgabe der starken Porositat
des Mértels doch unter gewdéhnlichen Bedingungen hatte der
Fall sein miissen, sondern es bildete die Farbe in der Bertih-
rungsflache mit dem Moértel eine haarscharfe Trennung.

2. Es hatten die bemalten Wandflachen keine der Porositat
des Mértelgrundes angemessene rauhe Oberfliche, sondern wa-
ren glatt und eben, bis auf die oft stark aufgesetzten Pinsel-
striche.

3. Es fanden sich paslos aufgesetzte Pinselstriche beson-
ders bei dekorativen Malereien haufig abgesprungen vor, wah-
rend der Farbenton, welchen die umgebende Bildfliche darbot,
sich darunter befand und durch das Abspringen der aufgeselzten
Pinselstriche sichtbar geworden war.

Aus diesen drei Beobachtungen folgerte ich diese drei
Schliisse:

а@ 1. Die altrémischen Maler haben nicht auf den blossen
Mértel gemalt, sondern bedienten sich vor der Farbengebung
‘eines Vehikels, einer Folie, welches sie auf den Kalk iber-
trugen, wodurch das mehr oder minder starke Eindringen der
Farbe in den Kalkmortel verhindert und aufgehoben wurde.

ad 2. Dieses aufgetragene Vehikel oder dicse Folie konnte
vollkommen geebnet werden, wodurch die Rauhigkeit der ge-
wohnlichen Kalkwand oft in eine spiegelnde verwandelt wurde,
und dies seizt eine gewisse Dicke der Folie voraus.

ad 3. Auf der so behandelten Mauerfliche malten sie mit
Farben, deren Bindemiltiel geeignet war, sie auf das Innigstle
	mit der Folic zu verbinden, so dass sie heut eine Masse zu  
	bilden scheinen. Endlich schloss ich auch noch aus dem Grunde,
dass sich bei den Bildern das Abspringen aufgesetzter Farben
seltener, als bei bloss dekorativer Malerei zeigte, dass jene
hauptsachlich uno tenore in die auflésbare Folie mit auflésen-
den Farben gemalt seien, wihrend diese (dic dekorative) aus
Griinden der Ausftihrbarkeit den nassen Grund zu benutzen
nicht erlaubte, weil das Anlegen der Chablonen und Lineale né-
thig ist. Die dekorative Malerei geschah daher auf getrock-
netem Grunde. Ware diese Malart in einer gleichen Weise
ausgefihrt, so hatte ein gleichmissiges Abspringen von der
Mauer stattfinden miissen. Es kam aber haufig vor, dass die
Grundfarben, braun, roth, schwarz, klar unter der darauf be-
findlichen, abgebréckelten Malerei zum Vorschein kam. Aus
dem Grunde schliesslich, dass die-Folie, auf der sie malten,
sich fester mit der Grundfarbe verbunden hatte, als die Grund-
farbe mit der aufgesetzten Malerei, geht aber hervor, dass
jene al fresco, diese al secco gemalt sein mussten. Im erstern
Falle ist eine so innige Verbindung erreicht, die heute nur
noch einen Kérper zu bilden scheint; im zweiten Falle ist die
Verbindung loser und erscheint daher theils verschwunden,
theils ist sie sichibar abgebréckell.

Diese Beobachtungen bildeten den ersten festen Anker-
grund und analog diesem aufgefundenen Systeme suchte ich
spaiter das System meiner Erfindung aufzufiihren, Jenen Tagen
gehort die Theorie meiner Erfindung an.

Ob es mogtich sei, die Substanzen genau zu ermitteln, mit
welchen die Alten Malereien von solcher Dauer auszufiihren im
Stande waren, lasse ich dahingestellt sein, jedenfalls méchte
dies seine Schwierigkeiten haben. Abgesehen von dem Pro-
zess der Verschitttung Pompejis ) durch heisse Lavaasche, mit
vulkanischen Produkten untermischt, mdchte die Nahe eines so
grossen Naturlaboratoriums gewiss manche Einfliisse ausgetibt
haben und mdochten diese Einfltisse vielleicht geeignet sein, den
Weg zur Entdeckung der alten pompejanischen Malart anzu-
zeigen. — So viel schien mir indess hieriiber festzustehen,
dass sie, mit wenigen Ausnahmen, keine Erzeugnisse weder
blosser Wasserfarben, noch der Behandlung derselben die der
gewohnlichen Fresken waren, sondern sowohl zur Herstellung
der Folie, als auch des Farbenbindemiltels cine andere Sub-
stanz, eine Oligte, harzige oder fette, wachsartige verwendet
sein musste. Dies that sich kund durch den feinen Glanz, durch
das glatte Anfihlen und durch die Feinheit der Ausfihrung
selbst, die das Wasserfresko, wie bekannt, nicht gestatlet.
Wenn man in neuerer Zeit behauptet, die pompejanischen Ma-
lereien reagiren in der Oberfliche auf kohlensaurem Kalk, so
thut dies auch eine mit Oelfarbe angestrichene Wand, wenn
sie sehr alt ist. Die Bildung des kohlensauren Kalks scheint
demnach kein geniigendes Argument fiir die Hypothese zu sein:
dass die pompejanischen Malereien Erzeugnisse der Wasser-
Frescomalerei scien. Insofern aber durch gelindes Reiben mit
Hochst rectificirtem Terpentingeist eine glanzende Flache ge-
	1) In der That méchte dieser Prozess der Verschtittung Pompeyjis von
bedeutendem Einfluss auf die Erhartung der pompejanischen Wandmalereien
gewesen sein. — Denkt man sich Pompeji (wie es der. Fall war) durch einen
Aschenregen langsam verschiittet, wahrend zugleich das brennbare Material,
Holz ete, im Brand gerieth, so wurde dadurch cin grossartiger Meiler ge-
schaffen, wo alles Holz etc. noch lange dem Verkehlungsprozess unterworfen
war, indem die Asche nicht allein lose auflag, sondern auch Héhlungen ge~
bildet hatte, die nicht mit ihr angefallt waren, wodurch em hinkingliches
Quantum Sauerstolftheile vorhanden blieb, theils neu zutreten konnte, um den
Verkohlungsprozess fortzusctzen , der auch an den vorgefundenen, verkohlten,
brennbaren Materialien auf das Vollkommenste dargestellt ist. Die unge-
heure Menge kohlensauren Gases, die so erzeugt wurde, wirkte besonders
auf die Oberflache der Mauern, welche, durch Hitze angegriffen, hierdurch
wiederhergestellt wurden und zu kohlensaurem Kalk erharteten.