er in den Krallen tragt, sind kraus. Sic haben also ihr Feuer
nicht verloren, sie haben es nur geindert, es wirkt noch, gleich-
wie griechisches Feuer und deutsches Schiesspulver beides ver-
derblich wirkt. Der Papst weiss recht gut, was fir ein Feuer jetzt
in den rémischen Adlerblitzen steckt; er bricht sich cine Spitze
ab und es ist ein ganz wirksamer Bannstrahl, wie man an dem
erschreckten, fortfliichtenden Kaiser bemerken kann, dem er
zusleich mit ruhiger Miene die Bannbulle vorhalt, als wollte
	er fragen: ,,Kennst du dies?* ~ (Fortsetzung folgt.)
	Ueber einen Theil der altesten niederlandischen und deut-
schen Bilder in der Sammlung des Herrn Stadthaumeisters
Weyer in Céln.

Von MI. Unger.
	(fortsetzung.)
	Johann Memiing.
	Homousion auf den Kampf der Arianer mit den Orthodoxen hin-
	gedeutel.
Eine Unkraut sdende Teufelsgestalt dicht dahinter und tiber
	einer Gruppe von stiss Schlafenden stellt diesen Gedanken sinn-
bildlich dar. Die Arabeskenpflanzen sind natiirlich Waizenahren
und Kornblumen.

Zwei Tiirkenknaben, die mit erhobenem Sabel auf ihren
Koran schwoéren, bilden aber gleichsam die Pforte zu den aus-
seren Kampfen, welche das Christenthum zunichst unternimmt,
eh’? die noch bedeutenderen inneren kommen.

Damit sind wir bei dem Hauptbilde, das die Kreuzztige ent-
halt, angelangt. Die Mitlelgruppe bildet das heilige Grab. Auf
	ihm liegen die Assisen von Jerusalem, welche Goltlfried von
	Bouillon in das heilige Grab legte, und durch welches Gesetz-
buch bekannilich zuerst der dritte Stand als ein berechtigter
anerkannt wurde; auf dem Grabe sitzen zwei Engel, nach hei-
den Seiten hingewendet, der eine die Kreuzfahrer zur Befreiung
des Grabes herbeiwinkend, der andere, sich entsetzend vor den
blutigen Kriegsgraueln, die damit verbunden waren. Den Kreuz-
zug aber predigt links vom Grabe der beriihmte Peter von Amiens,
dessen Esel mit einem bedachtigen Satze tber den Hellespont
trabt. Man sicht einen Hirten, einen Jager und einen Besteller
des Feldes, cinen jeden seine Beschaftigung verlassen, um sich
dem Zuge der Firsten und Ritter anzuschliessen, deren Einer
schon den Fuss in den Nacken eines niedergeworfenen Moh-
renkénigs setzt und das siegreiche Schwert tiber ihm schwingt.
Rechts vom Grabe aber ist der Kampf in schoénster Blithe. Lud-
wig Uhlands Erzéhlung von dem ,Schwabenstreiche* ist hier aul’s
klarste veranschaulicht. Der sehr ehren- und handfeste Schwa-
benritter hat soeben seinen Streich vollfihrt und holt zur Si-
cherheit noch einmal aus. Er hat etwas ungemein Positives in
seinem Gesichtsausdruck und seiner ganzen Hallung. Die Ber-
liner wirden ihn einen richtigen Jungen nennen. Der nach
beiden Seiten halbirt auseinandergehende Tiirke giebt durch
gewahrten Einblick in sein Gehirn Gelegenheit zur topographi-
schen Orienlirung in demselben, und wir finden darin ein star-
kes Quantum Grausamkeit, cin nicht geringes Terrain Wollust,
eine ansehnliche Masse Fanatismus und ein energisches Stick
versieckter Bosheit. Wie vergeblich ist die parirende Sabelbe-
wegung eines auf einem Tiger herbeisprengenden Muhamedaners
gegen eine so eingehende Priifung der Gall’schen Schadellehre.
Was wird der Pfeil jenes Abbasiden helfen? Der Schwab , wird
nur spottisch um sich blicken*. Aber es ist auch Kreuzritter-
blut in den Jordan geflossen; dort liegt cin getroffener Kampfer,
von seinem Gefahrten gehalten; ein Ritter-Ménch des Hospitals
des heiligen Johann und des Tempels traufelt ihm lindernden
Trak auf die heisse Zunge. Die frihere durch Geltibde ge-
botene Armuth dieser ritterlichen Ménche machte es nothwen-
dig, dass sie ihrer zwei zugleich auf demselben Rosse ritten.
Als spatere Schenkungen den Orden reich gemacht hatten, fihrte
er in seinem Schilde zwei Ritter auf einem Pferde. Ein $01-
cher Schild hangt hinter einem Mitgliede des Hospitals, der
mit Kutte und Templermantel, mit Schwert und Kreuz zugleich
sich als Schlussfigur gegen einen Tiirken wendet, welcher mit
abgewandlem Haupte und erhobenem Sibel von der octroyirten
Segnung nichts wissen will und den Schild vorhilt, dessen
Halbmond mit missbilligender Miene auf das strahlende Kreuz
blickt.

Ueber dem Pilaster sitzt nun der Papst. Links von ihm
der heilige Bernhard; er untersucht mit emsigem Fleisse den
hammelschulterblattrigen Koran und entfernt mit Bedacht die
verdachtige 66 Sure. Zu Haupten des Papstes aber schwebt
der rémische Adler. Er hat sich ganz wieder erholt. Sein
Kopf ist stolz gehoben, seine Fliigel weit und seine Blitze, die
	Eine andere hochst bedeutende Richtung der flandrischen
Schule des funfzehnten Jahrhunderts ist die des Johann Mem-
ling. Sie unterscheidet sich zunachst von der der Gebriider
van Eyck durch ein noch naheres Anschmiegen an die Indivi-
dualitét der Erscheinung, wodurch die Formen zu einer noch
speciellern Entfaltung gelangen. Diesem gemiss erreicht hier
die Modellirung, besonders der menschlichen Kérpertheile, na-
mentlich der Képfe und Hinde, einen Grad von Wahrheit, der
im Einklang mit einem noch intensivern Schmelz der Farben ein
wesentliches Zeichen abgiebt, durch welches die Werke Mem-
lings, von denen des van Eyck, der, im Vergleich zum ersten,
allgemeiner in der Form und etwas trockener in der Farbe ist,
sich unterscheiden lassen, Ein anderer Fingerzeig der Unter-
scheidung besteht bei einer oft sehr nahen Verwandtschaft der
Manier dieser Meister in dem Einfluss, welchen die als Vorbilder
gewahlten Personen und Lokalitaten bei der idealen Gestaltung
ihrer Bilder ausiiben. Aber auch in der Memlingschen Schule
machen sich wieder andere bedeutende Meister bemerklich, die
mit mehr oder weniger Hinneigung zur van Eycksehen Richtung,
die Erforschung des Ursprungs fraglicher Werke dieser Schule
erschweren, Ein Bild indess, in welchem ich Memlings Hand
zu erkennen glaube, ist das unter No. 125, vorstellend Maria
im Thron mit dem Kinde, zur Linken ein die Laute spielender
Engel, zur Rechten der betende Donator und Rilter St. Georg
mit dem Drachen. Wenn. dieses Bildchen nicht denjenigen Grad
von Ausfihrung hat, wie er gemeiniglich den Werken dieses
Meisters eigen, so giebt das noch keinen Grund ab, deshalb
einen Zweifel ber seine Echtheit zu hegen, da es nicht an
fusseren Griinden fehlt, von denen der Grad der Ausfihrung
abhingig ist. So sind die Bilder des Reliquariums im Hospital
zu Briigge lange nicht so ausgefihrt, wie die des kleinen Altars
im Museum zu Antwerpen. Nichtsdestoweniger ist der bildneri-
sche Sinn in beiden Werken mit denselben Prinzipien dargethan,
und darauf kommt es hauptsiichlich an, da bei grossen Meistern
die grésscre Ausfihrlichkeit nic um ihrer selbst willen, sondern
aus Zweck der nahern Angabe der die Erscheinung formirenden
ursdichlichen Bedingungen, die qualitativ auch in einem geringern
Grade der Ausfiihrung, ja selbst in einer Skizze enthalten sein
kann. Mit Riicksicht hierauf sind es besonders die feinern In-
tenltionen, welche sich in dem fraglichen Bildchen bemerkbar
machen, die die Annahme, dass es von Memling herriihrt, bei
mir veranlassen; namentlich sind diese am deutlichsten in der
Behandlung der Hinde ausgesprochen. Lasst man den allerdings
fiir Memling etwas befremdlichen braunen Schattenton in der
Carnation als einen Grund des Zweiftls gelten, da dieser Mei-