altesten Spuren der Zeichnenkunst finden sich in Indien vor, wo in Stein gemeisselte Contouren menschlicher und Thierfigu- ren oft auf Triimmern alter Bauwerke oder an Felsenwidnden angelroffen werden. Es ldsst sich aber nicht bestimmen, wann man im Alterthume angefangen, figirliche Darstellungen ausser der dekorativen Malerei auf Wanden oder an Monumenten aus- zufihren. Eine rohe Contour mit einfachen Farben ohne Schat- tirung scheint auch den Anfang in dieser Kunst gemacht zu haben, wie dies die Wandbilder der Agytischen Graber be- zeugen. Diese Art der Malerei ist noch heut bei den Chinesen und bei uns fir Kinder im Gebrauch und scheint der ersten Auffassungsweise des Menschen die angemessenste zu sein. Man bediente sich bunter, lebhafter Farben und bildete diese Kunst besonders in Aegypten aus, doch in wie hohem Grade indess dieselbe von jenen alten Vélkern getibt wurde, dariiber schweigt die Geschichte’). Dass die Malart aber eine ver- gingliche gewesen sein muss, geht daraus hervor, dass wohl unter, aber nicht tiber der Erde sich Fragmente derselben er~ halten haben, mit Ausnahme einer Art von Frittenmalerei, welche sich an Spitzsdulen und anderen dgyptischen Monumenten vor- findet. Die auf Stucco gemalten Wandbilder der agyptischen Griber verbleichen, wenn man sic langere Zeit an die Sonne bringt, ein Beweis, dass sie theils mit Pflanzenfarben gemalt sein méchten, wahrend die an ihren Tempeln, Obelisken u. $. w. sich vorfindende Frittenmalerei, unmittelbar auf Stein, sich bis heut an der fgyptischen Sonne erhalten hat. Ueber die Technik der Malerkunst der Griechen hat die Geschichte ebenfalls nur wenig und das Wenige fir unsere Begriffe von Farbentechnik kaum fasslich wberliefert. Ver- schiedene Schriftsteller erwéhnen tiber griechische Malereien nur der wundervollen Farbengebung, der schénen Effekte, der Naturwahrheit derselben, und in der Geschicklichkeit der Kinstler iiberliefert sie uns jene Anekdote von Haarspallerei. Etwa um die 70. Olympiade gelangte die Kunst der Malerei tiberhaupt zu héherer Bedeutung und bis etwa um die 100te war die athe- niensische Malerschule die berihmteste. Von der griechischen Malerkunst ist uns wenig mehr als die Namen ihrer gepriese- nen Meister. Was nun ihre monumentale Malerei anbelangt, so scheint sie wohl der agyptischen entlehnt, dennoch aber in verschiedenartiger Technik ausgetibt worden zu sein. Eine en- kaustische oder Frittenmalerei, wie die Aegypter, scheinen sie aber nicht angewendet zu haben. Jene Halle in Athen (oexedn, die bunte), welche Darstellungen der Siege der Griechen bei Salamis und Marathon als Wandbilder enthielt, war weltbe- rihmt; doch war, jede Behauptung iiber die Art der Ausfihrung eine Hypothese. Die Freskomalerei hat im Siden ihre grossen Schwierigkeiten, wegen des zu schnellen Trockenwerdens des alks, und musste bei der luftigen Bauart der Alten fast zur Unmdglichkeit werden. Eine mit geschmolzenem Wachs tber- zogene oder mit einer Wachsauflésung in Terpentinspiritus getrinkte Mauer, welche sich auch im Schatten der Gebaude durch die gliihende Hitze warm genug erhalt, bildet einen treff- lichen Malgrund, und mit Terpentin verdinnte, gewéhnliche Oelfarbe ist geeignet, ein dem Wasserfresko ahnliches Bild, nur voller im Ton, zu erzeugen. Mein Aufenthalt in Griechenland erlaubte mir einige Erfahrungen hieriiber zu sammeln. Es ist iberdies bekannt, dass die allen griechischen Maler auf Lein- wand, Holz, Elfenbein, Stein, Kalk u. s. w. gemalt haben, wel- ches voraussetzt, dass sie eine verschiedenarlige, der Natur des Materials angemessene Technik anwendeten. Es war ihnen notorisch eine enkaustische Malerei bekannt; doch zweifle ich, 1) Auch Stoffe und Gewdnder verstanden sie prachtvoll zu firben, doch woh! meistens mittelst Pilanzenfarben. Farbengebung, welche bis jetzt fast ausschliesslich seil dem italischen Flor derselben als Wandmalerei angewendet wurde, mochte die der Natur der Kalkwand homogenste genannt wer- den kénnen. Sie michte vielleicht bei richtiger und sorgfal - tiger Anwendung auch fir unsere klimatischen Verhiltnisse, trolz grosser Bedenken, von geniigender Dauer erscheinen; aber ihre Technik darf die schwierigste aller Malarten genannt werden. Indem namlich die frisch aufgetragenen Farben einen bedeutend dunkleren Ton haben, als sie nach dem Auftrocknen zeigen, so gehért eine cigne Heranbildung des Kimstlers fiir diese Technik dazu, um Harmonisches darin leisten zu kénnen, ein Uebelstand, der auch in den neueren Werken Minchens nicht iberwunden wurde, denen man in der Farbe (dicunt?! ) eine grosse Disharmonie vorwirft. Die Technik der Fresko- malerei beruht auf einem System der Berechnung der Farben- veranderung vom Nassen ins Trockne (leider oft vom Regen in die Traufe). Die Farbengebung, welche im nassen Zustande sehr dunkel und oft iiberbrillant erscheint, sinkt nach dem Trockenwerden zur Mattigkeit herab. So haben denn auch, mit wenigen meisterhaften Ausnahmen, alle Freskomalereien et- was Todtes, Leichenhafies, Unkérperliches, Trocknes, was ab- stossénd und erkiltend auf das Gefithl des Beschauers wirkt. Ueherdies entbehrt die Technik der Freskomalerei jenes Mittel der Retouche und Lasur, jener so machtigen Hebel der Oelfar- ben-Technik. Ebenso entbehrt sic des pastosen Auftrags der Farbe, welcher jene schlagenden Effecte in der Oelmalerei zu erzeugen fahig ist. Eine Wandmalerei, welche die Vortheile beider Arten in sich vereinigte, ohne ihre Nachtheile zu be- sitzen, wiirde die beste Malart genannt werden kénnen. Es sei noch erwadhnt, dass die Malerei in Schmelzfarben, deren Dauerbarkeit als die vorztiglichste obenan steht, sich schwerlich als Wandmalerei Eingang verschaffen dirfte, indem ihrer Technik zugleich die gréssten Schwierigkeiten enigegen- stehen, Das Einbrennen der Farben auf feuerfestem Materiale, der Kostenpunkt, ja die mangelnde Scala der Schmelzfarben selbst, werden ihr immer ein beschrénkteres Feld anweisen, als jeder anderen Art der Malerei tiberhaupt. Aus dem Ebengesagten scheint hervorzugehen, dass eine Technik in 6ligen, harzigen und Fettsubstanzen vielleicht die Mittel besitzen diirfte, ein fir unsere klimatischen Verhaltnisse iiberaus giinstiges Resultat in Bezug auf Wandmalerei liefern zu kénnen. Ehe wir indess der Entwickelung einer Theorie in dieser Art der Malerei weiter folgen, ist es néthig, auf das, was in verschiedenen Malweisen in Bezug auf Wandmalerei schon friiher da gewesen und bis jetzt vorhanden ist, einen Blick zu werfen. Die Malerei ist den altesten Volkern der Geschichte, den Indern, Persern, Phéniciern und Aegyptern, nicht fremd ge- blieben, und so wurde denn auch die dekorative Malerei der Wande von ihnen ausgeiibt, welches theils aus Fragmenten der Kunst selbst, theils aus den Altesten geschichtlichen Quellen hervorgeht. Der besonders bei den Persern, Indern und Aegyp- tern im grossen Umfange ausgeiibte Backsteinbau liess als Or- nament eher die Malérei, als die Bildhauerei zu; indem jene Volker eine vielfache Zusammensetzung verschiedenartigen Bau- materials, wie sie heut bei uns angewendet wird, nicht gekannt zu haben scheinen. — Selbst der griechische Tempel bestand nur aus drei Materialien: die Wande und Sdaulenstellung aus Marmor, das Dach von Cedernholz mit Bronzeschmuck; der indische Monolithbau ganz von Stein und so weiter. Die Hie- roglyphenschrift oder auch die indische, persische und he- brdische scheinen anfanglich eine Art Malerei gewesen zu sein und selbst bis ins Miltelalter bedienten sich die Mauren der Schrift wie der Arabeske als Verzierung ihrer Bauwerke. Die