276
	und ware es auch in diesem Betraclit tberflissig, mich des
Breiteren in die Kunstgeschichte 2u verlieren.

Es geht nun aus diesem geschichtlichen Ueberblick tber
die verschiedenartigen Leistungen in der Technik der Wand-
	‚ шаегег Вегуог, 4а$5 51е ш 4ег усгзсшейепатио еп \Уе15е уоп
	den gebildetsten Volkern der Erde ausgetibt wurde, je nach-
dem Klima, Zeitbedirfnisse, Baustyl, selbst Localitaten und vor-
handenes Material und besonders auch kiinstlerische und wis-
senschaftliche Mittel ihre Ausiibung in dieser oder jener Mal-
weise erheischten oder mit sich brachten. So steht denn auch
fiir unser Jahrhundert zu erwarten, dass sich eine unserm Klima,
unsern Zeitbediirfnissen, unserm Baustyl entsprechende Malart
entwickeln werde, welche mit den Hiilfsmitteln einer fortge-
schrittenen Wissenschaft die Erfordernisse einer guten Technik
der Wandmalerei befriedigend, den besten Malarten des Alter-
thums nicht nachstehen diirfte. (Fortsetzung folgt.)
	Kaulbach’s neue Friescompositionen.
	(Vortsetzung.)
	Bildersturm, durch ein Schisma der christlichen Kirche herbei-
gefihrt, das Vorhandene zerstorte und sich nicht blos auf Dar-
stellungen der Religion beschrinkte. Dann erschittterte dic
Vélkerwanderung fast alle Theile Europas bis ins 8te Jahrhun-
dert. Zu und nach der Zeit Carls des Grossen blthen zwar die
Kiinste wieder auf und namentlich auch in Italien nach Zersté-
rung des Reichs der Longobarden; doch die Kampfe Italiens, die
sich ausbreitende Religion Muhameds und das Kindringen der
Muselmanner in Europa, die Zerstérung des frankischen Reichs
liessen tiberhaupt die Malerei nur sparlich gedeihen. Mit der
Entwicklung der Kunst vom iften bis ins t4dte Jahrhundert
scheint auch die Wandmalerei neben dem Mosaik, theils al
fresco, theils als eine Art Wachsmalerei (@ tempera) haufiger
angewendet worden zu sein. Endlich im 15ten Jahrhundert ge-
langt sie in Ilalien mil der Gesammtbliithe der Kiinste zu jener
Vollkommenheit in der Technik des al fresco, die sich mit
Recht die Bewunderung aller Nationen bis auf die neueste Zeit
erhalten hat und von keiner Leistung in diesem Fache tber-
iroffen wird. Die Namen Lionardo da Vinci, Michel An-
gelo Buonarotti, Raphael, Giulio Romano, Bramante,
	Domenico, Fontana, Guido Reni, Carlo Maratta, des  
	Annibale Caracci und andere Freskomaler bis Morrea-
lese bilden in der Geschichte der Kunst einen Strahlenkranz,
der nie erléschen kann. Die von ihnen angewendete Technik
fiir Wandmalerei war die des al fresco und a@ tempera. Siehe
die Einleitung.

Ueber die Ausbildung der Wandmalerei in Deutschland,
Frankreich, Spanien und England schwebt ebenfalls bis ins 15te
und 16te Jahrhundert grosse Dunkelheit. Die Malerei, welche
sich bis zu dieser Zeit fast ausschliesslich kirchlichen Zwecken
anschloss, wurde hier fiir die Ausfihrung von Altar- und Hei-
ligenbildern benutzt. Viele aus jener Zeit, ums 13te und 14te
Jahrhundert, wurden auf Gyps- und Kreidegrund mit Wachs-
farben gemalt und war dieser Grund auf Holz, mitunter auch
auf rohe Leinwand getragen. Die Erfindung oder besser Wie-
derbelebung der Oelmalerei durch Joh. van Eyck brachte Wand-
und Freskomalerei in Vergessenheit. Die Siege, welche Al-
brecht Direr, Lucas Cranach, Hans Holbein, Al-
brecht Altdorfer und Andere in dieser Malart errangen und
die von den Niederlandern und Italienern, Franzosen, Spaniern
und Englandern verschafften ihr den Rang der Universaltinte.
Es ist tiberfilissig, alle die Namen aufzufihren, die dazu bei-
trugen, die Staffelei-Oelmalerei in Aufnahme zu bringen, denn
selbst der grosse Rubens fand sie bequem. Noch andere,
und zwar bauliche Hindernisse scheinen sich der Anwendung
der Wandmalerei in den angefihrten Lindern bis ins 17%te und
18te Jahrhundert entgegengesetzt zu haben, namentlich die An-
wendung des gothischen Baustyls, welcher sich vom 9ten bis
ins 15te Jahrhundert fast ausschliesslich in jenen Landern be-
hauptele. Dieser Baustyl scheint mit der Wandmalerei unver-
traglich, die vorspringenden Séiulen, Baldachine, Schnérkel, die
Hallen, die Gewdlbe rauben den Bildern das Licht, Alles ist
in der Gothik Leben, Bewegung und Gliederung, die Wand-
flachen zerschlagen sich in Streifen. Die kirchliche Malerei
flichtete zu den Altéren und zu den Fenstern in Form der
Glasmalerei, Erst- im 17. Jahrhundert kommt die Wandmalerci
in Form von Fresken wieder in Frankreich, Deutschland und den
Niederlanden zum Vorschein, wo sie dann, besonders in Pala-
sten, abwechselnd mit Gobelins und Tapetenmalerei um den
Rang streitet, bis sie, wie liberhaupt die Kiinste, mit der fran-
zbsischen Revolution abbricht, um. sich vielleicht erst 100 Jahre
danach wieder kraftig erheben zu kénnen. — So weit der ge-
schichtliche Ueberblick, den der Raum uns zu geben gestaltet;
es existiren tiber diese Gegenstinde gute und gediegene Schriften
	Noch zweierlei Kampfe bleiben anzudeuten tibrig. Der Kampi
der geistlichen Gewalt mit der weltlichen, und der Kampf der
Hierarchie gegen den Prophetenflug der mit dem Worte begna-
deten Kunst und den Untersuchungsgeist der Wissenschaft. Je-
ner wird sehr einfach durch zwei Endfiguren vorgestellt, die-
ser spielt in die ganze Kulturentwickelung hinein, welche sich
in dem Friesstiick tber der Reformationszeit hinbreitet. Jene
beiden Figuren sind eben ein Bischof und ein Herzog. Der Pri-
lat ficht mit dem Krummstabe, der ritterliche Gegner mit dem
Schwert. Um die Spitze desselben schlingen ‘sich, gleichsam
wie heimliche, verratherische Fesseln, einige Arabeskenranken.
Das kann sich Jeder auslegen, wie er will. Nebenan naht sich
der aufgehingten Leier, begehrlich, aber scheu zugleich, ein
Kleiner Dichter, einen Griff mit geitbier Hand versuchend.
Aber ihn halt cin Knabe mit einer Ménchskutte am Gangelbande
und hebt. mit bedenklicher, iberwachender Miene den Zeigefin-
ger. Ohne Zweifel soll dadurch der mehr geistliche als gei-
stige Einfluss der Kirche auf die Dichthunst zur damaligen Zeit
veranschaulicht sein. Ein untenstehender Kasten mit Bicher-
rollen und der Aufschrift ,Aristoteles, Platon* deuten das im
Mittelalter so lebenig betriebene Studium der Philosophie dieser
Manner an. Aber auch in der Nalurwissenschaft begann ein
regeres Suchen nach dem Lichte. Da steht das schleierumflos-
sene Isisbild mit seinen hundert Brésten und dem AUas mit
der Weltkugel in den Hinden. Gelehrte Ménche versuchen den
Schleier zu heben. Dem Einen verbrennt fast. ein mit Salpeter,
Schwefel und Kohle gefillter, explodirender Mérser den Hintern.
So hilft das Experiment der Forschung nach. Er ist vielleicht
der kluge Roger Bacon, der die Vergriésserungsglaser erfunden
hat und schon recht gut wusste, dass man mit den ebengenann-
ten Ingredienzien Explosionen machen kénne.

Die nun folgende Hauptgruppe mit zwei Nebengruppen stellt
das verschlossene Himmelsthor vor, die Ghiberti’schen Thiren,
welche Michel Angelo werth erachtcle, die Pforten des Рага-
dieses zu bilden. Jenseits derselben die Harmonie der Spharen.
Ein Engel, mit den Schlisseln zum Himmelreiche am Giirtel,
blickt klar hinein in den Tanz der Himmelskérper und seine
Hand greift regelnd in denselben ein. Von den schwellenden
Friichten der Arabeske, von den Beeren des Weinstocks ldst
sich Ball um Ball, sich hinaus zu schwingen in den Wellenstrom,
eine reizvolle Andeutung des schdpferischen Reichthums der
Natur, welche aus ihren unendlichen Urstoffen Myriaden Welten
keimen lasst, wie Trauben am Weinstock keimen. Hinauf aber