mauer angelehnt steht auf holzernem Fussgestell eine kleine Minerva aus gebranntem Thon. Ringsum sind bunte Schmetter- linge angespiesst. Ein grosser Gold- (oder Mist-) Kafer aber zerrt an dem Standbilde der Gétin, daran er mit einem Faden angebunden ist. — Ein grésseres Thonbild der Géttin der Jagd, yon Winden und anderen Schlingpflanzen ziemlich umwachsen, ist neben dem Eingange des Hauses angebracht. Das Bild ist in eigenthiimlicher Weise, auf ungrundirten Zwillich, alla prima, in sehr blassem und zartem Farbenton gemalt, eine Behandlung, die sich durch die Gewohnheit der Porzellanmalerei erklart, indem H. an der kénigl Manufaktur in Sevres angestellt ist. Die Kaiserin Eugénie hat dasselhe ftir ihre Privatsammlung an sich gebracht. Nach diesen fiinfen, die man fiiglich die Perlen des Sa- lons nennen kann, drangt sich des Vortrefflichen noch so Man~ ches auf, dass wir in der Wahl verlegen sind. Erwahnen wir zunachst einer Landschaft von Th. Rousseau, die zu dem Schénsten gehért, was dicser so lange verkannte und zuriick- gewiesene Kiinstler geschaffen. Das Bild kiindigt sich an als »ein Sumpf im Steppenlande*. Mit saftiggriinen Wasserpflan- zen reichlich tiberséet, dehnt sich der Sumpf tiber den ganzen Vordergrund des Bildes. Etwa zwanzig Kithe, vorwiegend roth- lich und buntgefleckt, waten durch das Wasser. Im Mittel- grunde rechts erhebt sich aus dem Sumpfe ein Strauss von kiimmerlichen Féhren, die eine armliche Hitte einschliessen. Nicht weit davon fihrt ein Steg iber das Moor. Dariiber hin- aus und durch die ganze Breite des Bildes zieht sich, mehrere Meilen weit, die Flache des Haidelandes, die, von der Sonne beschienen, streifweise ganz weisslich griin erscheint. Am Ho- rizonte links ragen in nebliger Ferne die schneebedeckten Haup- ter der Pyrenden. Der Himmel ist von ungewodhnlichem Anblick. Die Sonne hat, tiber dem sumpfigen Grunde briitend, die Feuch- tigkeit aufgesogen und den Himmel mit einem durchsichtigen grauen Nebelschleicr untkleidet, auf dessen Grund cine Menge dinner Wélkchen kaum merklich sich abheben. Die dumpfige Schwiile des Mittags ist dadurch vortrefflich ausgedrickt. Die Farbe des Bildes ist, wie bei R. gewdhnlich, von grosster Kraft und Frische, dabei ungewdhnlich hell; die Lichtwirkung ist rei- zend; die Behandlung hat elwas Krauses, Kérniges, was dem spitzig Tockirenden einer gewissen Klasse von Landschaftsma- lern weit vorzuzielien ist. Neben R. hat sich dieses Jahr ein junger Landschafler, Daubigny aus Paris, hervorgethan. Auch er sucht in der Na- tur die einfachsten Motive: ein Teich, mit Binsen hewachsen, und ein enges bewdssertes Thal, von miassigen Hohen cinge- schlossen (beide aus dem Departement der Isére), ersterer mil zwei Reihern und mehreren auffliegenden Tauchenten; leizteres durch ein einsam grasendes Pferd und eine Schaafheerde be- lebt: aus diesen anspruchslosen Bestandtheilen hat der Kinstler zwei Landschaften von massigem Umfange zusammengesetzt, von so uniibertrefflicher Wahrheit, so harmonisch klarer und milder Farbenstimmung, dabei so erstaunlich sonniger Helle und endlich so weicher Pinselfiihrung und schlichter malerischer Behandlung, dass der allgemeinste und ungetheilteste Beifall laut wurde, Auch steht Daubigny auf der Liste der Preistra- ger obenan (erste Medaille). — Das erstere der beiden Bilder, der ,,Teich von Gylien, bei Optésoz (Isere)“ ist Eigenthum des Kaiscrs. Acholichen verdicnten Beifall erntete cin seit Jahren in Bel- gien und Holland beliebter, noch junger Kunstler, FI. Willems aus Liittich, in Paris wohnhaft. Unter seinen Bildern ragt durch Umfang und Reichthum der Composition hervor: ,eine Bilder- Versteigerung in Antwerpen iim Jahre 1660“. „Еш Маег seiner Werkslalte* und ,,dic Wiltwe sind Genrebilder novel- dieser einzig Reinen, dieses Lichtpunktes in der sittlichen Fin- sterniss, giebt dem Ganzen eine héhere Weihe. Das Bild ge- mabnt ums wie eines der schénsten Blalter aus Auerbach’s Schwarzwalder Dorfgeschichten, im Geiste eines Wilkie oder W. Hogarth wiedergegeben. Wohl hatien wir eine etwas klarere Farbung, eine etwas einfachere und sauberere Behandlung ge- wiinscht, — Hogarth’s bessere Bilder, wie die Folge des Ma~ riage ala mode, haben diese Eigenschaften in hohem Grade, — doch legen wir auf diese Bemerkung keinen Nachdruck, indem das malerische Element hinreichend vertreten ist, um den unverkiimmerten Genuss des geistigen zu verstatten. — Bei ihrem Besuch der Ausstellung hal die Kaiserin, nebst einigen anderen, auch dieses Bild fiir sich ausgewahlt, doch zu spat, da dasselbe schon von einer deutschen Frau, die sich in Paris aufhalt, angekauft worden war. — Ein kleineres Bild desselben Kiinstlers tibertrifft das grosse an Reiz der malerischen Behandlung, worin es mit Isaak Ostade verwandt ist; andererseits aber bietet der Gegenstand weniger Interesse dar. Immerhin ware jedoch auch schon dieses Bildchen fir sich hinreichend gewesen, den Namen des Kiinstlers be- kannt zu machen, Unter den Gemalden der archaischen Richtung. glanzt die- ses. Jahr vor allen Hamon’s griechisches Idyll, unter dem Ti- tel: ,,Die Schwester ist nicht da.“ Nachdem H. sich noch im vorigen Jahre in der ,,menschlichen Komédie“ seinem Hang zum Sonderbaren und Schwerversténdlichen tiberlassen, und desshalb vielfachen Tadel und allerlei Anfechtungen erlitten, wihrend das Gelungenste in seinem Bilde, die Kindergruppe, Belobung und Anerkennung fand; so hat er diesesmal, die ge- wonnene Erfahrung weislich beniitzend, statt einer verwickel- ien ,,menschlichen Komédie“, eine einfache kindliche Scene, einen auf den ersten Blick verstindlichen Auftritt dargestellt, wie seine Icbhafte und reiche Phantasie ihm denselben vorge- halien. Ein blondhaariges Madchen, kaum an der Grenze der Kinderjahre angelangt, ist der Gegenstand der Bewerbungen eines Knaben, dem seinerscits noch nicht der leiseste Anflug des erwiinschten Zeichens der Mannlichkeit um Kinn und Wan- gen keimt; doch der jonische Himmel begiinstigt die Enltwik- kelung der sanften Triebe. Darauf bedacht, seiner Geliebten eine freudige Ueberraschung zu_bereiten, hat der jugendliche Bewerber sich mit einem Paar Turteltéubchen. im Kafig aufge- macht und eilt ihrer Wohnung zu. Da sie ihn von ferne kom- men sieht, versteckt sie sich hinter dem Briiderchen und der jiingeren Schwester, die, ihre Relle, so gut es gehen will, spie- lend, die Kleine ihr Hemdchen ausbreitend, das Briiderchen mit wichtiger Miene die Aermchen gravitalisch auf den Ricken geschlagen, dem Ankommenden entgegenrufen: ,,Die Schwester ist nicht da!“ Dieser, einen Augenblick getéuscht, bleibt un- schliissig stehen, an die Mauer sich Iehnend, die den Hof ein- schliesst, wahrend das Madchen, in gebiickter Stellung, hinter ihrem Versteck hervor dem Willkommenen einen langgezoge- nen Blick aus den himmelblauen Augen entgegensendet. In der Ferne gewahrt man einen anderen verliebten Schafer, der, mit dem Ertrage seiner Jagd auf dem Ricken herbeieilend, seines cliicklichen Nebenbuhlers ansichtig wird und betroffen stille steht. So originell dieser Einfall und so vollkommen deutlich die Composition, so gelungen ist auch die Darstellung; man kann nicht leicht gliicklichere Kinderphysiognomien durch naiveren Ausdruck beleben; das Ganze athmet Unschuld und reizende Schalkheit; dabei sind Formen und Gewandung vom reinslen Geschmack und das Bild verdient in vollem Maasse den Namen eines griechischen Idylls. Damit aber seine Erfindung den Reiz des Geheimnissvollen nicht ganz entbehre, hat der Kinstler ver- steckte Anspiclungen in Nebensachen gelegt. Vorn an die Hof-