Stimmung, der er sich gerne hingiebt, so recht eigentlich
schwelgt. Die Leiche einer Jungfrau, die unbedeckt auf der
Bahre liegt, wird beim Schimmer des Abendrothes von ihren
Gespielinnen zu Grabe getragen. Zwei junge Madchen, weiss
gekleidet, wie die anderen, gehen, mit Lichtern in den Hin-
den, dem Zuge voran, andere folgen. Der Weg geht durch
den Wald, an einem Teich entlang, aus dessen Réhricht man
den einténig klaglichen Gesang der Unken zu vernehmen glaubt.
Ein aufgescheuchter Reiher streift an der Flache des Wassers
entlang, wahrend ein Flug von Raben dariiber hinzieht. Der
	Wee ist mit abgefallenen Blatlern tibersat. —
	Ganz in Gendron’s Weise hat Jalabert ,,die Nympnen,
die den Gesdingen des Orpheus lauschen“, vorgestellt, — ein
lieblicher Gedanke, mit Geschmack und zartem Formensinn
durchgefithrt, nur zu verblasen in der Behandlung, zu glasern
in der Farbe und mit zu grossem Missbrauch von Reflexen.

Louis Cabat ist ein Kiinstler, aus dessen landschaftlichen
Gebilden noch immer wahre Empfindung spricht, wenngleich
durch die schwere Behandlung der Naturgeist etwas gefesselt
erscheint. Feierlich in der Stimmung und von grossem Adel
in den Linien ist besonders seine ,,Eberjagd“, deren Motive
wie gewoéhnlich dem See von Nemi entnommen sind. Wie
schén heben sich die vollgerundeten Baume von dem harmonisch
mildblauen Himmel, durchzogen von weissen Wolkenstreifen,
ab. Die Jagd selbst im Vordergrund stért jedoch mehr als sie
zur Wirkung des Ganzen beitragt.

Unter den Landschaftern verdienten ausser den genannten
noch Corot, Bellel, Lafage, Noél, Ziem, Frangais,
Thuillier, Lambinet, Flers, Tournemine, Hoguet, A.
de Knyff aus Brissel und Jongkind einer Erwahnung. Eben
so in der Geschichts- und Gattungsmalerei: Lazer ges, Lan-
delle, Picou, Karl Miller, Guillemin, Frére, Trayer,
Antigna, Maurice Sand, Hillemacher, Bonvin, Comte,
O. Wichmann, A. Stevens. Von Jos. Stevens in Bris-
sel zeichnet sich ein Hiindchen aus, das sein Bild in einem
Spiegel erblickt. —

Noch méchten wir mit besonderem Lob einer Gruppe von
Elsisser Kinstlern Erwahnung thun, von denen Haffner und
Schtitzenberger schon im vorigen Jahre genannt wurden.
Zu diesen gesellen sich nun Doré und Brion, letzterer, ein
Zégling des vor wenigen Jahren verstorbenen Gabriel Guérin
in Strassburg, vielleicht die anderen sammtlich iberfliigeind in
naturgetreuer Darstellung von verschiedenen landlichen Beschaf-
tigungen der rihrigen Bewohner des Elsasses, der Vogesen und
des Schwarzwaldes, deren Tracht noch manches Eigenthimliche
darbietet. Besonders gelungen sind Brion’s ,,Holzschlittenfith-
rer im Schwarzwald“ und seine ,,Kartoffellese wahrend der
Ueberschwemmung des Rheines im Jahre 1852“. —

In der Blumenmalerei steht immer die Lyoner Schule voran
und in Abwesenheit des Meisters Saint-Jean glinzen Mlle.
Elise Wagner und J. Maisiat.

Hiermit ware denn unser Bericht tiber die Malerei zu Ende
gefihrt und zwar, trotz der Eingangs angekindigten Beschran-
kung, ziemlich vollstandig. Einiges Gute ist allerdings flichtig
behandelt, oder auch ganz tibergangen; Anderes aber, und
darunter mehr als ein bekannter Name, ist geflissentlich uner-
wihnt geblieben.

Indem wir nun zu den Zeichnungen thergehen, verweilen
wir etwas langer bei einem Namen, der mit Auszeichnung ge-
nannt zu werden verdient, Paul Chenavard aus Lyon hat
uns bisher keine Gelegenheit gegeben, seiner zu erwahnen,
indem er sich in selbstgeniigsamer Abgeschiedenheit von dem
Kunstireiben der Gegenwart ferne gehallen, seine Musse zu ern-
sten Studien und zu bedeulsamen Schépfungen beniitzend. Un-
	umgeben, die Sonne unter und wirft einen hellen Schimmer,
doch von gemissigter Wirkung, auf den Saum der krausen
Wellen. Zwei weisse Miven schweben tiber dem Wasser. Die-
ses Bild ist im Ganzen wenig’ beachtet worden und verschwand
schon nach der ersten Halfte der Ausstellung. Fast ganz un-
bemerkt aber hlieb Andr. Achenbach’s (vier gréssere und
kleinere) ,,Fischerboote, die bei hohér See den Anker werfen“.
Das Bild gehért aber auch in der That nicht zu A.’s besten
Leistungen. Es erschien uns diinne und trocken gemalt, von
wenig Reiz in der Farbe und elwas falschem, grellem Lichte.

Gérome hat fiir die Porzellanmanufaktur von Sévres einen
Fries componirt, der fiir eine grosse Vase zur Erinnerung an
die Londoner Gewerbe~Ausstellung bestimmt ist. Mitten im
Bilde thronen Gerechtigkeit, Eintracht und Ueberfluss. Alle
Volker der Erde nahen sich in ihrer eigenthiimlichen Tracht,
die Erzeugnisse ihres Gewerbfleisses darzubringen. Gérome ist
bekanntlich eincr der Haupivertreter des archaischen Styles,
der hier jedoch weniger an seiner Stelle ist, als bei rein anti-
ken Vorwirfen. Die Zeichnung ist, wie immer, von grosser
Scharfe und Reinheit, die Gewandung von schénen Linien, we-
niger gelungen aber sind die Charaktere, indem der Kistler,
von dem griechischen Schénheitsideal yerfolgt, bestandig das
Profil des herrlichen weiblichen Kopfes auf der bekannten sy-
rakusanischen Miinze vor Augen hat, und dasselbe unbewusst
in die Gesichtsbildung der nordischen, der romanischen wie
der semitischen Vélker ohne Unterschied tibertragt. —

Chassériau’s ,,Tepidarium® fihrt uns gegen 30 pompe-
janische Frauen vor, die, um ein grosses metallenes Kohlenbek-
ken versammelt, nach dem Bade sich trocknen und ausruhen.
Die Gruppirung ist glticklich, die Farbung, in Delacroix’ Art,
glinzend; nur in den Formen [allt etwas Gesuchtes auf.

J, F. Millet’s charakteristische Darstellungen aus dem
Landleben: ,,das Mahl der Schnitter“, ,,eine Schafschererin“
etc. diirfen wir nicht unerwahnt lassen..— Das ,,Innere einer
Eisenschmelze und Gusshitte“, von Fr. Bonhommé, ist ein
zierlich, doch mit grosser Freiheit vortrefflich ausgefihrtes
Bildchen. Die kleinen Gestalten, die sich zwischen den Fluten
geschmolzenen Eisens, von der Glut der Hochdfen roth ange-
strahlt, mitten unter riesigen Wellbaumen, Hebeln, Walzen und
Radern, kurz all’ den dimonischen Kriaften, die hier losgelassen
sind, hin- und herbewegen, machen einen fast grausenhaften
Eindruck, —

Eines der besten Bilder, das wir von Cl. Jacquand ge~
sehen, ist ,der Kirchenraub* — Zigeuner, die von einem
Reiterhaupimann, auf der That erlappt, vor den Corregidor ge-
schleppt. werden. Die Geschichte ist deutlich erzahlt, die Be-
handtung fleissig, die Farbe kraftig. Wahrend aber Jacquand
in solcherlei Gegensténden fast nur den Vorwand zur Darstel-
lung von kostbaren Gefassen, zierlichen Gerathschaften u. dgl.
sucht, so wendet Alfr. Dehodencg,,. ein Schiller L, Cogniei’s,
der Spanien bereist hat, seine Aufmerksamkeit der Hauptsache,
der Beobachtung der Nationaltypen, der bezeichnenden Unter-
schiede, der Sitten, Trachten u.s. w. zu, Seine ,,Zigeuner und
Zigeunerinnen , die von einem Fest aus Andalusien zuriickkom-
men“, sind durch und durch Gitanos in der bekannten maleri-
schen Tracht des spanischen Volkes. Die Bewegungen sind
sehr wahr und lebendig, die Zeichnung ist accentuirt und die
	Farbe sehr gesattigt. —
P. Rochussen aus Rotterdam hat zwei kleine, hoéchst
	geistreich und gewandt gezeichnele, niedlich ausgefihrte Bild-
chen von eigenthiimlich spielender Behandlung: ,,Graf Floris V.
in Vroone“ und ,,Boizot vor Leyden“ ausgestellt. —

Von A. Gendron’s 3 Bildern heben wir den ,, Herbst-
abend“ heraus, worin der Kiinstler in der diister elegischen