Dass eine willkirliche Mischung dieser Substanzen nicht
zu dem beabsichtigten Zweck fiihren wiirde, darf nicht erst
gesagt werden. Es sind Regeln zn befolgen, deren Grund oft
tiefer zu suchen ist, als eine oberflichliche Ansicht vermuthen
lassen sollte. Es sind hier so verschiedene Wechselwirkungen,
so viele mechanische und theils chemische Verbindungen und
Trennungen zu beobachten, die es ausserst schwierig machen,
den Erhartungsprozess der Folie nachzuweisen. Wir wiirden
hier von der Bildung der Oelsiure und ihrer Wirkung auf die
Kreide, von der Bildung der Kohlensaure durch Sauerstoff und
Kohlenstoff, von der Zersetzung des Oels durch den Terpentin-
geist, kurz von einem ttichtigen, zum Theil noch sehr dunklen
Theil der organischen Chemie abzuhandeln haben, welches in
der That nicht unsere Absicht ist. Was mir dartiber klar wurde,
habe ich bereits in dem ,System und inneren Zusammenhang“
dieser Erfindung gegeben. Es begriinden sich die spater an-
gegebenen Zahlenverhaltnisse nicht auf jene constanten Mi-
schungsverhiltnisse der Chemie, sondern einzig auf gemachte
Erfahrung, auf welche Weise das Ziel am leichtesten ohne viel
Mihe zu erreichen sej. Die angegebenen Zahlen bedeuten also
nur die Méglichkeit, nicht das chemische Gesetz, weshalb hier
Willkiirlichkeiten, so lange sie der Natur der Sache ange-
messen, nicht allein zulassig sind, sondern sogar anempfohlen
werden.

Es kénnte z. B. der Natur der Sache angemessen sein, ent-
weder eine Jangsam oder schnell trocknende Folie zusammen-
zusetzen. Wenn man nun gelernt hat, dass Wachs und Oele
schwerer, Harzauflésungen und Terpentingeist leichter trock-
nen, so liegen in der quantitativen grésseren Verwendung die-
ser oder jener Substanzen die Hilfsmittel zur Erreichung des
Zwecks. Hierzu kommen nun noch die besonders von mir ge-
machten Erfahrungen in Bezug auf den Trockenprozess ver-
schiedener gepulverter Kérper, in Verbindung mit Oel, Harz
und Wachssubstanz, und diese sind kirzlich folgende:

Langsam trocknen: Quarz-, Glas-, Porzellan~, Bimsstein-
Puiver; schneller trocknet die Schlemmkreide, noch schneller
wenn sie ein wenig gebrannt oder mit Marmor -Kalkpulver ver-
selzt wurde. Am schnellsten trocknen gebrannter Thon und
Eisenschlacke, doch nur zu Anfang des Trockenprozesses, und
endlich werden bei ginzlicher Austrocknung alle diese pulveri-
sirten Kérper von der wenig gebrannten Kreide tiberholt, welche
innerhalb ein bis zwei Jahren den reinsten Trockenprozess voll-
endet. — Da aber bei einer giinstigen Benutzung der Folie
Alles darauf ankommt, den Trockenprozess zu Anfang, d. h.
bei der Bemalung, in Hainden zu haben, so erwachsen durch
diese gemachten Erfahrungen der Handhabung der Folie grosse
Vortheile, indem man-das Auftrocknen der Folie, z. B. durch
Beimischung von Kalkpulver, von Thon u, s, w., anfanglich be-
fordern, durch Zusatz von Quarz, Glas u. s. w. aufhalten kann.
Endlich giebt es fir den Fall, wo auch diese Hiilfsmittel nicht
ausreichen sollten, noch den Aether und den Balsam Copaiva
fiir schnelles, und das Mandel6l fiir langsames Trockenwerden
der Folie: — So trocknet ferner auf pordsem Material die Folie
anfanglich schneller, als auf nicht porédsem, und nach diesen
beiden Hauplumslianden richtet sich eben die Zusammensetzung
der Folie; endlich hat selbst dic Atmosphire (Warme, Kalte,
Wasserdunst u.s. w.) ihre Einfliisse bei dem Trockenprozess
der ersten Tage.

Es kann daher von einem ganz gleichen, durchgehenden
Verfahren hei Bereitung der Folie bei allen diesen Bewandnis-~
sen nicht die Rede sein, zumal da auch hierin noch Unter-
schiede stallfinden miissen, je nachdem die Folie fiir eine Ma-
Ierei auf nassem oder trocknem Grunde bestimmt ist, und ob
man cine matte oder glinzende Bildflache beabsichtigt.
	Dennoch besteht die Folie immer nur aus zwei Grundsub-

stanzen, namlich
1. aus der Kreidemasse und
2. aus der Essenz.

Die Vorbereitungen zur Anferligung der Kreidemasse
bestehen darin:

Dass die geschlemmte Kreide rein und vollkommen trocken
oder im zweiten Fall in einem Gypsofen so schwach gebrannt
sei, dass sie vielleicht einige Prozente ihrer Kohlensaure, aber
hauptsichlich alles Wasser verloren hat, und endlich, dass das
zur Bildung der Kreidemasse verwendete Trockenél nach den
beslen Methoden gewonnen sei und entweder allein mit der
Kreide verbunden werde, oder vor der Verbindung das Oel in
	der Temperatur des schmelzenden Wachses mit Wachs ver-
bunden wurde, also:
	reine Schlemmkreide, gebrannte Schlemmkreide,
] хи  
	x. !
Trockenél und Wachs, reines Trockendl,

welches vier Verbindungen ergiebt, die mit ganz gleichen Er-
folgen in Hinsicht auf die Dauer angewendet wurden.

Soll diese gebildete Kreidemasse lingere Zeit aufbewahrt
werden, so sind die Verbindungen von reiner oder gebrannter
Schlemmkreide mit reinem Trockendél empfehlenswerther, weil
das Wachs in diesem Zusammenhange auf langere Zeit eine
feine Gaéhrung zu bilden scheint, —

Die Vorbereitungen zur Bildung der Essenz, als des
zweiten Theiles der Folie, bedingen Folgendes:

Man lése entweder an der Sonne, oder besser am Ofen
oder tiber einer Spiritusflamme 1 Theil Wachs in 2 Theilen
reclif. Terpentingeist auf und bewahre die Auflésung in einer
Flasche mit Glasstépsel. т

Man lése 1 Theil venetianischen oder besser griechischen
Terpentin in 2 Theilen Terpentingeist wie oben.

Ferner 1 Theil fein gepulvertes Mastixharz in 2 Theilen
reclif. Terpentin durch starkes Schiilteln, ebenfalls in wohlver-
‘wahrten Flaschen zum Gebrauch aufbewahrt.

Endlich feingepulvertes Dammarharz 1 Theil in 2 Theilen
Terpentingeist durch starkes Schiitteln, in der Sonne oder am
warmen Ofen, tibrigens wie oben.

Copaiva—Balsam und Mandeldl sind ebenfalls vorrathig zu
halten fiir vorkommende Falle. Eben so ist Lein-, Nuss- und
Mohnél, so wie Wachs, in Stickchen zerbréckelt, in gut schlies-
senden Flaschen, vorrathig zu halten, —

Sowohl die Kreidemasse wie die Essenz, welche die zwei
Theile der Folie bilden, werden jede fir sich bereitet und muss
dies wenigstens 4 bis 6 Wochen vor dem Gebrauch geschehen,
theils um Proben davon anzurichten, theils weil beide Massen
sich nach dieser Zeit erst behandeln lassen; auch aus dem
Grunde, um der Kreidemasse zur innigsten Verbindung in sich
	Zeit zu lassen. (Fortsetzung folgt.)
	Mittheilungen aus Rom.

Von Ernst aus’an Weerth.
		Verkaufliche Kunstwerke des Privatbesizes
S Monte di Pieta di Roma.
	Der Monte di Pieta, das rémische Leihhaus, ist durch dic
bedauernswerlhen Schicksale Italiens in den letzten Jahren ge-
fullt worden mit kostbaren und merkwirdigen Gegensltinden.
Unter diesen nehmen die Kunstwerke eine grosse Zahl ein und
iibersteigen an Masse .den Besitz von manchem Museum. Die
Abtheilung der Gemalde enthalt schon zweitausend Nummern. An
die Gemalde schlicsst sich eine Reihe von Sculpturen in Marmor,

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