325 Medola aufgefihrt, wodurch Zanetti’s Angabe besiatigt und die vielbestrittene Identitat vollkommen nachgewiesen ist ). Zani’s versprochener Gegenbeweis ist nie geliefert worden. Im 13ten Bande des 1. Theils seiner Enciclopedia wire, bei Veranlassung des Artikels Meldolla, der geeignete Ort gewésen, damit hervorzutreten, allein der Autor entschuldigt sich damit, es sei noch nicht an der Zeit”). Nun ist aber schwer zu glau- ben, dass Z. bei dfterer Anwesenheit in Venedig nicht zur Kenntniss des Sachverhiltnisses gelangt sein sollte und daher sein Schweigen kaum anders zu erkliren, als dass, nachdem er einmal zu weit gegangen, er sich nicht hat entschliessen kénnen, seinen Irrthum einzugestehen und daher die Sache ein- fach auf sich beruhen lassen. Unter seinen auf der Bibliothek zu Parma bewahrten, hinterlassenen Schriften ist die Abhand- lung tiber Meldolla nicht befindlich. Dass Z. sich getéuscht und seine Theorie so leicht Eingang gefunden, beruht wohl auf der Verschiedenheit der technischen Ausfiihrung, welche Meldolla’s Blatter als die Arbeit zweier Kinstler erscheinen lasst, wenn auch im Styl Uebereinstimmung herrscht. Sie lassen sich hiernach in zwei Classen eintheilen, nimlich in Geatzte, mit dem Namen Schiavone’s, und Geritzte *), welche den Namen Meldolla und das von Z. entdeckte Mono- gramm fihren *). Diese letzteren geistvolien Productionen, welche bei gros- ser Flichligkeit den Stempel seltener Genialitit tragen, darf man, um den gehérigen Standpunkt einzunehmen, nicht anders hetrachten, denn als Ergiisse augenblicklicher Inspiration, als rasch improvisirte, in malerischen Effect gesetzte Gedanken, ohne Ansprtiche, lediglich zu des Kinstlers eigenster Befrie- digung, con amore zu Tage geférdert; er bediente sich vor- zugsweise hierzu der kalten Nadel, welche er vollkommen in seiner Gewalt hatte, weil sie ihm eine besondere Leichtigkeit darbot, unabhaéngig vom unsicheren Erfolge des Aelzwassers seine Composilionen zu fixiren und zu verdndern. Hier war es nicht auf eine grosse Zah! Abdriicke abgesehen, welche die Manier nicht gestattet, und es geniiglen zu diesen geistreichen Splelen der Nadel geringe brtichige Platten, wie es eben die beschrinkten Mittel gestatleten, off so schwach, dass sie fiir 1) Der Eingang lautet wértlich wie folgt: + 1563 Die 22 May. Claus D. Melchior Michael digniss. petr. revisor et capserius pte. Ec- clesie S. Marei, decrevit venire sup. pontes omnium gq. laborant de arte Mu- saict in ecel. ut videantur accio sint laboreria recte, debite, et diligenter facta, et sumpti fuerunt infrascripti pictores tang. peritiores ceteris qui possunt habere intelligentiam huiuscemodi artis cum non possent haberi in hac civitate aly magistri dicte artis Musaici quibus delat. juramentum p. ptum Clmum Praef. de adhibenda diligentia et deponere habent illis visis Proc. fideliter et sincere, si in eis erat aliqui defectus et fuerunt D. Titianus Vecellius ¢. D. Gregory. D. Jacobus Pistoia, q. Francisci. D. Andreas Selabonus dictus Medola q. S. Simeonis. D, Jacobus Tintoretus, q. Baptistae. D. Paulus de Verona q. 8. Gabrielis, omnes pictores. Cum qbs. ptus Clmus Proc, cum ptis ef D. Vine. quartari Gastal- dione et D. Alfonso spino notario Procuratiae ac D. Jacobo Sansovino, protho venit in Liccl. praesenta ete. etc. Protocoll Mosaies de chiesa. Busta 78. Fase. 2 del Processo, No, 182 Hot. 54. 2) Е qui mi tocea provare la solita pena da me dimostrata in altri luoght di questo Indice, cioé di non poter ora esporre la dissertazione re- latioa a questo valentissimo Maestro etc. p. 467. 3) Namlich mit kalter Nadel ausgefahrte Blatter. 4) Andrea Meldolla nennt er sich auf dreien derselben. Sein gewdhn- liches, off sehr versteckt angebrachtes, Zeichen ist MN zuweilen in SFP verandert, vermuthlich A. Meldolia Pictor; man hat es Mazzuoli Parmegiano ausgelegt. Non dovrei dirlo, ma il cielo volle chio fossi il primo a rilevare ana tal marea etc. Zani a.a. V. fiigend, die biindigsten Beweise fir seine Behauptung, welche bereits zum Druck vorbereitet seien, seiner Zeit nachzuliefern ). Diese positiven Erklarungen aus dem Munde des gelehrten und eifrigen Forschers, mit so lebendiger Ueberzeugung abge- geben, verfehlten ihren Eindruck nicht und wurden ohne Zweifel und Widerrede aufgenommen; denn der Skepticismus war da~ mals noch nicht so tief in die Kunstgeschichte eingedrungen, wie heutzutage. Die Sache erschien so plausibel, dass selbst Bartsch, ohne Zani’s Beweise abzuwarten, Andrea Schiavone und Andrea Meldolla als verschiedene Kunstler in den 16ten Band seines Peintre graveur aufnahm, von wo an diese Frage als erledigt betrachtet wurde. *). Bei dlteren Schriftstellern, als: Vasari, Ridolfi, Boschini u. A. erscheint allerdings A. Schiavone niemals mit dem Beinamen Meldolla, noch, soweit ich finden kann, tberhaupt irgendwo in friiherer Zeit ein Kiinstler des letzteren Namens allein. Erst Zanetti in seiner Pitfura Veneziana erwahnt in einer Note des Andrea Schiavone deffo Medola, unter Berufung .auf eine gewisse, nicht néher bezeichnete Urkunde, tiber welche er sich zu seiner Zeit aussprechen werde, wie er noch im selbigen Werk gethan, ndmlich im Schlussartikel tiber die Mosaiken der St. Marcuskirche, wo man diesen Gegenstand freilich nicht sucht, und auf welchen auch der Index nicht hinweiset, daher er leicht iibersehen wird ?). Das Schweigen der dlteren Autoren zu seinen Gunsten er- klarend und Gewicht auf den Umstand legend, dass Ridolfi in seinem sehr ausfihrlichen Leben Schiavone’s durchaus keiner radirten Blatter erwahnt‘*), gedenkt Zani allerdings obiger Note Zanetti’s, aber nur beilaufig, ohne auf dieselbe einzugehen; man muss daher annehmen, er habe den nachtraglichen Artikel ganz tibersehen, weil er sonst unmoglich die betreffende Urkunde hatte ignoriren kénnen, welche Zanetti jener Mosaiken wegen sehr ausfiihrlich durchgeht. Dieselbe ist auch nicht etwa seit dessen Zeit verschwunden, wonach Zani mit Fug und Recht jene Angabe hatte unberiicksichligt lassen diirfen, sondern sie existirt noch heute an ihrer urspriinglichen Stelle im Archiv der Procuratie nuove di San Marco, woselbst Zanetti Kenntniss davon genommen haben wird. Dieses interessante Aktenstiick enthalt das Gutachlen einer Commission von Kunstverstindigen tiber gewisse, von den Ge- briidern Zuccati in der Vorhalle der St. Marcuskirche nicht contractmissig gelieferte Mosaikgemalde, zu Protocoll genom- men am 22, Mai 1563 vor Don Melchior Michael, dem Procu- rator der Republik. Die Commission bestand aus fiinf Mitglie- dern, simmtlich Malern, namlich Tizian, Jacob von Pistoja, A. Schiavone, Tinloretto und Paul Veronese, mit Zuziehung des Jacob Sansovino, als Baumeisters der Kirche. Es erscheint in diesem Protocoll And. Schiavone zweimal mit dem Beinamen 1) Material p. 207 u. im Auszuge bei Bartsch Peintre gra l Avtikel Meldollo. . graveur Vol. XVI 2) Bryan nimmt ebenfalls zwei Kunstler an, aber beide den Namen Schiavone genannt Meldolla fihrend, beide Venezianer und Zeitgenossen, beide geatzte Blatter im Styl des Parmegiano liefernd und nur darin unter- schieden, dass der Eine Maler, der Andre Zeichner, Dictionary of Painters. II Vol. London 1816. 4°. 3) Wenn der jiingere Mariette im Cataloge der Crozat’schen Handzeich- nungen Andrea Meldolla genannt Schiavone anfahrt, so deutet dieses auf eine altere miindliche Tradition, denn es ist nicht wahrscheinlich, dass er jene Urkunde gekannt habe, indem zu seiner Zeit jenes Archiv Fremden schwerlich zuganglich war. Description sommaire des dessins et du cabinet de feu Mr. Crosat. Paris 1741. 8°. 4) Ridolfi erwahnt jedoch ebensowenig der Kupferstiche Dom. Cam- pagnola’s, Ben. Montagna’s, B. del Moro’s, des jingeren Palma п. а. т.