wagen, damit er nicht modglicherweise an ihr Schiffbruch er- leide. Es giebt aber in der Malerei nicht blos Unméglichkeilten, die in der Individualitét des Kiinstlers liegen, sondern auch Unméglichkeiten, die in der Technik der Malerei tiberhaupt liegen. Jede Malweise, jede Art der Malerei sei anerkannt, wenn sie, von dem von ihrer Natur abhangigen Gesichtspunkt aus betrachtet, der Anforderung gentigt, dass sie in ungezwun- gener Form die Gedanken des Urhebers zur natirlichen klaren Anschauung bringe. Es ist in der Kunst schon viel erreicht, wenn sie uns eine reine Naturanschauung unverfalscht wieder- giebt; denn aller Natur liegt ein tiefer Sinn zu Grunde; die hohere Stufe der Kunst schliesst damit, uns tiefere Blicke in das Urwesen der Natur, sei es des Menschen und seiner Ge- schicke, oder der Aussenwelt thun zu lassen. Unsere Zeit ist nicht arm.an Meistern, die diese Stufe erreichten. Namen wie die eines Hor. Vernet, P. Delaroche, Gudin, Lepoittevin, Gal- lait, de Kaiser, de Biéfve, Koekkoek, Lessing, Kaulbach, Cor- nelius, Bendemann, Schirmer in Disseldorf, Blechen, Rotlmann und noch viele Meister, die der Raum zu geben fehlt, bewei- sen es nicht allein, wie weit die Verschiedenheit der Malweise gehen kann, wie gross die Méglichkeit der Verwendung des Farbenmaterials sei, sondern auch wie in jeder Malweise sich erhabne, tiefe Gedanken ausdriicken lassen. Wenn nun fiir den Augenblick auch nicht gelaugnet werden kann, dass sich eine grosse Zersplitlerung, sowohl der Kunst~ richtung, als auch der mit ihr Hand in Hand gehenden Mal- weisen bemerkbar macht; so lassen sie sich doch in nationale Richtungen trennen. Die Leistungen der Deutschen, Nieder- lander und Franzosen lassen sich in dcr Malweise sondern, und méchte die Niederlindische den ersten Rang behaupten, wah- rend die Franzosen die Schranke des Moéglichen bereits zu liberschreilen suchten, der Iangsamere Deutsche aber dieselbe noch nicht erreichte. Doch auch fiir Deutschland sind wir zu den besten Hoffnungen herechtigt. Wir finden in der deut- schen Malweise, gegentiber der belgischen, nur wenig Mittel aufgewendet. Die Technik eines Lessing, Kaulbach, Bendemann ist einfach. Dies ist ein gutes Zeichen fair den Fortschritt. Die Klarheit des Ausdrucks bedingt Einfachheit. So wird in der Malerei eine klare Pastirung, cin reiner Farbenvortrag immer die beste Wirkung erreichen. Dies méchte indess nicht jeder Individualilat der Kinstler entsprechend sein, Wahrend der Eine, begabt mit leichter Auffassung, sogleich zum klaren Be- wusstsein gelangt tiber das, was er auszudricken unternimmt, kampft der Andere mit Mangeln seiner Auffassung und gelangt nur durch diesen Kampf auf Umwegen zu dem erwiinschten Ziele, das auszudriicken, was ihm wie eine Ahnung, wie ein, Traum vorschwebte. Also die Frage: wie soll man malen, ist von der Begabtheit jedes einzelnen Ktnstlers begrenzt, sie bil- det cine Schranke und zwar die geistige. Es giebt aber noch materielle Schranken der Méglichkeit der Darstellung in den verschiedenen Techniken der Malerei tiberhaupt. Die verschiedenen Arten der Malerei lassen nicht eine gleiche Ausfiihrung und Vollendung, eine gleiche Kraft des Ausdrucks, eine gleiche Harmonie der Farbengebung zu. Der Farbenstoff und sein Bindemittel erlauben oft nur rohere Lei- stungen, wahrend andere, mit feinerem Materiale umgehend, die gréssle Sublilitat zulassen. Was dic Miniaturmalerei leistet, vermag die Oel- und Wasserfarbenmalerei nicht zu Ieisten; was diese erreichen, erreicht die Gouache = und Freskomalerei nicht. Jede Art der Malerei hat einen Zweck, eine Bestimmung, wo- fiir sie tauglich ist,-und es ware unzulissig, cine Minialur al fresco und eine Gouache wie ein Oelbild behandeln zu wollen. Zu der Schranke, welche der Zweck der Malart bedingt, tritt noch die: wie die Farbe der gegebenen Malart behandelt wer- Viel des Schénen und Seltenen besitzt die Sammlung in Elfenbein. Schnitzereien sowohl aus den dltesten Zeiten, als aus dem sechszehnten Jahrhundert, und hier besonders einen Christuskopf in Basrelief, umgeben von zwo6lf Scenen aus der Leidensgeschichte des Heilandes nach Albrecht Dircr. Nicht minder schén sind die Schmuckkastchen und Reliquiarien in byzantinischem Style und in reichster Renaissance. Verschie- dene Bildnereien in Holz und Stein zeichnen sich durch ihren Kunstwerth und die Vollendung der Ausfahrung als wahre Kunst- seltenheiten aus, wie auch mehrere dusserst reichgehaltenc Schreine, in seltenen Holzarten und kunstvoll eingelegt, und отбззеге Holzschnitzarbeiten, wie Kirchstihle, Sessel, Stihle und ahnliches Hausgerathe in gothischem Style. Hierhin gehé- ren auch seltene Stickereien und Curiositéten in Holz und ver- schiedenen Metallen, meist wahre Cabinetsrarilaten. Die Waf- fensammlung hat nur dreiundfiinfzig Nummern, aber unter die- sen, sowohl in Schulz— wie in Trulzwaffen, dusserst kostbare und seltene Sticke, so unter anderen einen in Eisen ciselirten Rémerschild aus den Zeiten Constantins und mehrere mittelal- terliche Prachtwaffen. Gemalde und Miniaturen sind nur wenige vorhanden, jedoch unter den ersten einige werthvolle Bilder der altdeutschen Schule. Reich ist das Cabinet an geschnilte- nen Steinen, sowohl Inlaglien als Cameen, und zwar mehrere von ausgezeichneter Schénheit und Seltenheit. Diese tibersichtlichen Andeutungen geben in elwas einen Begriff von dem Reichthum des Cabinets, welches in allen sei- nen Zweigen Raritéten enthalt, wie sie in unseren Tagen nur héchst selten zum Verkaufe geboten werden, da sie nicht nur dusserst sellen, sondern auch. gewohnlich in festen Hinden sind. Wir konnen nur auf das von G. Osterwald illustrirte Ver- zeichniss hinweisen, aber aus eigener Anschauung und Prifung die Versicherung geben, dass Sammlungen, wie das Leven’sche Cabinet, was ihren Kunstwerth und die Vielseitigkeit ihrer Sel- tenheiten angeht, nicht viele im Besitze von Privaten sind. Méchte sich nur unser Wunsch verwirklichen, wenigstens einen Theil des Cabinets der Vaterstadt erhalten zu sehen! Die Wandmaterel in einer neuen Technik erfunden von Albert Eichhorn. (Fortsetzung. ) Die Farbengebung. Wir gelangen nun endlich auf das Feld der Kunst selbst und hier sind strenge Regeln nicht mehr denkbar. Hier ist es das innere geistige Auge des Kiinstlers, das die Schwierigkei- ten, die sich darbieten, tberblickt, seine geislige Kraft, die ihnen begegnel; es ist jener Kampf des schaffenden Kinstlers mit der todten Masse tiberhaupt. Er selbst muss von warmem Lebenshauch durchdrungen sein, um Leben zu schaffen, seine Hand muss die Vollstreckerin seiner Gedanken sein konnen. Hier ist es der eigne Werth, die eigne Geschicklichkeit, das goligegebene Talent oder durch Fleiss erworbene Geltung des Individuums, das sich auszusprechen, mitzutheilen und in den Seelen Anderer anzuklingen trachtet. Es scheint daher unméglich, die Frage aufzuwerfen, wie der Kistler seine Schépfergabe anwenden solle, wie der Bild- ner seine Modellformen, wie der Maler seine Farbengebung er- zeugen solle. ,Man kann, was man will, wenn man will, was man kann“ —. dieser alte Spruch schliesst eine tiefe Wahrheit auch fiir den Kunstler in sich; denn in so fern sein Kénnen durch die Méglichkeit der Ausfihrung beschrankt ist, muss sein Wollen und Trachten diese Schranke nicht zu tiberschreiten