den kann, Man kann eine Aquarelle nicht wie ein Oelbild ma-
len; man muss sich z. B. bei der Aquarellmalerei nach jedem
neuen Farbenauftrag gedulden, bis der unterliegende getrocknet
ist; es ist indess miglich, in einer fortgesetzten Reihenfolge
von Tagen ein Bild zu vollenden. — Man kann in der Oelmalerei
zwar nass in nass malen, aber man muss einige Monate die Aus-
trocknung der Untermalung abwarten, ehe man tibermalen, und
dann wieder, ehe man retouchiren kann. Es kénnen nach Umstan-
den mehrere Unterbrechungen von Wochen und Monaten stait-
haben, ehe das Bild vollendet ist. Die Freskomalerei, die
schwierigste Technik von allen, muss aber nass in nass auf dem
frischen Kalk gemalt werden, es muss sttickweis zusammen-
gesetzt und jedes Stick des Bildes an einem Tage vollendet
werden, weil keine Uebermalung méglich ist, —

Jede Art der Malerei hat sonach ihre Schranke in der
Begabtheit des Kinstlers und der in ihr errungenen grésseren
oder geringeren Meisterschaft, in dem Zweck und der Bestim-
mung, der sie dienen soll, und in dem Gesetz, das die Mog-
lichkeit der Ausfithrung vorschreibt.

So erfordert denn auch die vorliegende Art der Malerei
eine gewisse Meisterschaft des Kiinstlers, iiberhaupt ein Fest-
halten des Zwecks fiir Wandmalerei und eine hinreichende Kennt-
niss ihrer Technik, die nur durch Uebung, wie bei jeder an-
deren Malart, erreicht wird; da sie indess inmitten der Oel-
und Freskomalerei steht, so diirfte sie den austibenden Kinst-
lern dieser Malgattungen leicht zu Gebote stehen, besonders
aber den Oelmalern, dic auch in Aquarell Erfahrung haben.
Sie gestattet auf trockner Folie die ganze umfassende Technik
der Oelfarbe; sie iibertrifft auf nasser Folie die Freskomalerei
darin, dass sie das Tags zuvor Gemalte leicht zu tbergehen
erlaubt, dass sie cine Retouche gestattet und dass die Folie
beim Malen sich langer frisch erhalt oder erhalien ldsst, als der
Kalkmértel. —

Jene Schranken, welche in der Natur dieser von mir er-
fundenen Malart liegen, werden aus den vorigen Abschnitten
einleuchtend sein. Halt man sich aber an ein Material, wel-
ches die Grundflache der Bilder darstellt, also entweder Kalk-
mortel oder weisser Cement, so wird die ganze Technik sehr
einfach. Ihre Anwendung erfordert dann nur grosse Uebung,
wenn die Forderung gemacht wird, sich des verschiedenartig-
sten Materials zu bedienen. Will man diese Art der Malerei
daher anwenden, so entscheide man sich fiir das dem Zweck
enisprechende Grundmaterial und suche sich tiber die Behand-
lung, theils durch’ die hierin enthaltenen Angaben, theils durch
angestellte Proben zuerst geniigend zu unterrichien, ehe man

zu grésserer Anwendung schreilet.

Nachdem wir nun in den vorigen Abschnilten tber die
Herstellung einer Bildflache oder Bildkérpers, den Auftrag und
die Behandlung der Folie, die Bereitung der Farben und die
Pigmente gesprochen haben, gehen wir zuletzt zu der Farben-
gebung und anderen technischen Hilfsmitteln dieser Malart tiber.
	1. Carton und Calque oder Zeichnung.,
	Wir tibergehen hier fiiglich die Anfertigung der Entwirte,
Zeichnungen, Skizzen, und iiberlassen es dem Kunstler, in wie
weit er sich derselben bei kleineren Arbeiten bedienen will
oder nicht. Bei grésseren Arbciten ist der Carton indess un-
erlisslich; es kann aber die Carton-Zeichnung auf Pflanzen-,
Oelpapier geschehen, um sie zur soforligen Calquirung verwen-
den zu kénnen. Bedient man sich des gewdhnlichen Carton-
papiers, so ist die Pause anzuwenden.

Wir absolviren zuerst die Malerei auf trockner Folie. Es
ist nicht mehr Zeit zur Austrocknung der fir diesen Zweck
einzurichtenden Folie néthig, als zu der Austrocknung der Ma-
	lerleinwand, namlich 3 bis 1 Jahr, ja die Folie darf nicht ganz
erhartet sein. Eine solche Folie setzt im Verlauf dieser Zeit
eine Epidermis, die aus dem sich ausscheidenden Elain des
Oels aus Harz- und Wachstheilen besteht. Diese Epidermis
wird mittelst einer dreikantigen Feile, indem man mit der ho-
hen Kante die Flache schraffirt, entfernt, bis die klare weisse
Kreidefolie hergestellt ist. —- Bei kleineren Bildern, welche sich
in zwei bis drei Wochen untermalen lassen, ist die ganze Flache
sogleich von der Epidermis zu befreien, bei grdésseren Bildern
geschieht dies von acht zu acht Tagen. Bei kleineren Arbeiten
reibe man alsdann mit einem weissen wollenen Léppchen, wel-
ches man in eine Mischung von 1 Theil Wachs, 6 Theilen Ter-
pentingeist und einigen Tropfen Creosot (auf + Quart dieser
Mischung etwa 6 Tropfen) taucht, tichtig ab. Ist dies gesche-
hen, so reinige man die Flache mit einem Leinwandlippchen
und dem Ballen der Hand, bis die Flache wieder fast trocken
ist. Dann kann die Durchzeichnung, Pause oder freie Zeich-
nung geschehen. Letztere am besten mit einem weichen eng-
lischen Blei BBB, weil sie sich dann nicht so leicht verwischt
als Kohle.

Bei Ausfiihrung grésserer Bilder lasse man nicht mehr von
der Epidermis abnehmen, als man in 8 bis 14 Tagen zu be-
malen denkt und reibe nur das Stick mit obiger Mischung an,
das fir den Tag ausgefihrt wird. Die Calquirung oder Pause
geschieht ebenfalls stiickweis. Zu diesem Zweck spanne man,
wenn es die Grésse zuldsst, den Carton, der hier geopfert wer-
den muss und auf Oelpapier zu zeichnen ist, auf einen Holz-
rahmen, so dass die Zeichnung flach gegen die Wand gelegt
werden kann. In dem Rahmen sind in der Milte zwei runde
Lécher gebohrt, die zweien starken in die Mauer getriebenen
eisernen Pflécken entsprechen, so dass, wenn der Rahmen mit
den Léchern auf die Pflicke gesteckt wird, derselbe lothrecht
hangt. Dann beginne man die Pause oder Calque des fir den
Tag auszufithrenden Sticks, aber immer mehr, als auszufihren
méglich wire. Ist am Abend die Malerei beendet, so schneide
man das bereits fertige Sitick aus dem Carton aus und bewahre
es auf. Am nachsten Tage fahrt man mit der Calque fort, in-
dem das ausgeschnittene Stick des Cartons die noch frische
Malerei nicht mehr bedecken und dadurch beschadigen kann.
Ist am Abend die Arbeit vollendet, so schneide man das an-
gefertigte Stick wieder aus dem Carton aus u.s. w., bis nach
Vollendung des Ganzen; dann kann man die einzeln ausge-
schnittenen Sticke des Cartons sammeln und auf eine Unterlage
wieder zusammenkleben, was bei der letzten Ausfihrung des
Bildes von Nutzen sein diirfte.

Calquirung und Pause geschehen wie gewéhnlich. Ist das
zu malende Bild sehr gross, so kann der Rahmen nicht ange-
wendet werden, und muss alsdann die Calquirung geschehen,
wie bei der Freskomalerei, durch Zerschneidung des Cartons.

Soll eine freie Zeichnung durch Quadrate geschehen, so
miissen diese abgeschniirt werden, indem man die Bildflache
durch Drahtstifte an den Kanten in dem gehdrigen Verhiltniss
abtheilt. Im Allgemeinen gilt das Verfahren wie bei grossen
Oelbildern, nur dass die Zeichnung nicht sogleich ganz auf die
Wand gebracht wird, sondern diese Arbeit von 8 zu 8 oder
14 zu 14 Tagen vorgenommen wird, da die Epidermis nicht
eher enlfernt werden darf, als bis eine baldige Bemalung der
Stelle stallfindet.

Bei der Malerei auf frischem Grunde erleiden Carton und
Calque einige Modificationen.

Bei kleineren Bildern von einigen Quadralfussen ist es an-
genehm, die ganze Folie auftragen zu konnen und auch leicht
ausfihrbar. Ist dieselbe geebnet und so weit innerhalb 2 bis 3
	Stunden gelrocknet, dass sie nicht mehr am ringer haltet, so
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