daneben cine Sternwarte, von der er dem geheimnissvollen Laut
der Geslirne zuschaute. Aus den Gestirnen entnahm er die
Wissenschaft, die Talismane zu berciten, dass sie jedem Zauber
widerstanden. Und mit Hilfe solcher Talismane drang er in
die Grotten, Sffnete die Schilze, nahm von ihnen, soviel ihm
geliistete, und ging frei van dannen, ohne dass die Geister,
welche ttber die Schilze gesetzt waren, ihm je eine Gefahr zu
bereiten vermochten. Aber auch er, gleich den alten Kénigen
Aegyptens, missgénnte den Nachkommen, was er auf solche
Weise an Schatzen zusammengebracht. Auch er machte unter-
irdische Grotten im Mokattamgebirge, und in der hintersten barg
cr seine Schalze. Und in der Grotte davor schuf er einen un-
terirdischen See und in dem Sce ein furchtbares Krokodil, das
jedem Annaéhernden Verderben bringt. Sie miissten erst den
See ablassen und das Krokodil tédten, wenn sie zur lelzten
Grotte gelangen wollten; aber auch das kénnen sie nicht, ehe
sie nicht starkere Talismane bereitet haben, als der Kalif Hakem
besass.

Ein Zweiler, der durch geheime Kunst zahllose Schilze
gesammelt, war der Vezier Karon. Er hat sie in dem Schlosse
niedergelegt, welches nach ihm noch heute Kasr Kerun heisst
und welches in der Landschaft des Fayum, an der Siidwest-
ecke des Sees Birket el Kerun, belegen ist. Da ist cine Fille
von Gemichern und geheimen Gangen, also vielfach durch- und
nebeneinander gebaut, dass derjenige, welcher einzudringen
gewagt, den Riickweg nimmer finde. Und gelange es ihm den-
noch, so wire sein verwegenes Thun gleichwohl umsonst ge-
wesen; denn auch hier sind die Schitze durch furchlbaren Zau-
	ber gefesselt. Е (Fortsetzung folgt.)
	Die Gypsgiesserei von Fleischmann und L. Rotermunat
in Niirnberg.
	Es giebt wenige Stadte in Deutschland, die so ihr ursprung—
liches Geprége gegen fremdlindische und neuere Einflisse be-
wahrt haben, wie Nirnberg. Nicht nur die dussere Physiog-
nomie der Stadt tragt noch heut den entschiedenen Charakter
national -alterthimlicher Weise, auch ihre Eingebornen erschei-
nen, gleichsam als im innigsten Zusammenhange damit, noch
in echt deutscher Biederkeit und alter, kernhafter Soliditat. Der
Niirnberger kennt seine Geschichte, er spricht mit. Ehrfurcht
yon seinen wellgefeierten Kinstlern; er erinnert sich gern sei-
ner alten Patriziergegchlechter — derjenigen Namen, welche
die Stadt reich und berihmt gemacht haben — und blickt mit
freudigem Stolz auf dieselben, indem er sich immer von Neuem
an den Werken vaterlindischer Kunst erfreut und bildet, die
ihn hier in so reichem Maasse umgeben. Diese Freude des
Nirnbergers an seiner Stadt ist aber keine nur traditionell
fortgepflanzte, dussere Genugthuung, sie ist vielmehr eine tief
innerlich empfundene Freude, hervorgerufen und genahrt durch
die vielfacheh historischen Erinnerungen, die sich ihm auf
Schritt und Tritt, gleichsam als Illustrationen zu seiner Geschichte
nach den verschiedensten Richtungen hin, darbielen. Mit dieser
durch sich selbst gerechtfertigten Vorliebe fiir die heimischen
Erinnerungsmonumente und Kunntschilze verbindet der Nirn-
berger eine Uneigennitzigkeit in Mittheilung derselben gegen
Fremde, wie solche nicht leicht an anderen Orten von abnli-
chem Kunstreichthum gefunden werden diirite. Weder argwoh-
nisch noch mit kleinlicher Besitzesgier bewacht er dic monu-
mentalen Schatze seiner Stadt, vielmehr freut er sich des In--
teresses der Fremden an denselben und gern findet er sich be-
reit, ihnen das Vorhandene zur freiwilligen Benulzung und zum
Studium anzuvertraucn. Durch diese nicht genug zu rihmende
	thatig gewesen. Geister hallen die starren Felsen ausgehdhlt
und drinnen die Hallen und die Saulen und die Bilder geschaf-
fen, die das Gemiith des kiihnen Eindringlinges mit Schauer
erfiillen. Auch einen Stab halten die alien Aegypler, mit dem
sie an die Felsen schlugen, und alsbald senkten sich ihnen die
Steine, wie sie solche zu ihren Bauten néthig hallen, freiwil-
lig in die Hande.

Wer mag alle die Wunder aufzahlen, die mit solcher Hilfe
in der alten Zeit Aegyptens entstanden! Da siehst du die Wande
der Pallaste bedeckt mit zahllosen Bildern menschlicher Ge-
stalten; du erkennst Volker des Siidens und Vélker des Nor-
dens in ihnen, solche die gen Aulgang in den Bergen hausen
und die gen Niedergang die Wiiste durchschweifen, alle in
Kleidung und Ristung und Waffen, wie die lebenden Menschen
der verschiedenen Gegenden dergleichen tragen. Drohte aber
dem Lande von irgend einer Seite her ein feindlicher Angriff,
dann huben die Bilder des Volkes, welches dem Aegypterlande
Unheil bereiten wollte, sich zu bewegen an, in demselben Maasse,
wie jenes Volk sich zum Kriege in Bewegung seizte. Und auf
solche Kunde vermochte der Kénig sein Heer stets zur rechten
Stunde zu waffnen und seiner cine geniigende Menge an die
bedrohte Grenze zu senden, also, dass das Vorhaben der Feinde
stels auf arge Weise zu Schanden ward.

Und wie Kosthares die Aegypler ersannen, nimmer erman-
gelten sie des Goldes, dessen sie dazu bedurften, denn sic
verstanden es, Gold zu machen. In der Stadt Alexandria, wo
die Burg der letzten Kénige des alten Aegypterreiches stand
und wo Kleopatra, die schénste der Frauen und die letzte ihres
Geschlechtes, ihr kénigliches Haus hatte, sind zwei machtige
Obelisken, der eine noch aufrecht stehend, der andre am Bo-
den, halb vergraben im Schutt des Gebaéudes, zu dem sie ge-
hérten. Sie heissen die Nadeln der Kleopatra. Es sind riesige
Stcinpfeiler, jeder aus einem Stiick, jeder mit seltsamer Bil-
derschrift bedeckt. Sie sind aber nicht, wie du wahnst, aus
dem fernen Gebirge im oberen Lande gebrochen und den Fluss
herabgefiihrt, und die Schrift ist dem allzuharten Stein mit
schneidenden Instrumenten nicht eingegraben; sie sind aus ei-
ner weichen Masse geformt, und diese ist, als die Bilderschrift
sonder Muhe eingezeichnet war, zum festen Stein erhartet.
Solche Kunst leider ist verloren gegangen; und noch mehr zu
bedauern ist es, dass Keiner die Bilderschrift mehr zu lesen
vermag. Denn in ihr ist das Geheimniss, Gold zu machen, ent-
halten; wer die Schrift zu enlrithseln wisste, wiirde reich wie
die alten Aegypter. Sei aber auf der Hut, wenn du die Schrift
панег betrachten und sie vielleicht gar in deinem Wanderbuche
nachzeichnen moichtest. Nur dem, der der heiligen Kaaba seine
Verehrung nicht weigert, darf sich das Geheimniss ihres Inhaltes
dereinst enthiillen; dem ungléubigen Franken ziemt es nicht,
danach zu forschen. Sei auf der Hut vor dem bdésen Blick,
mit welchem der eifersiichtige Moslem dein Thun beobachtet!

Aber nicht bloss ihre Kunst, auch die Schatze selbst, wel-
che sie damit erworben, haben die alten Aegypter mit ins Grab
genommen. Ueberall in den Felsabhangen, welche das Nilthal
hiiben und driben begleiten, sind ticfe Grotten ausgearbeitet,
und es ist keine Grotte, in der nicht reiche Schétze verborgen’
waren. Die Araber. haben mit Mihe und Eifer danach geforscht
und das Innere der Grotten umgewithlt und viel in ihnen zer-
stort, aber all ihre Mihe ist fruchtlos gewesen. Denn die Schatze
sind tiberall durch starken Zauber gebunden, und nur wer den
rechten Talisman besitzt, vermag den Zauber zu lésen.

Einer war, der dies vermochte, — der Kalif Hakem Be
Amr Ileh, der die Pfade des Erkenntnisses ging und die Pfade
des reinen Glaubens verlor. Auf der Hohe des Mokattamge-
birges, tiber der Stadt Kairo, halle er eine Moschee gebaut und