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	jenem Maler ein Haus vergeben ), nicht wenig verlockend,
wenn wir sie mit den Malereien der Nikolai-Kapelle zusammen-
halten. Dass der vom Kapitel in solcher Art begiinstigte Kinstler
zu demselben in naherer Beziehung geslanden, erscheint selbst-
verstindlich. Die Nikolai-Kapelle gehérte aber zum Patroklus-
Stifte. Die Zeitbestimmung wirde, wie wir geschen haben, der
Annahme, dass. Everwin der Meister jener Wandgemilde sei,
ebenfalls giinstig sein. Gleichwohl will eine solche Vermuthung,
hatte sie auch noch mehr Wahrscheinlichkeil fir sich, nicht
viel bedeuten. Nur méchte ich hierdurch cinen Ansloss zu never
Forschung in den Archiven gegeben haben, da eine sichre Da-
lirung der Malereien der Nikolai-Kapelle von hohem Interesse
sein wirde. —

War durch die Blosslegung jener Gemialde ein wichtiger
Abschnitt der westfalischen Kunstgeschichte aufgehellt worden,
so gab die kurz nachher durch mich erfolgte Entdeckung der
Wandmalereien in der Kirche zu Methler bei Dortmund den
bereits gewonnenen Resultaten eine erhéhte Bedeutung. Dort
war es eine der blihendsten, reichsten Stidle Westfalens, in
der wir eine kleine farbengeschmtickte Kapelle nicht auffallend
finden kénnen. Hier aber ist es ein unscheinbares Dorf, das
nie gréssere Beachtung fir sich in Anspruch nehmen konnte,
und doch besitzt es eine verhalinissmassig geraumige Kirche,
die nicht allein durch eine fast einzig in diesen Gegenden 4а-
stehende Zierlichkeit und reiche Verschwendung von brillanter
Skulptur -Ornamentik ausgezeichnet ist, sondern auch durchweg
in allen Theilen einen Schmuck von Wandmalereien darlegt,
der von nicht minderem Aufwande kiinstlerischer Krafle und
materieller Mittel zeugt 7).

Die Kirche misst in der lichten Lange 69, in der Breite 56
Fuss. Sie hat drei ungefahr gleich hohe Schiffe, deren jedes
durch zwei Kreuzgewdlbe bedeckt ist. Die Seitenschiffe schlies—
sen déstlich mit. einer flachen Altarnische; an das miltlere legt
sich ein quadratischer Chorraum. Der Chor und die Seiten-
chore sind mit bildlichen Darstellungen geschmiickt. Aber selbst
das ganze Langhaus an seinen Wanden und Gewdlben scheint
iiberall mit abnlichen figirlichen Darstellungen versehen zu sein,
denn deutlich erkennt man nicht allein hiervon die Spuren durch
die Tinche, sondern auch einen gemalten Horizontalsims, der
jenen Darstellungen als Basis dient. Nur war in diesen Theilen
das Aufdecken der Gemalde nicht stalthaft. Der untere Theil
der Chorwinde ist auch hier aus dem bereits oben angegebe-
nen Grunde frei von Gemalden gewesen; im Verhallniss zu der
itbrigen Ausdehnung der Kirche beginnen die Gemalde hier erst
in weiterem Abstande vom Boden, als in der kleineren Nikolai-
kapelle der Fall war. Ein Beweis, wie fest man die perspek-
livische Wirkung im Auge behielt. Eine auf Siulen ruhende
Wandarkade belebt diesen unteren Theil der Chorwande.* Der-
selbe scheint auch hier cinen einfarbigen dunklen Anstrich ge-
habt zu haben; nur die Sdulenkapitéle heben sich mit goldgel-
ber Bemalung vom dunklen Grunde ab:

Fiir die Gemalde gewann man also zunichst die drei Wande
des Chorraumes in ihren oberen Theilen , die durch einen Ho-
rizontalsims von den unteren geschieden sind. Jedes dieser
grossen Bildfelder verengt sich nach oben, da die Wand durch
den in schwerem Spitzbogen ausgefihrten Schildbogen geschlos-
sen wird. Ausserdem theilt aber ein langes, bis auf den Ho-
	1) Vgl. die Mittheilungen von C. Becker und J, D. Passavant im

» Kunstblatt“ und im , Museum. “
2) Ich habe Mahe und Zeit mich nicht yerdriessen lassen, fast simmt-

liche Gemalde des Chors und der Seitenapsiden von den dicken Kalkschichten
zu befreien, sodann von allen, die ich erreichen konnte, sorgfaltige Durch-
zeichnungen zu nehmen. Herr y. Olfers, der Generaldirektor der kéniglichen

Museen, hat dieselbcn fir das Museum zu Berlin erworben.
	Mittelalterliche Wandmalerei in Westfalen.
Von W. Liibke.
(Mit einer Tafel Abbildungen.)
	(Fortsetzung. )
	Auch die Képfe zeigen keineswegs einen slarren, 1еегеп
Typus, sind vielmehr in wirdiger Weise belebt und zu ent-
sprechender Individualisirung erhoben. Im Allgemeinen herrscht
die Form eines edlen Ovals fiir das Gesicht vor; dasselbe wird
jedoch durch mannichfachen Ausdruck der Ziige, durch ver-
schiedene Behandlung des Haupthaars und des Bartes vielfaltig
umgestallet. Hinde und Fiisse, Letatere entblosst, sind von
schwicherer Zeichnung, im Uebrigen jedoch beweist die Be-
handlung des Kérperlichen tiberraschendes Naturverstandniss.
Nur in der Bewegung ist hin und wieder etwas Unfreies, so
namentlich auch in der Gestalt des h. Nikolaus, der in falten-
reicher, goldgeschmiickter Chorcappa dargestellt ist, beide Hande,
die eine segnend, die andre einen runden Gegenstand haltend,
erhebt. Der Faltenwurf der weiten Cappa, der hierdurch her-
vorgebracht wird, ist mit gutem Verstandniss durchgefiihrt. Die
Bewegung selbst aber hat bei etwas zu weit gespreizlen Beinen
etwas Unbeholfenes. Sehr interessant sind dagegen die kleinen
Figtirchen der Schutzflehenden, davon die eine mit beiden Hin-
den ihr Obergewand erfasst und flehend emporzieht. Diese. Be-
wegungen haben elwas ungemein Weiches, liebenswiirdig An-
ziehendes, im Ausdruck den kleinen Brustbildern zu Haupten
der Apostel Verwandtes, wahrend den Grundzug der grésseren
Gestalien hohe kirchliche Wirde, Kraft und Energie ausmachen.
Dass aber zugleich der Kiinstler manchmal nach entschiednerer
Bewegung sirebt, wurde schon bemerkt. In eigenthimlicher
Weise spricht sich diese Richtung an einigen Figuren, z. B. an
der des Petrus, dadurch aus, dass der untere Theil des Ge-
wandes, der sich dem Kérper innig anschliesst, wie vom Winde
bewegt seine Enden in scharfe Spitzen zur Seite fliegen lasst.

Es muss noch bemerkt werden, dass die Technik dieser
Werke die von einfach colorirten Umrisszeichnungen ist. Die
Tone sind ungebrochen aufgesetzt und verrathen keine Spur
	von Schallirung. Grin und Roth in verschiedener Mischung ist  
am meisten beliebt. Der Grund, auf welchem die Gestalten sich  
	erheben, ist abwechselnd biau mit breitem grinem oder grun
mit blauem Rande. Die Umrisse und Falten sind mit grosser
Bestimmtheit in schwarzen oder doch sehr dunklen Strichen
hineingezeichnet und verrathen eine kthne sichre Hand, die
recht gut weiss, wo durch starkeren Druck, d.h. durch grés-
sere Breile, eine Linie sich als Hauptfalte hervorzuheben, wo
durch minder kraflige Behandlung sie sich unterzuordnen habe.
Die Nimben und manche Ornamente sind vergoldet. Aufgelra-
gen ist die Malerei auf trocknen, ziemlich fein verputzten Grund,
der so sorgfaltig bereitct ist, dass er die grésste Harte und
Dauerbarkeit zeigt.

Fasse ich den Charakter dieser Arbeiten zusammen, 50
ergibt sich, dass sie jener letzten Epoche des romanischen Stlyls
angehéren, als derselbe durch den miachlig erwachlen germa-
nisch nationalen Geist zu seiner héchsten Vollendung, seiner
glanzendsten Entfaltung gefithrt wurde. Wir haben bei der
Betrachtung der Architektur gesehen, dass diese Zeit, dic in
Westfalen den Ausgang des XH. und die erste Halfte des XIII.
Jahrhunderts umfasst, tiberhaupt fiir dieses Land eine ungemein
reiche, kinstlerisch sehaffende war. Es ist daher die Notiz,
die wir aus dem Jaffre 1231 tiber einen Soester Maler Ever-
win erhalten, wonach Dechant und Kapitel (S. Patrocli) zu Soest