Hunftblatt.

Organ
der deutschen Kunstvereine.
	Deutiches
	Aeitung
	fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung yon
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
	{herausgegeben von Dr. F.. Eggers in Berlin.
	Sonnabend, den 5. November.
	alt: Die Einweihung des Lessingdenkmals in Braunschweig. -— Bau-Sagen. F. Kugler. V. Von der Griindung der Stadt Kairo. VI. Von der
Wasserleitung zu Kairo. — Mittelalterliche Wandmalerei in Westfalen. W. Liibke, (Schluss.) — Kunstliteratur. Die romanischen Dome des
Mittelalters zu Mainz, Speyer und Worms, kritisch untersucht und historisch festrestellt durch Fr. vy. Quast. K. Schnaase. — Zeitung. Berlin.
	Briefwechsel.

 

Rom. Neapel. Florenz.
	Kenner und Sammier aur dem Felde unserer Nationalliteratur,
Mit der gréssten Sorgfalt forschte er nach dem Grabe des am
15. Februar 1781 in Braunschweig verstorbenen grossen Mannes,
dem diese Zeilen gewidmet sind. Er entdeckte es glicklich,
gab Veranlassung zur Erhaltung und fasste die Idee zu einem
Denkmal. Im Jahre 1834 hatte er den noch in Braunschweig
bestehenden ,Kunsthlubb* gestiftet, der nun auf seinen Gedan-
ken mit Freude einging und zu dessen weilerer Ausfihrung
cinen Ausschuss wihlte, der aus Schiller selbst, dem Dr.
phil. Schréder und dem Architekten Krahe bestand und sich
ausserhalb des Kunstklubbs durch den Staatsminister v. Schlei-
nitz, den Geh, Hofr, Prof. Petri, den Stadtdirektor Bode und
den Generalmajor v. Erichsen erganzte. Alle diese Manner ha-
ben auf eine dankbar anzucrkennende Weise mitgewirkt, allein
dic Secle des Ganzen blieb der zum Sekretir erwihlte Schiller.

Die Aufforderung zu Beilragen beschrankte sich Anfangs
auf das Herzogthum Braunschweig welches sich wohl als Les-
sings zweiles engeres Vaterland betrachten darf, da der Dichter
sich dort in Folge seiner Anstellung an der Wolfenbiittelschen
	Die Einweihung des Lessingdenkmals in Braunschweig.
	имел nach dem andern von den Pflegern seiner Sprache
und Poesie, von den Tragern seiner Gedanken, lasst unsere Nation
doppelt wiederauferstchn, einmal, indem sie neue Ausgaben ihrer
Schriften fordert oder das Dargebolene dankbar annimmt, dann
indem sie im Verein mit den Firsten die Bildnisse ihrer Lieb-
linge aufrichlet.

Charakteristisch ist das dussere Aufireten jener neuen Aus-
gaben. Der popularste von Allen, Schiller, schuf cin eigenes
bequemes Format und wanderte damit in jedes Haus, in jede
Familie. Goethe und Herder kamen hinterdrein im Schiller-
rocke. Jener erfahrt aber dancben jetzt noch eine sehr vor-
nehme und stolze Ausgabe. Jean Paul erschien ausser in einem
neuen Kleide auch in einer kleineren Auswahl seiner Werke,
was auch bezeichnend ist. Lessing feierte seine neue Auf-
erstehung unter Beihilfe Lachmann’s, des bewdahrien und
	scharfen Kenners unserer Sprache, eine — man mochte sa- ! sich dort in Folge seiner Anstellung an der Wolfenbittelschen
cen — gepanzerte Ausgabe, keck und mit grosser Schrift.   Bibliothek hauslich niedergelassen, eilf Jahre dort gelebt und
	auch seine Ruhestatte in braunschweig gefunden hat. Diese
Sammlung zeigte sich aber nicht hinlinglich wirksam und da
mit der neuen Ausbreilung seiner Schriflen die Verehrung ge-
gen Lessing, damit aber auch die Anspriiche an das ihm zu
errichlende Denkmal wuchsen, so ergingen im Jahre 1837 Auf-
forderungen an ganz Deutschland zur Spendung von Beitragen.
Auch die Fiirsten Deutschlands wurden besonders gebeten, und
auf 34 Bittgesuche gingen vier zum Theil wahrhaft erhebende,
von Beitrigen begleilete und vier abschlagige Antworten ein,
Fir die deutschen Bihnen, die Lessings Dichtungen und
seiner Krilik so unendlich viel verdanken, konnte man die Be-
theiligung fast eine Pflicht nennen; es wurde jedoch die zu-
erst ergangene allgemeine Aufforderung nur von der hiesigen
Hofbthne durch ein am 9. August 1842 veranstaltetes Benefiz
berticksichtigt, die auf ein ferncres gegebene Anwartschaft sieht
dem Erfolge noch entgegen. Spaler ergingen an 28 andere
deutsche Bihnen besondcre Aufforderungen, denen in Berlin,
Dresden, Hannover, Leipzig, Miinchen und Weimar durch Be~
	nefize entsprochen wurde, 16 haben gar nicht geantwortet, die
AS
	gen — gepanzerte Ausgabe, keck und mit grosser Schrift.
Wenden wir uns zu den Standbildern, so machte auch hier
Schiller den Anfang. Nachdem ihm (1839) in Stuttgart ein
Denkmal gesetzt war, stellte Kénig Ludwig Jean Paul in Bai-
reuth auf (1841), Frankfurt seinen Goethe (1843). Die Nation
errichtete dann das Standbild Herder’s in Weimar (1850). Dass
Schiller und Goethe dort an dem Heerd ihres Wirkens noch ет-
mal zur Aufstellung gelangen werden, ist bekannt. Fir Wieland
geht eben der Sackel durch die Lande um und Lessings Bild-
sdule ist jetzt am 29. September zu Braunschweig enthiillt worden,
nachdem er schon, von Rauch’s Meisterhand gefertigt, am Fric-
drichsdenkmal die Enthillung desselben am 31. Mai 1851 ge-
theilt hatte.

Den ersten Anstoss zu dem hier in Rede stehenden Denk-
mal verdankt man den unablassigen, auch im Verlauf der An-
gelegenheit niemals ermiidenden Anstrengungen des Doctor Karl
Schiller in Braunschweig. Dieser in der Geschichte der
Kunst wohlbewanderte, auch allen Freunden mittelalterlicher
Kunst, als deren Conservator in den Braunschweigischen Lan-
den, wohlbekannte Gelehrie ist zugleich einer der eifrigsten
	}У. dJabrgang.